Jede Stunde zählt!
Rechtsprechung zur Arbeitszeiterfassung in Schulen endlich umsetzen!
GEW-Studien belegen es klar und deutlich: Lehrkräfte arbeiten im Schnitt zu viel. Die logische Folge: Sie sind eine hochgradig belastete Berufsgruppe.
Bereits seit 2019 sind Arbeitgeber dazu verpflichtet, Beschäftigte vor Überlastung und unbezahlter Mehrarbeit zu schützen und deshalb die Arbeitszeit zu erfassen. Das gilt auch für Lehrkräfte an Schulen, wird aber nicht umgesetzt. Die GEW Bayern (GEW) hat nun eine Social-Media-Kampagne auf Facebook und Instagram zur Arbeitszeiterfassung im Schulbereich gestartet.
Große Aufregung gab es im September 2022, als das Bundesarbeitsgericht (BAG) die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) aus dem Jahr 2019 bestätigte. Es reicht nicht mehr, nur Überstunden festzuhalten, sondern die gesamte Arbeitszeit muss zum Schutz der Beschäftigten erfasst werden. Im April 2023 legte das Bundesarbeitsministerium einen entsprechenden Gesetzesentwurf vor. Im Juli forderte die damalige Präsidentin der Kultusministerkonferenz (KMK) Katharina Günther-Wünsch Arbeitsminister Hubertus Heil per Brief auf, Lehrkräfte von der Pflicht der Erfassung auszunehmen, weil der Entwurf die besonderen Bedingungen des Lehrberufes nicht berücksichtigen würde. Das Bundesarbeitsministerium erteilte dem Anliegen jedoch eine Absage und stellte klar: Die Pflicht zur Erfassung gilt auch für Lehrkräfte, egal ob verbeamtet oder angestellt.
Die GEW Bayern gründete daraufhin eine Arbeitsgruppe, die sich mit dem Thema Arbeitszeiterfassung an Schulen auseinandersetzte und sich auch in die Ausgestaltung eines Positionspapiers auf Bundesebene einbrachte. Markus Weinberger, Mittelschullehrer, Mitglied der Arbeitsgruppe und Nachrücker im Hauptpersonalrat, wundert sich nicht, dass die KMK nach einer Ausnahme für Lehrkräfte sucht: „Es gibt in der Schule viele Bereiche, in denen der Arbeitsschutz missachtet wird. Die Arbeitszeit ist einer davon. Gesetzliche Vorgaben zu Pausenregelungen, Mindestruhezeiten und Höchstarbeitszeiten interessieren im Schulbereich nicht. Würde das endlich auch offen dokumentiert, müssten die Kultusministerinnen und Kultusminister tätig werden. Diese haben natürlich Angst, dass das System der strukturellen Ausbeutung mit einer Zeiterfassung nicht mehr funktioniert. Denn Lehrkräfte, die ihren Job gut machen wollen, können gar nicht anders, als sich selbst zu überlasten. Das muss aufhören!“
Für die Mitglieder der Arbeitsgruppe ist klar, dass Lehrkräfte ein Recht auf gesetzlich vorgeschriebene Schutzmaßnahmen haben. Dazu gehört auch die Erfassung der Arbeitszeit. „Das muss auch gar nicht kompliziert sein“, sagt Florian Kohl, stellvertretender Vorsitzender der GEW Bayern, der selbst seine Arbeitszeit per App aufzeichnet. „Der EuGH hat den Rahmen bereits festgelegt. Es geht darum, Beginn und Ende sowie Pausenzeiten zu erfassen, um sich vor gesundheitsschädlichen Arbeitszeiten zu schützen. Dabei spielt der Ort keine Rolle und natürlich muss die Erfassung im Bereich Schule auf die Beschäftigten delegiert werden. Es ändert sich also nichts, außer dass wir unsere Arbeitszeit aufzeichnen und endlich aus diesem Graubereich rauskommen, immer länger arbeiten zu müssen – ohne zeitliches Limit.“
Matthias Haberl, Gymnasiallehrer, Co-Vorsitzender des GEW-Bezirksverbandes Oberpfalz und ebenfalls Nachrücker für den Hauptpersonalrat, verweist auf die unkomplizierte Arbeitszeiterfassung, die er bei einer früheren Tätigkeit für eine nachgeordnete Behörde des Kultusministeriums kennenlernte. Für ihn ist auch wichtig, dass die Arbeitszeiterfassung gemeinsam mit dem Personalrat ausgestaltet wird: „Das BAG hat klargemacht, dass die Umsetzung der Arbeitszeiterfassung mitbestimmungspflichtig ist. Das Kultusministerium selbst hat eine gute und durchdachte Dienstvereinbarung zur Erfassung der gleitenden Arbeitszeit für das Personal im eigenen Haus mit der Personalvertretung abgeschlossen. Daran kann man sich auch für den Schulbereich orientieren. Wir fordern das Kultusministerium deshalb auf, mit dem Hauptpersonalrat zu diesem Thema zu verhandeln.“
Auf dem Instagram- und Facebook-Account der GEW Bayern initiierte die Arbeitsgruppe gerade eine Kampagne, die Vorbehalte bei Lehrkräften und anderen pädagogisch Beschäftigten gegenüber der Erfassung entkräften soll. „Viele Lehrkräfte haben Angst vor Kontrolle oder befürchten, dass sie nicht mehr so flexibel arbeiten können. Diese Ängste wollen wir nehmen. Es soll nur erfasst werden, was gesetzlich erforderlich ist. Die Erfassung kann der Beschäftigte selbst per App am Dienstgerät übernehmen, und Zeiten können natürlich auch nachgetragen werden“, erklärt Florian Kohl. Eine Leistungs- und Verhaltenskontrolle ist mit der Erfassung nicht verbunden. „Da würden wir nicht mitmachen!“, sind sich die Gewerkschafter einig. Sollte Lehrkräften und Beschäftigten die zur Verfügung stehende Zeit nicht ausreichen, wovon angesichts der Arbeitszeitstudien auszugehen ist, muss gemeinsam geschaut werden, was geändert werden kann. „Gerade zum Jahresende sind wieder die üblichen Dankes- und Lobeshymnen des Arbeitgebers ausgesprochen worden, dabei wäre es endlich mal an der Zeit, den Worten auch Taten folgen zu lassen“, resümiert Kohl abschließend.
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