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Bildungsgewerkschaft fordert: Keine nachträgliche Aufnahme homophober Forderungen

Richtlinien zur Familien- und Sexualerziehung sofort in Kraft setzen

Bereits im letzten Schuljahr lagen die fertigen Richtlinien zur Familien- und Sexualerziehung in den bayerischen Schulen fertig auf dem Tisch. Von den Fachverbänden wurden sie weitgehend positiv bewertet. Es fehlte im Februar 2016 laut Kultusminister Spaenle nur noch seine Unterschrift. Doch dann kam alles anders. Nach einem Treffen mit den erzkonservativen und homophoben Vertreter*innen von "Demo für alle" stehen nun Änderungen ins Haus, die einer aufgeklärten Gesellschaft und pädagogischen Erkenntnissen zuwiderlaufen.
Vor diesem Hintergrund waren Vertreter*innen des Aktionsbündnisses "Vielfalt statt Einfalt", darunter Dorothea Weniger von der GEW Bayern, am Dienstag, den 6.12.16 im Kultusministerium. Nach dem Gespräch mit Staatsminister Dr. Spaenle und Ministerialrat Dr. Ellegast war jedoch klar: Spaenle gibt den rückwärtsgewandten Forderungen  von "Demo für alle" nach. Damit ignoriert er die Arbeit und das Wissen der eigenen pädagogischen Fachkräfte im Ministerium, ganz zu schweigen von den Fachleuten, die an den Stellungnahmen mitgewirkt hatten. Darüber hinaus widerspricht es dem demokratischen Vorgehen, zuerst Stellungnahmen der Fachverbände, u. a. der Bildungsgewerkschaft GEW, einzuholen und dann diese bei Protest von rechts zu ignorieren. Dass deren homophobe Argumente mit pädagogisch gesicherten Erkenntnissen nichts zu tun haben, setzt dem Ganzen die Krone auf.
Die GEW Bayern lehnt dieses Vorgehen ab. Die Bildungsgewerkschaft fordert, dass die Richtli-nien zur Familien- und Sexualerziehung vor dem Inkrafttreten noch einmal dem Landesschulbeirat vorgelegt werden. Denn unklar ist, welche weiteren Änderungen das Kultusministerium plant.
Ein Bündnispartner von "Demo für alle" ist u. a. der "Konservative Aufbruch. CSU-Basisbewegung für Werte und Freiheit". Für Anton Salzbrunn, Landesvorsitzender der Bildungsgewerkschaft GEW, hat sich das Kultusministerium dem Druck von rechts gebeugt. "Die CSU hat wohl bereits in den Wahlkampfmodus umgeschaltet. Offensichtlich will sie am rechten Rand Stimmen fischen", so die Einschätzung des Gewerkschafters. "Dass sie dies auf dem Rücken der Kinder und Jugendlichen macht, ist unglaublich. Dass sie pädagogisch fundierten Rat ignoriert, ist skandalös!", konstatiert Salzbrunn. Den Forderungen des Aktionsbündnisses "Vielfalt statt Einfalt" schließt sich die GEW Bayern an.
Rückfragen gerne an:
Bernhard Baudler, Tel. 089 / 54 40 81 - 21
Anton Salzbrunn, Tel. 0176 / 65 54 40 36
V.i.S.d.P.: Anton Salzbrunn, Schwanthalerstr. 64, 80336 München, Tel.: 089/544081-0
 
Informationen und Forderungen der GEW Bayern

Drei Änderungen sind nach dem Gespräch des Kultusministeriums mit "Demo für alle" bekannt. Ob weitere ins Haus stehen, weiß nur das Kultusministerium. Doch bereits diese drei haben es in sich:

  • Entsprechend der Forderung von "Demo für alle" scheint das Kultusministerium bereits an der Dienstordnung für Lehrkräfte zu arbeiten, die wohl in Zukunft vorschreibt, dass externe Aufklärungsprojekte und Sexualpädagog*innen in allen Schularten nicht ohne (zwingende) Anwesenheit einer Lehrkraft unterrichten dürften. Damit konterkariert das Kultusministerium eine erfolgreiche pädagogische Methode, die sich über Jahre bewährt hat.
    Die GEW Bayern fordert: Sexualerziehung gelingt nur dort, wo eine offene Atmosphäre herrscht. Die Anwesenheit notengebender Lehrkräfte, die die Schüler*innen im laufenden Schuljahr weiter begleiten, steht dieser Anforderung maßgeblich entgegen. Dies ist auch den Lehrkräften bewusst. Sie wissen auch, dass es bei der Sexualerziehung zielfüh-rend sein kann, die Klassen nach Geschlecht zu teilen. Ein pädagogisches Vorgehen, das zukünftig nicht mehr möglich sein wird. Und dies, obwohl das Kultusministerium selbst in seinen Richtlinien festhält, dass Lehrkräfte bezüglich der neuen Inhalte der Sexualerziehung dringend fortgebildet werden müssten. Gleichzeitig sollen sie nun den Unterricht der Externen kontrollieren. Mit Pädagogik haben diese Vorstellungen nichts zu tun.
  • Der Schutz von Ehe und Familie wird wohl verstärkt in den zukünftigen Richtlinien auftauchen, alternative Lebensformen spielen dagegen keine oder nur eine untergeordnete Rolle.
  • Die GEW Bayern fordert: Überall da, wo Menschen zusammenkommen und Verantwortung für Kinder und Jugendliche übernehmen, ist Familie  -  egal ob es sich um heterose-xuelle Eltern und Partnerschaften, Patchwork- und Regenbogenfamilien, Alleinerziehende, Pflegeeltern oder Beschäftigte in Kinder- und Jugendhilfeeinrichtungen handelt. Diese Lebensrealität des 21. Jahrhunderts muss sich auch in den Richtlinien widerspiegeln.
  • In den Richtlinien heißt es, dass Schülerinnen und Schüler Toleranz und Akzeptanz gegenüber Menschen zeigen sollen, ungeachtet ihrer sexuellen Identität. Das Kultusministerium scheint sich auch hier der Forderung der "Demo für alle" zu beugen und den Be-griff "Akzeptanz" durch "Respekt" ersetzen zu wollen.
    Die GEW Bayern fordert: Keine Streichung des Begriffs "Akzeptanz", da  dies im Umkehrschluss bedeuten würde, dass eine Lehrkraft LGBTI*-Kindern und -Jugendlichen sa-gen müsste, dass sie diese zwar respektiert, aber nicht akzeptiert. Dies widerspricht dem Bildungsauftrag und dem Kindeswohl: Kinder und Jugendliche müssen in einem angst- und mobbingfreien Raum agieren und lernen können. Die Streichung des Begriffs der Akzeptanz steht dem entgegen.