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Was sind “Öffentlich-private-Partnerschaften“ (ÖPP) und wieso sind die schlecht?

Eine Stellungnahme der GEWStudis an der FAU

Der Campus Regensburger Straße (ehemals Erziehungswissenschaftliche Fakultät - EWF) der Friedrich-Alexander-Universität wird vom Nürnberger Süden in den Norden der Stadt umziehen. Dort soll ein Neubau entstehen, da die bestehenden Gebäude der EWF völlig heruntergekommen sind. Jahrelang wurde nicht gehandelt, so dass jetzt endlich ein Neubau geplant werden musste, was grundlegend durch uns begrüßt wird.
Aber der Neubau soll als sogenannte „Öffentlich-private-Partnerschaft“ (ÖPP) durchgeführt werden. Was bedeutet das?
Der Bayerische Rundfunk hat das recht gut zusammengefasst: „Das Projekt wird in öffentlich-privater Partnerschaft (ÖPP) als sogenannter Bestellbau errichtet. […] Das bedeutet, dass ein Investor auf seinem Grundstück ein Gebäude nach den Vorgaben des Freistaats errichtet, im Gegenzug mietet es der Freistaat für mindestens 20 Jahre fest an. Danach ist eine Ankaufoption für Bayern vorgesehen.“ (https://www.br.de/nachrichten/bayern/neubau-fuer-erziehungswissenschaften-der-uni-in-nuernbergs-norden ,SuUDroX )
Das heißt: Der Freistaat baut sein Gebäude nicht selbst, sondern überlässt das einem privaten Investor, der eine vertraglich garantierte Miete über 20 Jahre bekommt. Danach kann sich der Freistaat das Gebäude kaufen. 20 Jahre lang ist der Freistaat bzw. die Uni dann also Mieter im eigenen Gebäude.
ÖPPs sind eine sichere & ertragreiche Anlagemöglichkeit für Investoren. Sonst profitiert davon aber eigentlich niemand. ÖPPs sparen keine Kosten, sind auch nicht weniger bürokratisch. Der Freistaat muss zwar nicht die Bauplanung und -leitung übernehmen. (Die stellt der private Investor aber natürlich in Rechnung.) Allerdings muss der Freistaat bzw. die Uni die Anforderungen an das Gebäude sehr genau definieren und vertraglich absichern. Schließlich hat man nicht mehr die Kontrolle über den Bau; so muss etwa genau festgelegt werden welche Räume wo gebaut werden und an welcher Stelle und wie viele Steckdosen (!) jeweils angebracht werden. 
Nachdem man 20 Jahre lang - zumeist über dem Marktwert - Miete gezahlt hat, ist der Freistaat faktisch gezwungen, das Gebäude zu kaufen. Schließlich ist zu diesem Zeitpunkt darin Universitätsbetrieb. Statt Kosten durch eine ÖPP zu sparen, zahlt der Staat sogar häufig drauf. Der einzige Vorteil für den Freistaat ist, dass sich die Ausgaben weit in die Zukunft verschieben. In der Vergangenheit sind uns seitens der Landesregierung 1,5 Milliarden Euro für die FAU versprochen worden. Da sollte das Geld für den Neubau doch eigentlich drin sein. Scheinbar wurde hierbei die Lehrer*innen-Bildung einmal mehr außer Acht gelassen.
Investoren existieren bekanntermaßen zu dem Zweck, aus Geld noch mehr Geld zu machen. Dieser Profit muss irgendwo herkommen. Dafür gibt es zwei Möglichkeiten, die sich gegenseitig nicht ausschließen: entweder sackt der Investor unterm Strich deutlich mehr Geld ein, als der Bau das Land gekostet hätte oder er baut deutlich billiger, spart also tendenziell bei denjenigen, die bauen und planen – also an den Löhnen. Dass diese im Baugewerbe allgemein nicht sonderlich hoch sind, dürfte bekannt sein. 
Beispiele für ÖPP-Aufträge, wie die Projekte von Scheuers Autobahn GmbH zeigen, dass die vermeintlich günstigeren ÖPPs den Staat zumeist am Ende deutlich mehr kosten als ursprünglich angenommen (oder zumindest kommuniziert wurde). Hier werden also aus den ohnehin schon zu knapp bemessenen Mitteln für Bildung Profite für Investoren subventioniert, die dann meist auch noch ihre Beschäftigten und Unterfirmen mittels Outsourcing und Tarifflucht ausbeuten. Außerdem ist die vermeintliche Effizienz, wie selbiges Beispiel auch zeigt, meist ein leeres Versprechen und die Projekte ziehen sich deutlich länger hin, da die Privatwirtschaft anfällig für Krisen aller Art ist und so ein Betreiber z.B. auch einfach während des Bauprozesses pleitegehen kann. 
Man hat also jahrelang geschlafen und propagiert nun mit Scheinargumenten und der ganz realen selbstverschuldeten Dringlichkeit Privatisierungen im Bildungswesen. Trotz der seit Langem bekannten Tatsache, dass die Gebäude in der Regensburger Straße mit einem Ablaufdatum 2024 versehen und somit nicht mehr für eine Nutzung vorhanden sind, ist der geplante Einzug in die neuen Hallen für 2026 angedacht. Vermutlich wird das alte Gebäude also noch mit Beträgen in zweistelliger Millionenhöhe notdürftig verarztet werden müssen – im laufenden Unibetrieb, Baulärm inklusive. Offizielle Planungen für diesen Zeitraum gibt es noch keine. Wir können also aktuell auch „Containeruni“ nicht ausschließen. Aktuelle Hochrechnungen zeigen einen massiven Lehrer*innenmangel für 2030. Gleichzeitig werden den angehenden Lehrkräften keine angemessenen Studienbedingungen geboten. Während der Freistaat also großflächige Plakatwerbekampagnen für den Lehrerberuf fährt, werden diejenigen, die sich für diesen Beruf entschieden haben, mal wieder mit Füßen getreten. Wir fordern eine zügige Planung für die Übergangszeit und Transparenz gegenüber der Studierendenschaft!
Diese Privatisierungen bleiben voraussichtlich nicht auf Bautätigkeiten beschränkt. In Berlin werden durch ÖPPs gebaute und danach beim Investor gemietete Schulgebäude auch von den Investoren betrieben; Hausmeister, Gebäudeverwaltung etc. sind dann also nicht mehr beim Staat, sondern bei irgendwelchen Firmen beschäftigt (selbstverständlich auch ohne Tarifanspruch auf TVöD/TV-L) und diesen gegenüber verantwortlich. Mit der bayerischen Hochschulreform sollen private Unternehmen allgemein noch mehr Einfluss an Universitäten bekommen. Burger King als Mensabetreiber könnte also schon bald vom (halb-)satirischen Narrativ der Proteste gegen die Hochschulreform in München zur Realität werden.
Dass staatliche Trägerschaft nicht unbedingt gute Arbeitsbedingungen, Mitsprache und ausreichende Finanzierung garantiert, wissen alle Hochschulangehörigen ohnehin. Was ist jetzt aber so schlimm an Privatisierung? Nun ja, Manager müssen keine Angst haben nicht wiedergewählt zu werden und agieren meist abseits der Öffentlichkeit. Und auch wenn Bayern kein Paradies der Transparenz ist, herrscht für die öffentliche Hand zumindest kein absolutes Geschäftsgeheimnis. Wenn zig verschiedene, ominöse Akteure für schlechte Bildung sorgen, wird es noch schwerer als jetzt, sich dagegen zu wehren. 
Wir sagen deswegen: Nein zu Privatisierungen! Mehr Geld für Bildung! Mehr Lohn statt mehr Profit!