Tarifeinheit: JA – Eingriff ins Streikrecht: NEIN
Wir bekennen uns zum Prinzip, dass Gewerkschaften die Solidarität aller Beschäftigtengruppen organisieren. Ziel ist der Grundsatz „ Ein Betrieb ein Tarifvertrag“ im Sinne von Flächentarifverträgen, die den Wettbewerb in einer Branche über Löhne und Arbeitsbedingungen ausschließen. Die so verstandene Tarifeinheit hat einen hohen Stellenwert für die Gewährleistung einer solidarischen und einheitlichen Interessenvertretung aller Beschäftigten in den Betrieben und Dienststellen. Tarifeinheit begrenzt die Konkurrenz, sichert die Durchsetzungsfähigkeit der Belegschaften und fördert die Akzeptanz der Tarifautonomie. Der von der Bundesregierung vorgelegte Referentenentwurf wird diesen Grundsätzen nicht gerecht, da er bei einer Kollision mehrerer Tarifverträge vorsieht, nur den Tarifvertrag der Mehrheit gelten zu lassen. Die anderen sind tariflos und ihr Streikrecht steht unter dem Vorbehalt der Verhältnismäßigkeit. Dies ist unzweifelhaft auch eine indirekte Einschränkung des Streikrechts. Wer die Tarifautonomie stärken will, darf auch Streiks als grundgesetzlich garantiertes Freiheitsrecht aus Artikel 9 Absatz 3 GG nicht einschränken. Wir lehnen jegliche Eingriffe in das Streikrecht ab!
Worum es geht
Tarifeinheit, also der Grundsatz „Ein Betrieb, ein Tarifvertrag“, ist ein gewerkschaftliches Solidarprinzip. Ziel der Gewerkschaften muss es sein, Solidarität zwischen allen Gruppen von Beschäftigten in einem Betrieb oder einer Dienststelle zu schaffen. Das macht die Belegschaft und ihre Gewerkschaft stark. Diese Einheit kann nur politisch, durch gewerkschaftliches Handeln geschaffen werden.
Die schwarz-rote Bundesregierung will Tarifeinheit jedoch gesetzlich verordnen und hat den „Entwurf eines Gesetzes zur Tarifeinheit“ vorgelegt. Die Gewerkschaften Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG), Erziehung und Wissenschaft (GEW) und ver.di lehnen ein solches Gesetz ab. Nicht nur, weil hier gesetzlich verordnet werden soll, was nur politisch zu lösen ist. Das Gesetz soll vorschreiben, dass nur der Tarifvertrag der Mehrheits-Gewerkschaft in einem Betrieb gelten soll. Die Mitglieder einer Minderheits-Gewerkschaft wären tariflos, und ein Streik für eigenständige tarifliche Bedingungen unterläge der gerichtlichen Prüfung, ob der Streik verhältnismäßig wäre. Und das wäre nichts anderes als eine Einschränkung des Streikrechts. Für NGG, GEW und ver.di nicht zu akzeptieren.
Überdies könnte das Gesetz mit Inkrafttreten alsbald schon zu einer noch tieferen Aushöhlung des Flächentarifvertrags führen, als es sie ohnehin schon gibt, da der Gesetzentwurf aus dem Bundesarbeitsministerium dem Flächentarifvertrag keinen Vorrang einräumt. Untergraben und geschwächt wurde der Flächentarif – und damit auch die Einheit der Bedingungen – über die Jahre durch Tarifflucht der Arbeitgeber, Betriebsauslagerungen, flexible Betriebsorganisation, Leiharbeit, Werkverträge, geringfügige Beschäftigung und andere Methoden des Dumpings und der Zersplitterung. Und dem würde das Gesetz zur Tarifeinheit nichts entgegensetzen, im Gegenteil: Es würde weiteren Anreiz bieten, Betriebe so umzubauen und zu gestalten, wie es den tariflichen Wünschen des Arbeitgebers förderlich sein könnte.