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Herber Verlust

Wir trauern um Maria Mies und Winfried Wolf

Am 15. Mai verstarb die marxistische Feministin und Soziologin Maria Mies, am 23. Mai der Politikwissenschaftler, Journalist, Author und Publizist Winfried Wolf. Beide waren konsequente Aktivist*innen gegen die kriegerische Globalisierung und die neoliberalen Freihandelsabkommen.

Auf unserem ersten Seminar im Januar 1997 in Ingolstadt unter dem Leitthema "Zukunft der Arbeit unter Bedingungen der Globalisierung" hatten wir - damals noch benannt nach der AG F der LVV 1996 – Winfried Wolf zu Gast. Er unterstützte uns „inhaltlich auf hohem Niveau“ (H. Elas) bei der Diskussion des damaligen Trends, die Gewerkschaften auf die neoliberale Linie zu bringen. Im Juli 2003 hielt Maria Mies das Hauptreferat „Führt das globale Freihandelssystem zu Frieden und Wohlstand?“ auf unserem Jahresseminar in Markt-Indersdorf (s. Dokument zum Download).

Ihr „großer Beitrag zu der Förderung der Frauenperspektive“ im wissenschaftlich-historischen Kontext wurde auch von der Gemeinschaft der Frauen Kurdistans (KJK) gewürdigt. Die vermeintlich feministischen Errungenschaften wie den Aufstieg von Politikerinnen kritisierte Mies grundsätzlich: Die Politik „ist doch dieselbe, sie ist patriarchalisch, sie ist kapitalistisch, sie ist kolonialistisch – wie eh und je.“(jw)
Anfang letzter Woche haben wir die Nachricht von Winfried Wolfs Tod erhalten, nach langer schwerer Krankheit. Winfried Wolf, von seinen Freunden Winnie genannt, war promovierter Politologe, inspiriert auch von Elmar Altvater, der ja ebenso wie Winnie Wolf Mitglied des wissenschaftlichen Beirats von Attac-Deutschland war.
Er war Publizist, früherer Redakteur der GIM Publikation „Was tun?“ (Gruppe Internationaler Marxisten), dann in der Phase einer versuchten gemeinsamen Parteibildung von Trotzkisten mit Maoisten (VSP - Vereinigte Sozialistische Partei) Redakteur der SOZ (Sozialistische Zeitung). Und er wurde im Weiteren ein führender Experte und Kritiker der dominierenden Verkehrspolitik, der Auto-Fixierung und der Bahn- Kapitalisierung (S21).
Seit vielen Jahren gab er das inhaltlich anspruchsvolle wie auch von der Gestaltung her ansprechenden Magazin „lunapark 21, „zeitschrift zur kritik der globalen ökonomie“ heraus. Schwerpunkt der letzten Ausgabe unter seiner Ägide: Weltwirtschaft, Krieg und Klima - Frühjahr 23.
Für die breite Friedensbewegung produzierte er seit einigen Jahren die „zeitung gegen den krieg“, zu der er selber Artikel beisteuerte – gehaltvolle Analysen vor allem auch, wie in der letzten Ausgabe ebenfalls vom Frühjahr 23, über die ökonomischen Hintergründe von Rüstung und Kriegsvorbereitung.
Als (parteiloser) Abgeordneter der PDS-Fraktion im Bundestag (von 1994 – 2002) war er nicht nur Mitglied im Verkehrsausschuss, sondern auch im Verteidigungsausschuss.
Winfried Wolf war ein konsequenter Kriegsgegner, er lehnte deutsche Waffenlieferungen generell ab, besonders aber auch in der aktuellen Lage in die Ukraine – bei klarer Verurteilung des russischen Einmarschs dort.
Winfried Wolf war über Jahrzehnte ein intellektueller Anreger und Motor der Gewerkschaftslinken sowie der gesamten emanzipatorischen Linken in Deutschland, ein Radikaler in dem Sinne, dass er die Wurzeln der tiefgreifenden Missstände unserer Gesellschaft zum Objekt der Untersuchung und der politischen Mobilisierung nahm.

An die starken Impulse und kenntnisreichen Analysen der beiden Kämpfer*innen sollten wir als AG Perspektiven weiterhin anknüpfen.