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Anerkennung von Werbungskosten für die ehrenamtliche gewerkschaftliche Tätigkeit

Zur Frage, ob Ruhestandsbeamt*innen Aufwendungen ihrer ehrenamtlichen Gewerkschaftstätigkeit als Werbungskosten geltend machen können, hat der Bundesfinanzhof mit Urteil vom 28. Juni 2023, Az. VI R 17/21, entschieden.

Mithilfe des GEW-Rechtsschutzes hatte eine Ruhestandsbeamtin geklagt, um die Aufwendungen ihrer ehrenamtlichen Gewerkschaftstätigkeit als Werbungskosten abzusetzen. Sie war bis zum Eintritt in den Ruhestand hauptamtlich für die GEW tätig und dafür vom Dienstherrn freigestellt. Seit dem Eintritt in den Ruhestand ist die Klägerin für verschiedene Gremien der GEW ehrenamtlich tätig. Aufwendungen für diese Tätigkeit hat sie als Werbungskosten geltend gemacht. Das Finanzamt hat diese als Werbungskosten jedoch nicht anerkannt.

Entscheidung des Bundesfinanzhofs

Bereits in erster Instanz hat das Finanzgericht Berlin-Brandenburg entschieden, dass die streitigen Aufwendungen der Klägerin als Werbungskosten bei ihren Versorgungsbezügen zu berücksichtigen sind. Der Bundesfinanzhof bestätigte diese Entscheidung und wies die Revision als unbegründet zurück.

Grundsätzlich müssen Werbungskosten in Zusammenhang mit dem Berufseinkommen stehen. In der Begründung wird der erforderliche Zusammenhang mit den Versorgungsbezügen bejaht, weil die Gewerkschaftsarbeit der Klägerin und die dadurch bedingten Aufwendungen auch auf die Verbesserung ihrer Einkünfte als Ruhestandsbeamtin zielten.

Sollten für die GEW ehrenamtlich tätige Funktionär*innen (Ruhestandsbeamt*innen oder Rentner*innen) von demselben Sachverhalt betroffen sein, können sie sich gerne an die GEW-Landesrechtsstelle wenden.

von Brigitte Gallner
Sekretärin der Rechtsstelle

 

Aus der Entscheidung: Was sind Gewerkschaften?

Gewerkschaften sind dauernde freie Vereinigungen von Arbeitnehmern zum Zwecke der Erlangung und Erhaltung günstiger Lohn- und Arbeitsbedingungen. Sie sind solidarische Interessenvertretungen der ihnen angeschlossenen Beschäftigten (Mitglieder), deren Zweck unter anderem auf die Verbesserung der beruflichen Bedingungen ihrer angeschlossenen Beschäftigten (Mitglieder), im Besonderen auch deren Einnahmen, gerichtet ist. .... Unter diesen Gesichtspunkten sind auch Maßnahmen der Mitglieder selbst zur Stärkung, Erhaltung und Förderung des sie vertretenden Berufsverbands zu sehen.

Da die Arbeit eines Berufsverbands auf dem Gedanken beruht, dass nur die Solidarität der Mitglieder zur Veränderung der beruflichen Bedingungen zugunsten der angeschlossenen Mitglieder führt, ist es folgerichtig, bei den Aufwendungen eines Mitglieds zwecks Förderung der solidarischen Gemeinschaft ebenfalls einen objektiven, durch Aufgabenstellung und Arbeit des Berufsverbands sichtbar werdenden Zusammenhang mit seiner Berufstätigkeit zu bejahen. Dieser Zusammenhang reicht aus, den Werbungskostenbegriff zu erfüllen, obwohl die Aufwendungen des einzelnen Mitglieds in der Regel nicht unmittelbar und allein auf dessen eigene berufliche Bedingungen, sondern nur mittelbar durch die Arbeit der Gemeinschaft auf die Verhältnisse sämtlicher betroffener Mitglieder des Berufsverbands einwirken können. Denn der Werbungskostenbegriff erfordert nicht einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen den Aufwendungen und der Förderung der Berufstätigkeit (Senatsurteil vom 28.11.1980 - VI R 193/77, BFHE 132, 431, BStBl II 1981, 368).