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Betroffene

Berufsverbot für Andreas Salomon

50 Jahre ist es jetzt her, ein halbes Jahrhundert. Doch ich erinnere mich noch gut an jenen 28. Januar 1972, als auf der Ministerpräsidentenkonferenz unter dem Vorsitz des SPD-Bundeskanzlers Willy Brandt der sogenannte „Radikalenerlass“ beschlossen wurde.

Dort heißt es u.a.: „Nach den Beamtengesetzen in Bund und Ländern darf in das Beamtenverhältnis nur berufen werden, wer die Gewähr dafür bietet, daß er jederzeit für die freiheitlich-demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes eintritt.“ Und weiter: „Beamte sind verpflichtet, sich aktiv innerhalb und außerhalb des Dienstes für die Erhaltung dieser Grundordnung einzusetzen.“ (1)

Und wie man den Bewerber*innen für den öffentlichen Dienst auf die Schliche kommt, wurde gleich mitgeliefert: „Gehört ein Bewerber einer Organisation an, die verfassungsfeindliche Ziele verfolgt, so begründet diese Mitgliedschaft Zweifel daran, ob er jederzeit für die freiheitlich-demokratische Grundordnung eintreten wird. Diese Zweifel rechtfertigen in der Regel eine Ablehnung des Einstellungsantrages.“ (2)

Breite Widerstandsbewegung

Quasi über Nacht entstand vor allem in den Universitätsstädten eine riesige Protestbewegung dagegen und diese sollte jahrelang aktiv bleiben. Auch Angehörige bürgerlicher Parteien wandten sich gegen das vielen Studierenden drohende Berufsverbot, und sogar im Ausland wie beispielsweise in Frankreich formierte sich eine große Bewegung, die in Deutschland ein Wiederaufleben des alten Nazigeistes beobachtete. In unserem Nachbarland war man voller Besorgnis bezüglich der rigiden Maßnahmen gegenüber den Beamt*innen in Deutschland, denn dort empfand man es als ganz normal, dass Kommunist*innen staatliche Positionen innehatten. Das Wort „le berufsverbot“ fand sogar Eingang in die französische Sprache.

Auswirkungen des Radikalenerlasses

Obwohl Tausende auf die Straßen gingen, Hunderte von Professor*innen und Student*innen Resolutionen verabschiedeten, kam es in den Folgejahren zu etwa 11.000 Berufsverbots- und 2.200 Disziplinarverfahren. In deren Folge wurden 1.250 Bewerber*innen abgelehnt und 265 entlassen. Wie zu erwarten, traf es fast ausschließlich Linke.

Man kann sich gut vorstellen, dass sich von diesem Berufsverbotserlass nicht nur die Tausend Student*innen in ganz Deutschland bedroht sahen, die sich in den 70er-Jahren in marxistischen Organisationen zusammengefunden hatten, sondern auch all die Unzähligen, die anderen fortschrittlichen Organisationen angehörten oder einfach nur um die Einschränkung ihrer Meinungsfreiheit fürchteten. Es war keine Frage, der Radikalenerlass „diente letztlich auch der Einschüchterung nicht nur der aktiven Linken“ (3). Er „war ein Mittel zur Unterdrückung außerparlamentarischer oppositioneller Bewegungen insgesamt“ (4).

Mitglied der Kommunistischen Hochschulgruppe in Freiburg

1972 war ich 22 Jahre alt und studierte in Freiburg im 5. Semester Germanistik und Geographie für das höhere Lehramt. Schon während meiner Schulzeit hatte ich die letzten Jahre gegen die autoritären Strukturen des Gymnasiums und meine Nazilehrer aufbegehrt, wenn auch nur durch lange Haare und das Tragen bunter Jacken sowie durch diverse Widersetzlichkeiten. In Kiel, meiner ersten Uni-Stadt, fand ich bald Anschluss an linke Gruppen, die 1968/69 wie Pilze aus dem Boden schossen, und nahm an verschiedenen Schulungsgruppen teil. Wir protestierten damals in mächtigen Demonstrationen gegen den Vietnamkrieg, gingen für Fahrpreissenkungen auf die Straße und wandten uns in Teach- und Sit-ins gegen die verkrusteten Strukturen der Universität.

So war es für mich, als ich von Kiel nach Freiburg wechselte, selbstverständlich, mich in der „Kommunistischen Hochschulgruppe“ des KBW, des „Kommunistischen Bundes Westdeutschlands“, zu organisieren und im Februar 1974, als ich im 11. Semester war, auf der Plattform der „Liste Demokratischer Kampf“ für die Studentenratswahlen zu kandidieren.

Politische Arbeit in Freiburg

Diese Liste war ein Wahlbündnis des KBW mit zahlreichen Basisgruppen, die sich an den einzelnen Fakultäten gebildet hatten. Wir kämpften gegen die Novelle des Landeshochschulgesetzes, die Studienverschärfungen wie Studienzeitverkürzungen, höhere Leistungsanforderungen, Verschärfung der Prüfungen und zunehmende Ausrichtung des Lehrbetriebs auf die Interessen der Wirtschaft zum Inhalt hatte. Aber wir setzten uns auch für bessere Lebensbedingungen der Student*innen durch ein höheres Bafög, für bezahlbaren Wohnraum oder eine demokratische Selbstverwaltung in den Wohnheimen ein. Wir besetzten Häuser, um gegen deren Abbruch zu protestieren, diskutierten die damalige Wirtschaftskrise des Kapitalismus, unterstützten die Weinbäuer*innen in Whyl beim Kampf gegen das geplante Atomkraftwerk und verbreiteten wie alle linken Gruppen eine wahre Flut von Flugblättern, Broschüren und fortschrittlichen Büchern. Und wir kämpften für einen starken AStA mit politischem Mandat, der sich über die Universität hinaus zu gesellschaftlichen Fragen äußern darf und muss, erklärten uns solidarisch mit den unterdrückten Völkern weltweit und gründeten zahlreiche entsprechende Komitees. Und wir kämpften natürlich auch gegen die bereits verhängten Berufsverbote und den entsprechenden Erlass. All dies war für uns Ausdruck eines Gesellschaftssystems, das zunehmend keine Perspektive mehr für ein freies, von demokratischen Grundsätzen bestimmtes Leben bot. Unser Ziel war der Sozialismus, den wir intensiv studierten, und wir schauten dabei auf China, dessen gesellschaftliche Fortschritte z.B. beim Aufbau des Gesundheitswesens, bei der Alphabetisierung oder der Sicherung der Ernährungsgrundlage für ein Riesenvolk uns sehr beeindruckten.

Der „Anti-Solidaritätserlass“

Am 25. Juni 1974, also wenige Wochen nach meiner Kandidatur, wurde in Baden-Württemberg der sogenannte „Anti-Solidaritätserlass“ verabschiedet, der an alle Schulen ging und die Lehrkräfte zur absoluten Verfassungstreue ermahnte und ihnen verbot, Resolutionen für vom Berufsverbot Betroffene zu unterschreiben. Anderenfalls würden sie selbst Zweifel an ihrer Verfassungstreue wecken und hätten mit entsprechenden Folgen zu rechnen. (5)

 

Dienstantritt

Inzwischen hatte ich mein 1. Staatsexamen an der Universität Freiburg mit besten Noten absolviert und ich bewarb mich für das Referendariat. Ende November 1974 teilte mir das Oberschulamt Karlsruhe meinen Einsatzort mit: Es war das Ludwig-Wilhelm-Gymnasium in Rastatt. Am 3. Januar 1975 wurde ich im Studienseminar in Karlsruhe vereidigt und am 17. Januar trat ich meinen Dienst an.

„Erkenntnisse“ des Verfassungsschutzes

Nur eine Woche später, am 24. Januar, – ich war noch gar nicht richtig umgezogen, hatte auch noch gar nicht selbst unterrichtet – erreichte mich bereits ein Schreiben vom Oberschulamt. Darin hieß es:

„Betr.: Überprüfung hinsichtlich der Pflicht zur Verfassungstreue im öffentlichen Dienst;

Hier:

Andreas S a l o m o n, geb. 24.9.1949 in Heidenheim/Brenz, wohnhaft in Freiburg, Lehenerstraße 9o

Herr Salomon hat bei den Studentenratswahlen an der Universität Freiburg vom 4. bis 8. Februar 1974 als Angehöriger der „Kommunistischen Hochschulgruppe“ (KHG) auf der „Liste Demokratischer Kampf“ (LDK) kandidiert.

Die LDK war ein Wahlbündnis der KHG und ihrer Basis- und Institutsgruppen.“ (6)

Schließlich wird auf das Landesbeamtengesetz verwiesen und ich werde aufgefordert, mich am 31. Januar 1975 um 15 Uhr zur „Anhörung“ im Oberschulamt Karlsruhe, Hebelstraße 2, Zimmer 215 einzufinden.

Damit war der Startschuss für meine Verfolgung abgegeben worden. Zwar war ich nicht blauäugig gewesen und hatte natürlich damit gerechnet, Schwierigkeiten zu bekommen, aber so schnell, gleich zu Beginn des Referendariats, war es doch zunächst wie ein Schlag vor den Kopf.

1. „Anhörung“

Ein zurate gezogener Anwalt, den mir der KBW vermittelte, riet, zum einen als Zeugen einen Freund mitzunehmen und zum anderen nur eine kurze Stellungnahme abzugeben, die die Kandidatur einräumt, dabei aber darauf zu pochen, dass ich alle Voraussetzungen für die Absolvierung der Referendarzeit erfülle. Meine Gesinnung während der Studienzeit müsse dabei ohne Belang sein.

Um über diese „Anhörung“ jetzt zu berichten, liegt mir ein vierseitiges Gedächtnisprotokoll (7) vor, das ich gleich anschließend mit meinem damaligen Freund und Begleiter im Oberschulamt Dieter B. zu Papier brachte. Beim Lesen nach 45 Jahren bin ich erschrocken, wie viel ich verdrängt hatte, nämlich in welcher eisigen, autoritären Atmosphäre das Gespräch stattfand, wie hier Macht demonstriert wurde und Ohnmacht erzeugt werden sollte. Bezogen z.B. auf die Anwesenheit des Freundes hieß es: „Brauchen Sie immer jemanden, der Ihnen Mut macht? Ich hoffe doch sehr, daß Sie nicht darauf angewiesen sind!“

Das eigentliche Gespräch eröffnete dann Herr Dr. Reichl mit den Worten: „Dies ist keine Inquisition. (…) Sie brauchen hier keine Namen zu nennen. Wir wollen Sie nicht zum Denunzianten machen!“ Die Verwendung eines derartigen Vokabulars kennzeichnete von vornherein den Charakter der „Anhörung“. Meine sehr kurze Stellungnahme verärgerte dann den Inquisitor: „Ist das alles?“ Denn daraus ließen sich nicht viele Fallstricke knüpfen. Das Gespräch zog sich noch eine Weile hin und Dr. Reischl versuchte mich immer wieder in die Enge zu treiben. Dann wurde mir das Protokoll, das in Steno gehalten war, vorgelesen. Ich merkte an, dass ich kein Steno könne. Antwort: „Dafür wird es ihnen ja vorgelesen. Mißtrauen ist hier völlig fehl am Platze.“

Ergebnis der 1. „Anhörung“

Vier Monate später, am 15. April 1975, wird mir das Ergebnis der „Anhörung“ mitgeteilt:

„Das Kultusministerium Baden-Württemberg hat mit Erlaß vom 24. März 1975 Pers. Salomon, Andreas/3 verfügt, daß unter Berücksichtigung des Ergebnisses Ihrer Anhörung Ihre sofortige Entlassung aus dem Vorbereitungsdienst nicht voll gerechtfertigt sei. Es soll Ihnen die Möglichkeit gegeben werden, Ihre Ausbildung abzuschließen.

Dem Kultusministerium Baden-Württemberg erscheint Ihre spätere Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe als Studienassessor nicht für vertretbar. Das Oberschulamt ist aufgefordert, Ihnen dies bereits jetzt mitzuteilen.“ (8)

Politischer Standpunkt

Das Ergebnis der „Anhörung“ war zweifellos deprimierend, aber zu erwarten gewesen. Denn ich hatte bei der „Anhörung“ vor der Alternative gestanden, entweder alle Vorwürfe von mir zu weisen und einen Gesinnungswandel zu behaupten, also zu Kreuze zu kriechen, oder bei der Wahrheit zu bleiben und offen zu meinen politischen Überzeugungen zu stehen. Für mich wie für die meisten meiner Freundinnen und Freunde aus dem KBW (nicht für alle) war damals klar, dass wir diesem Staat mit offenem Visier entgegentreten wollten. Und das war auch die politische Linie des „Kommunistischen Bundes Westdeutschland“. Wir kämpften für das Grundrecht auf Meinungsfreiheit, zumal der KBW keine verbotene Partei war. Wir wandten uns gegen die Knebelung durch die Beamtengesetze und traten für eine freimütige, offene Debatte überall im öffentlichen Dienst ein, zumal es um das Bildungswesen sehr schlecht bestellt war. Gerade die Berufsverbote zeigten uns und Tausend anderen, dass der Staat versuchte, seine Kritiker*innen mundtot zu machen, uns allen einen Maulkorb zu verpassen, Ängste zu verbreiten und uns einzuschüchtern. Woher wusste denn das Oberschulamt von meinen Aktivitäten an der Uni Freiburg? Einzig vom Verfassungsschutz, der das seinerzeitige „Wahlinfo“ (9) in Freiburg eingesammelt hatte und von dem das Innenministerium dann diese Angaben erfuhr. Dieses gab die für brisant gehaltenen Informationen (also die „gerichtsverwertbaren“) dann an die Einstellungsbehörden, die Oberschulämter, weiter. Dass hier die Demokratie auf der Strecke blieb, stand außer Frage. Eine unglaubliche Hexenjagd brach los und die große Stunde der Schnüffler*innen hatte bundesweit geschlagen. Zudem wurden auch die Teilnahme an Demonstrationen und anderen politischen Veranstaltungen sowie DDR-Besuche und vieles mehr sorgfältig überwacht, registriert und später den Bewerber*innen für den öffentlichen Dienst vorgehalten.

Vorbereitung des Kampfes für meine Weiterbeschäftigung

In Rastatt nutzte ich die Zeit, um die Lage vor Ort zu sondieren. Es gab neben unserer Minigruppe des KBW eine Ortsgruppe der „Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft“ (GEW), eine „DGB-Jugendgruppe“ und eine „Schülerbasisgruppe“ und natürlich die Schülerinnen und Schüler der acht Klassen, in denen ich im Laufe der folgenden Monate unterrichtete, sowie deren Eltern. Ich nahm bald zu den verschiedenen Gruppen Kontakte auf. Zunächst noch sehr zurückhaltend, aber ab Herbst begann ich zunehmend über mein drohendes Berufsverbot zu informieren.

Die Referendar*innen des Landes machen mobil

Als Referendarsprecher meines Kurses am Studienseminar in Karlsruhe konnte ich am 6. Dezember 1975 erreichen, dass die „Landessprecherkonferenz der Studienreferendare von Baden-Württemberg einstimmig eine Presseerklärung gegen die politische Überprüfung auf Grundlage des „Schieß-Erlasses“ verabschiedete. Der Schieß-Erlass, benannt nach dem baden-württembergischen Innenminister Schieß, enthielt die landesspezifischen Durchführungsbestimmungen des bundesweiten Ministerpräsidentenbeschlusses.

Inzwischen waren auch Sozialdemokrat*innen vom Berufsverbot betroffen, FDP-Mitglieder, Gewerkschafter*innen, selbst Lokomotivführer und Briefträger. Gefordert wurde in der Presseerklärung einmütig das Recht auf freie Meinungs- und Informationsfreiheit. In der Erklärung der Landessprecherkonferenz hieß es: „Wir brauchen dieses Recht, um uns auch als Lehrer offen mit Kollegen, Schülern und Eltern über die wachsenden Missstände im Schulwesen auseinandersetzen zu können, um diese auch bei Maßnahmen gegen solche Missstände wie z.B. Unterrichtsausfall und Lehrermangel zu unterstützen.“ (10) Außerdem wurde „die Übernahme von Andreas Salomon in das Beamtenverhältnis auf Probe“ gefordert.

Erstes Flugblatt an der Schule in Rastatt und die Folgen

Anfang Januar 1976, genauer am 22. Januar, begann dann der Kampf am Gymnasium in Rastatt, indem von einer Schülerinitiative, die sich zu meinem drohenden Berufsverbot gebildet hatte, ein erstes Flugblatt frühmorgens vor der Schule verteilt wurde, und zwar gleichzeitig an allen fünf Eingängen. „Andreas Salomon vom Berufsverbot bedroht!“ (11) lautete die fette Überschrift. Unterzeichnet hatte eine Schülerin der 12. Klasse. Das Flugblatt schlug erwartungsgemäß wie eine Bombe ein. Es informierte über die Ursachen des drohenden Berufsverbotes und beklagte, dass die diesbezüglichen Vorgänge hinter verschlossenen Türen abliefen und Schüler*innen, Eltern und Lehrer*innen davon ausgeschlossen blieben. Es wird auf die miserablen Unterrichtsbedingungen gerade auch an dieser Schule verwiesen und darauf, dass das geplante neue Schulgesetz die sowieso schon eingeschränkte Demokratie noch weiter einschränke. Für Diskussionen bestünde also großer Bedarf.

Die Reaktionen in den folgenden Tagen waren heftig: Mir wurde vom Direktor der Schule verboten, mit Schüler*innen über mein Berufsverbot zu sprechen. Ich durfte keine Einladungen in Klassen annehmen und mir wurde mit einer frühzeitigen Beendigung meines Referendariats gedroht. Und auch die Schüler*innen, die mich unterstützt hatten, wurden mit angedrohten Schulverweisen unter Druck gesetzt. Die Eltern der volljährigen Schülerin, die für das Flugblatt verantwortlich gezeichnet hatte, wurden zu Hause angerufen. Und natürlich schickte Direktor Dieterle das Flugblatt sofort ans Oberschulamt, wie später aus meiner Personalakte hervorging. Ich selbst wurde von ihm aufgefordert, sofort Ruhe zu geben, meine sämtlichen politischen Aktivitäten einzustellen, ein 2. „Anhörungs“verfahren zu beantragen und dabei meiner Gesinnung abzuschwören.

Dennoch ließen von 45 Kolleginnen und Kollegen sich sieben nicht einschüchtern und unterschrieben eine Resolution, in der es u.a. hieß: „Wir halten es für richtig, daß Herr Salomon uns über die gegen ihn erhobenen Vorwürfe informiert.“ (12) Gleichzeitig wurden trotz aller Drohungen von Schülerinnen und Schülern die ersten Unterschriftensammlungen organisiert, und am Tage darauf hängten Mitglieder der Schülerinitiative eine große Wandzeitung mit dem Titel „Referendar Salomon unter Redeverbot gestellt!“ (13) auf, die das Direktorat kurz darauf wieder abnehmen ließ. Die daran beteiligten Schüler*innen bedrohte es mit Schulverweisen.

Die Vertreter*innen aller Klassen werden vom Direktor auf Linie gebracht

Wenige Tage später wurden die Vertreter*innen der Schülerinnen und Schüler aller Klassen vom Direktorat auf Linie gebracht. Sie wurden an einem meiner freien Tage zusammengerufen. Einer dieser Schüler*innen fuhr aber mit dem Rad, so schnell er konnte, zu meiner Wohnung und benachrichtigte mich. Wir eilten zur Schule. Da fing der Direktor gerade mit seiner Ansprache an. Ich ging sofort nach vorne und stellte mich zu seiner größten Verärgerung in einigem Abstand neben ihn. Immer wenn er eine kurze Pause machte, fuhr ich dazwischen und hielt meine Argumente für Rede- und Informationsfreiheit seinen Worten nach sofortiger Beendigung der Auseinandersetzung und Beantragung eines 2. „Anhörungs“verfahrens entgegen. Als er zunehmend merkte, dass ihm die Felle davonschwammen, bedrohte er im Vorfeld alle Schüler*innen, die mich unterstützen würden, mit befristetem Schulausschluss und gab mir die „dienstliche Anweisung“, den Raum zu verlassen. Daraufhin forderte ich die Schüler*innen auf, selbst über meine weitere Anwesenheit zu entscheiden und abzustimmen. Um diese Willenskundgebung zu verhindern, breitete er beide Arme aus und drängte mich so aus dem Raum. Dieser Rausschmiss führte allen Schülerinnen und Schülern drastisch vor Augen, wie es um die freie Debatte, ja überhaupt um die Demokratie an dieser Schule bestellt war.

Hausverbot als Ultima Ratio

Weil ich nicht mehr mit Schüler*innen über mein drohendes Berufsverbot sprechen durfte, verteilte ich am 9. Februar eine „Persönliche Erklärung“ (14), damit Schüler*innen und Lehrer*innen die aktuelle Debatte an der Schule noch besser nachvollziehen und mitdiskutieren könnten. Sofort eilte der Direktor hinzu und schrie mich an: „Hören Sie sofort auf! Sie spinnen! Schlafen Sie sich erstmal aus!“ Er untersagte die weitere Verteilung und erteilte mir sofortiges Hausverbot.

Für die sechste Stunde wurde eine Personalversammlung einberufen, an der ich, wie ich kurz darauf erfuhr, trotz Hausverbot teilnehmen sollte. Direktor Dieterle wollte sich dort das Hausverbot vom Kollegium bestätigen lassen. Die Schulleitung ließ mich auf der Versammlung meinen Standpunkt darlegen, stellte ihren eigenen Standpunkt der Unrechtmäßigkeit meines Verhaltens dagegen und behauptete, ein sofortiges Hausverbot sei jetzt unbedingt erforderlich. In einem Brief an das Oberschulamt vom gleichen Tag schrieb Direktor Dieterle: Das Hausverbot ist nötig „wegen hartnäckiger Störung des Unterrichtsbetriebes, wegen bewußter Hetze und Agitation und wegen wiederholten Verstoßes gegen klare dienstliche Anweisungen“ (15). Die Abstimmung erfolgte geheim, die Referendar*innen durften nicht mit abstimmen. Ergebnis: 24 Lehrkräfte für Hausverbot, 15 dagegen, 3 Enthaltungen. Ein Kollege fragte noch, ob ich nicht wenigstens an den zwei demnächst bevorstehenden Tagen zu meinen Prüfungslehrproben an die Schule dürfte. Doch selbst das wurde abgelehnt.

Doch Oberstudiendirektor Dieterle, der das Oberschulamt „um unverzügliche Reaktion“ gebeten hatte, hatte sich zu früh gefreut. Ich hatte noch am gleichen Tag Widerspruch bei der Schuldirektion eingelegt (16) und darauf hingewiesen, dass ein Hausverbot, wie es mir mein Anwalt gesagt hatte, gegen das Beamtenrecht verstoße. Und das sah das Oberschulamt genauso. Schon nach zwei Tagen wurde das Hausverbot vom Oberschulamt Karlsruhe wieder aufgehoben.

2. „Anhörungs“verfahren beim Oberschulamt

Bereits am folgenden Tag erhielt ich erneut Post vom Oberschulamt Karlsruhe: Darin hieß es:

„Betr.: Verhalten des Studienreferendars

           Andreas S a l o m o n

Sehr geehrter Herr Salomon!

Das Ludwig-Wilhelm-Gymnasium Rastatt hat mit Bericht vom 9.2.1976 hinsichtlich Ihres Verhaltens im Dienst Beschwerde erhoben.

Zur Klärung des Sachverhaltes und um Ihnen die Möglichkeit der dienstlichen Äußerung hierzu zu geben, werden Sie gebeten, zu einer dienstlichen Anhörung am Freitag, dem 13. Februar 1976, 14 Uhr, beim Oberschulamt Karlsruhe, Hebelstr. 2 (Zimmer 215) vorzu-sprechen. Hochachtungsvoll Dr. Unruh, Präsident“ (17)

Über die „Anhörung“, die dann verschoben wurde und erst am 18. Februar stattfand, liegt ein achtseitiges offizielles Protokoll vor. (18)

Damals saß ich nicht nur Dr. Reichl gegenüber, sondern auch noch dem Vizepräsidenten Klar (übrigens der Vater des ehemaligen Mitglieds der Baader-Meinhof-Gruppe Christian Klar) und dem Oberstudiendirektor Dieterle. Ich hatte meinerseits den Landessprecher der Studienreferendar*innen Baden-Württembergs, Herrn Dieter Mössinger, mitgebracht.

Im Wesentlichen wurde anhand des schriftlichen Berichtes des Direktors der Schule über den Kampf am Ludwig-Wilhelm-Gymnasium gegen mein drohendes Berufsverbot gesprochen. Man wollte, dass ich die Vorgänge jetzt persönlich bestätigte.

Die Fragen waren streckenweise ausgesprochen banal, denn man interessierte sich immer wieder dafür, ob ich Informationen zu meinem drohenden Berufsverbot an Schüler*innen weitergegeben hätte, was doch völlig klar war. Direktor Dieterle hatte in seinem Schreiben u.a. auch von der Objektivität meines Unterrichts gesprochen, aber das interessierte hier niemanden. Als ich darauf zu sprechen kam, dass mir „Redeverbot“ an der Schule auferlegt worden war, war die Antwort: „Herr Salomon, Sie sind Beamter und Sie werden darauf hingewiesen, daß Sie als Beamter sich einer geordneten und höflichen Redeweise zu befleißigen haben. Worte wie ‚Redeverbot‘ sind hier völlig unangebracht.“ In Klammern heißt es im Protokoll: „Der Beamte lacht während dieses Hinweises.“ Ich erfahre dann, ich hätte kein „Redeverbot“ bekommen, sondern die Aufforderung erhalten, „in dienstlichen Dingen die Amtsverschwiegenheit zu wahren.“ Es ging grundsätzlich in dieser „Anhörung“ nur darum, durch Bestätigung meinerseits gerichtsverwertbare Fakten zu sammeln. Einige Fragen ließ ich unbeantwortet und bat, die Antwort schriftlich nachreichen zu dürfen. Zwei Wochen später, am 25. Februar, ließ ich die Herren vom Oberschulamt dann in einer ausführlichen Stellungnahme (19) wissen, warum ich statt für Amtsverschwiegenheit für eine breite offene politische Debatte eintrete, warum ich Kritik an diesem miserablen Bildungswesen und der Ausstattung der Schulen hätte und warum ich in einem Rauswurf aus einer Veranstaltung und einem Hausverbot „Schikanen“ sähe.

Dem Oberschulamt war inzwischen klar geworden, dass die Stimmung am Rastatter Ludwig-Wilhelm-Gymnasium zunehmend explosiv wurde und dass ich schleunigst aus dem Verkehr gezogen werden müsste. So erhielt ich ein Schreiben vom 4. März 1976 (20), dass ich zum 8. März an das Helmholtz-Gymnasium in Karlsruhe abgeordnet werde.

In Rastatt waren also die Tage gezählt. Es gab noch einen Informationsstand in der Stadt (21) und am 5. März führte die kleine Ortsgruppe des KBW noch eine Veranstaltung in einer öffentlichen Gaststätte (22) mit 45 Teilnehmer*innen durch, bei der eine Resolution (23) für meine Einstellung verabschiedet wurde. Außerdem stellte ich eine Dokumentation (24) zu meinem Berufsverbot zusammen. Dann musste ich meine Zelte abbrechen. Dass die Auseinandersetzungen an dieser Schule sicher noch lange weitergingen, darf man annehmen.

Gewerkschaftsausschluss

Bevor ich nun von den Ereignissen am Helmholtz-Gymnasium in Karlsruhe berichten werde, will ich ein besonders unerfreuliches Kapitel des Kampfes gegen mein Berufsverbot einschieben, nämlich meine Erfahrungen mit der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW).

Schon im Laufe des Jahres 1975 war ich dieser Gewerkschaft beigetreten, was sowieso grundsätzlich meinen politischen Überzeugungen entsprach, mir aber angesichts des bevorstehenden Berufsverbots auch als dringend notwendig erschien. Denn ich hoffte, von dieser Seite intensive Unterstützung in meinem Kampf zu bekommen.

Am 2. Februar 1976 fand in Rastatt ein lockeres Beisammensein der GEW-Mitglieder der Kleinstadt statt, bei dem ich über mein drohendes Berufsverbot berichtete. Die GEW-Kolleginnen und -Kollegen waren der Ansicht, dass diese Geschichte bei der nächsten Kreisvorstandssitzung zentraler Tagesordnungspunkt werden müsse. Darüber unterrichtete ich am 11. Februar den Kreisvorsitzenden Bruckner. (25) Zur gleichen Zeit stellte ich beim Hauptvorstand der GEW einen Antrag auf Rechtsschutz. Vier Wochen später, am 8. März schrieb mir der KV-Vorsitzende Bruckner zurück, dass trotz aller Unterlagen, die ich vorgelegt hätte, noch „verschiedene Fragen offengeblieben“ seien. (26) Ich sei zur nächsten Kreisvorstandssitzung am 17. März 1976 um 18.30 Uhr nach Sandweiler ins Gasthaus „Linde“ eingeladen. Dort vertrat ich vor zahlreichen Kolleginnen und Kollegen meine Positionen und beantwortete alle Fragen mit dem Resultat eines Briefes am nächsten Tag von besagtem Kreisvorsitzenden, in dem dieser erklärt:

  1. „Der Kreisvorstand sieht sich leider außerstande, den Kollegen Salomon in seiner Auseinandersetzung mit dem Oberschulamt Karlsruhe, nach Beendigung seiner Referendarzeit in das Beamtenverhältnis auf Probe übernommen zu werden, zu unterstützen. Grundlage dieses Beschlusses waren seine vorgelegten Unterlagen, die in diesem Zusammenhang verbreiteten Flugblätter sowie die in der Vorstandssitzung am 17.3.76 von ihm persönlich abgegebenen Erklärungen und Erläuterungen.
  2.  Der Kreisvorstand fordert den Kollegen Salomon nachdrücklich auf, sich künftig im Zusammenhang mit dieser seiner Auseinandersetzung mit dem Oberschulamt Karlsruhe nicht mehr auf die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft zu berufen.“

Der Brief endet mit der Floskel: „Mit kollegialen Grüßen Ihr H. Bruckner, Kreisvorsitzender“. (27)

In diesen Tagen hakt auch die Bundesstelle für Rechtsschutz bei der GEW nach, indem Kollege Garmatz um weitere Unterlagen bittet.

Zwei Monate später, am 10. Juni, erhalte ich dann vom Hauptvorstand der GEW folgendes Einschreiben:

„Sehr geehrter Herr Salomon,

Sie unterstützen den ‚Kommunistische Bund Westdeutschland (KBW)‘ bzw. sind für ihn tätig. Zum Beispiel haben Sie am 8. Mai 1976 auf der oberen Poststraße in Rastatt die ‚Kommunistische Volkszeitung (KVZ)‘ zum Verkauf angeboten. Auch die Kandidatur im Februar 1974 für die ‚Kommunistische Hochschulgruppe (KHG)‘ auf der ‚Liste Demokratischer Kampf‘ zum Studentenrat der Universität Freiburg wird von Ihnen in ihrer ‚Persönlichen Erklärung an die Schüler, Eltern und Kollegen des Rastatter LWG‘ nicht bestritten. Diese politischen Tätigkeiten sind nach einem Beschluß des DGB-Bundesvorstandes vom 3. Oktober 1973 in der Fassung vom 2. Juli 1974 mit der Mitgliedschaft in einer DGB-Gewerkschaft unvereinbar. Beim Hauptvorstand der GEW ist daher Ihr Ausschluß aus unserer Gewerkschaft beantragt worden. Der Antrag wird in der Sitzung des Hauptvorstandes im September 1976 beraten werden. (28)

Am 13. September wird mir dann vom Hauptvorstand der GEW mein Gewerkschaftsausschluss, der bereits zum 11. September erfolgte, schriftlich mitgeteilt. (29) Ohne Rechtsschutz der GEW war es nicht mehr möglich, den Rechtsweg gegen mein Berufsverbot zu beschreiten. Ich war nun auch kein „Kollege“ mehr, sondern wurde mit „Werter Herr Salomon“ angesprochen.

Bleibt die Frage noch offen, woher der Hauptvorstand in Frankfurt wusste, dass ich am 8. Mai 1976 auf der oberen Poststraße in Rastatt die „Kommunistische Volkszeitung“ verkauft hatte. Mir fiel ein, dass genau an diesem Tage die Ortsvorsitzende der GEW Frau Johanna Rössner an besagtem Stand ein Exemplar der „Kommunistischen Volkszeitung“ von mir erworben hatte. Damit hatte sie ganz offenbar nichts Eiligeres zu tun, als mich zu denunzieren. Als Grund meines Ausschlusses aus der GEW wurden dieser Verkauf der „Kommunistischen Volkszeitung“ genannt sowie meine Kandidatur zum Studentenparlament in Freiburg. Wörtlich heißt es in der Ausschlussmitteilung: „Dies stellt eine Tätigkeit für den bzw. Unterstützung des ‚Kommunistischen Bundes Westdeutschland (KBW)‘ dar.“ Anschließend wird auf den Unvereinbarkeitsbeschluss verwiesen. Es ging also nicht um eine Mitgliedschaft, sondern lediglich um eine „Unterstützung“.

Zeitlich gesehen war die Gewerkschaft mit meinem Ausschluss sogar noch schneller als der Staat, denn mein endgültiger Ablehnungsbescheid des Staates als Beamter auf Probe erreichte mich erst 16 Tage später am 30. September 1976 (30), doch dazu an anderer Stelle. Zunächst möchte ich mit den Auseinandersetzungen am Karlsruher Helmholtz-Gymnasium fortfahren.

Druck im Kessel des Karlsruher Helmholtz-Gymnasium

Um den wachsenden Widerstand in Rastatt zu ersticken, hatte man mich in die Großstadt Karlsruhe versetzt, was den Kampf gegen mein drohendes Berufsverbot erfreulicherweise enorm belebte. Hier hatte es schon mehrere Berufsverbote vor mir gegeben und nicht nur die linke politische Szene war aktiviert und gegen Berufsverbote gut organisiert, sondern auch die Schüler*innen des Gymnasiums schienen nur darauf gewartet zu haben, sich gegen die Missstände an ihrer Schule auflehnen zu können und eine Initiative, die „Initiative Salomon“, gegen mein Berufsverbot zu gründen. Endlich traute sich jemand und noch dazu ein Lehrer, sich offen zur Situation an der Schule zu äußern. Sowohl in den Klassen wie im Lehrer*innenzimmer prangerte ich als erstes an, dass viele Stühle kaputt waren, die Fenster sich oft nicht schließen ließen, Löcher in den Türen waren, z.T. die Klinken oder auch schon mal die ganze Tür fehlten, im Musiksaal Wasser von der Decke tropfte, manche Heizungen nicht abzudrehen waren, auf Toiletten meist kein Papier sowie keine Handtücher waren usw.

Durch den Verkauf der Dokumentation zu meinem Berufsverbot sprach sich überdies schnell herum, wer dieser neue junge Lehrer war, der an den Schulbüchern Kritik übte und den Geographieunterricht durch aktuelle Tagesbezüge belebte. Die Schüler*innen, die ich unterrichtete, begannen aufzuwachen. Schon bald wurden Flugblätter von der „Schülerinitiative Salomon“ geschrieben und Wandzeitungen zu meinem drohenden Berufsverbot aufgehängt.

Zu meiner 3. „Anhörung“ beim Oberschulamt am 30. April 1976 begleiteten mich 12 Schülerinnen und Schüler, um sich solidarisch zu zeigen. Als sie nicht mit hineindurften, setzten sie sich auf die Eingangstreppe, wo es zu einem Zwischenfall kam. Als ein Bediensteter von innen nicht schnell genug durch die Tür ins Freie kam, warf er sich gegen die Tür und schlug anschließend draußen voller Wut einem Schüler die Faust ins Gesicht, wodurch sich dieser eine Schädelprellung zuzog.

Mich begleitete diesmal zur 3. „Anhörung“ eine Kollegin des Helmholtz-Gymnasiums, die mit mir gleich zu Beginn meiner Arbeit an der Schule Kontakt aufgenommen hatte und erfreut war, endlich einen Bündnisgenossen gefunden zu haben. Zur Strafe bekam sie anschließend vom Direktor gleich vier unangekündigte Unterrichtsbesuche. Mir selbst wurde auf dem Oberschulamt lediglich mitgeteilt, ich dürfe meine Ausbildung fertig machen, da sie kurz vor dem Ende stünde, dürfe aber nicht im schulischen Bereich meinen Fall erörtern.

Dieses Verbot einzuhalten war schon längst nicht mehr möglich, die ganze Schule sprach darüber. An die 400 Unterschriften waren in kürzester Zeit gesammelt worden. Im Pausenhof hielten Schüler*innen und ich per Megafon Ansprachen und forderten das demokratische Recht auf Meinungsfreiheit. Gleichzeitig forderten wir die Lehrerinnen und Lehrer auf, sich dafür und für freie politische Betätigung in der Schule und natürlich auch dafür, dass ich weiterbeschäftigt werden müsse, einzusetzen.

Als bei einer Konferenz ein Schüler vom Direktor fertig gemacht wurde, weil er ein linkes Plakat aufgehängt hatte, wandte ich mich als einziger entschieden dagegen. Lähmendes Entsetzen im Kollegium, dass dem Direktor widersprochen wurde. Doch fünf Kolleg*innen sprachen mich nach der Konferenz darauf an, unterstützten mich, warnten aber, wer so etwas tue, dessen Beförderung werde auf Jahre hinaus verzögert werden.

Dann erschien das 1. Flugblatt mit dem Titel „Andreas Salomon erhält Berufsverbot!!!“, in dem von den Rastatter Vorfällen berichtet und mitgeteilt wurde, dass „bereits erste Fälle von Eingriffen in die Informations- und Meinungsfreiheit an unserer Schule“ (31) stattgefunden hätten. So sei der Zettel mit der Aufforderung, mich zum Oberschulamt zu begleiten, durch die Direktion vom Schwarzen Brett entfernt worden. Zudem wurde über die Vorfälle beim Oberschulamt berichtet, dann von den Missständen an der eigenen Schule und Zeit und Ort für das nächste Treffen der Initiative mitgeteilt: jeden Mittwoch, 16-18 Uhr, in der „Nickelklause“, in der Amalienstraße. Daneben stand noch in Klammern: Bier 1.80 DM.

Die Unruhe an der Schule schlug noch größere Wellen, als mein betreuender Mentor, Herr Schaller, einem Schüler eine Ohrfeige gab, dass ihm das Blut aus der Nase floss. Dieser hatte zuvor mit einem Kartenständer die Tür so blockiert, dass der unbeliebte Lehrer und die Klasse eingesperrt waren. Es dauerte nicht lange, bis eine riesige Wandzeitung den Sachverhalt öffentlich machte. Der besagte Lehrer wurde dabei beobachtet, wie er das Blut auf der Toilette aufwischte.

Direktor Öfterle kam gegen die Welle des Widerstandes zunehmend nicht mehr an und hörte irgendwann auf, die Plakate und Flugblätter abzuhängen. Auf Tafeln in den Klassenzimmern stand während des Unterrichts „Andreas Salomon muss Lehrer bleiben!“. Und dem Direktor blieb nur noch, draußen an der Klassenzimmertür zu horchen und dann plötzlich in den Raum zu stürzen, wenn er meinte, es würde über mein Berufsverbot diskutiert. Alle Lehrer*innen mussten ihm jetzt ihre Arbeitsblätter zur Zensur vorlegen. Aber er war eindeutig in die Defensive geraten. Als letztes Mittel fiel ihm nur noch ein, den Personalrat zu instrumentalisieren. Dieser schrieb am 3. Mai ans Oberschulamt:

„Herr Salomon wurde an unsere Schule versetzt, weil er an seiner früheren Schule wegen seiner Aktivitäten untragbar geworden war. Der Vergleich der Aktivitäten, die Herr Salomon in der kurzen Zeit an unserer Schule entfaltet hat, mit der von ihm vertriebenen Dokumentation, macht eine schnelle Eskalation äußerst wahrscheinlich. Im Verlauf dieser Eskalation sind die uns aus den vergangenen Jahren nur zu sehr bekannten Störungen des Unterrichts mit allen unliebsamen Folgen zu befürchten. Daher bitten wir das Oberschulamt Karlsruhe um eine sofortige Versetzung von Herrn Salomon an eine andere Schule.“ (32)

Eine Woche später griff Direktor Öftering selbst zur Feder. Am 14. Mai schrieb er ans Oberschulamt:

„Die Aktivitäten des Studienreferendars gehen in steigendem Umfang weiter. Täglich finden irgendwo Diskussionen statt. Durch sogenannte Schülerinitiativen wird immer wieder versucht, ihn zu Diskussionen in den Unterricht einzuladen. Bei den Schülern des Helmholtz-Gymnasiums hat sich eine aktive Gruppe von Schülern zusammengefunden, die ohne die Anwesenheit von Herrn Salomon am Helmholtz-Gymnasium bedeutungslos geblieben wäre. Im Lehrerkollegium sind eine Spaltung und ein Überhandnehmen von politischen Gesprächen festzustellen. Die Entwicklung bei den Schülern als auch im Lehrerkollegium führt zu sehr unerfreulichen Zuständen. Ich bitte um Beendigung des Arbeitsverhältnisses von Herrn Salomon am Helmholtz-Gymnasium.“ (33)

Dem Schreiben waren Briefe und Aushänge der Schüler*innen, Zeitungsartikel der Ortspresse und dergleichen mehr beigelegt.

Abschließend ergänzte er:

„Inzwischen wurde mir beiliegender Antrag für eine SMV-Sitzung überreicht. Ich stehe auf dem Standpunkt, daß für diese Diskussion keine Unterrichtszeit zur Verfügung gestellt werden kann. Da man mir versichert hat, daß das Oberschulamt und die ‚Badische Neueste Nachrichten‘ bereits eingeladen wären, sind mir die Hände gebunden.“

Sechs Wochen später schrieb er erneut, jetzt verzweifelt, weil ich immer noch da war:

„… Er wartet nur auf eine harte Konfrontation ähnlich wie im März am Rastatter Gymnasium und erhofft, die dabei entstehenden Emotionen für seine Zwecke einsetzen zu können. Die Schulleitung ist dadurch seit Wochen bei allen Aktionen der Schülerinitiative zu einem sehr passiven Verhalten gezwungen.“ (34)

Er wiederholte seine bereits geäußerte Kritik an meinem Verhalten und sprach davon, dass ich eine „fast untragbare Belastung für die Schule“ sei.

Parallel zu den Vorgängen in der Schule fand der Kampf gegen mein drohendes Berufsverbot längst auch an anderen Karlsruher Schulen statt, deren Schüler*innenvertretungen alle informiert worden waren. Die „Initiative Karlsruher Schüler gegen die Berufsverbote“ machte mobil und verteilte Flugblätter: „Wieder ein Berufsverbot in Karlsruhe“ (35) und rief zu einer Veranstaltung mit dem Titel „Für die Weiterbeschäftigung von Andreas Salomon!“ am 25. Juni auf. Von allen Seiten kamen Solidaritätsadressen und die Bewegung für meine Weiterbeschäftigung weitete sich immer mehr aus. Aber die Uhr tickte, das Ende meines Referendariats war erreicht.

Im Studienseminar in Karlsruhe gab es einen Aushang für alle Studienreferendar*innen mit der Angabe, an welcher Schule sie nun weiterarbeiten dürften. Nach meinem Namen suchte ich vergebens. Ich hatte zwar nichts anderes erwartet, aber trotzdem empfand ich es doch als bitter. Tröstlich war für mich allerdings ein Satz, den die Helmholtz-Schüler*innen in einem Flugblatt schrieben: „Wir erreichten zwar nicht, daß Andreas weiterbeschäftigt wurde, aber wir erkannten, daß wir uns zusammenschließen müssen, um etwas zu erreichen.“ (36)

Ablehnungsbescheid

Bevor ich dazu komme, wie es nach meinem Referendariat weiterging, welche Folgen also das Berufsverbot hatte, will ich noch auf die abschließend offiziell genannten Gründe für mein Berufsverbot eingehen, auch wenn ich den Bescheid (37) erst Ende September erhielt.

Der siebenseitige Ablehnungsbescheid ist auf zwei Argumenten aufgebaut. Zum einen ist es, wie bereits in der 1. „Anhörung“ mitgeteilt wurde, meine Kandidatur bei die Studentenratswahlen 1974 in Freiburg als Angehöriger der dortigen „Kommunistischen Hochschulgruppe“ und zum anderen mein Nichteinhalten der Amtsverschwiegenheit als Referendar, denn ich hätte mit meinem drohenden Berufsverbot nie in die Öffentlichkeit gehen dürfen.

Ausführlich wird auf das Programm des KBW eingegangen und dabei besonders auf den dort skizzierten Weg zum Sozialismus, der weder in meiner konkreten Politik in Freiburg noch in Rastatt oder Karlsruhe eine Rolle gespielt hatte. Und gerügt wurde auch mein „erheblich agitatorisches Verhalten“, sodass in Bezug auf mich Zweifel gegeben wären, „daß der Bewerber als Beamter seine Dienstpflichten gewissenhaft erfüllen wird“. Natürlich werden mit keinem Wort meine beiden guten bis sehr guten Staatsexamen erwähnt und damit meine Fähigkeiten als Lehrer, den die Schülerinnen und Schüler und auch – soweit ich weiß – deren Eltern gerne behalten hätten.

Am Pädagogium in Baden-Baden

War der Kampf um meine Weiterbeschäftigung gescheitert, so begannen nun die unmittelbaren Folgen des Berufsverbotes, wenn man davon absieht, dass mein ganzes Referendariat ja bereits erheblich unter den Auswirkungen der Bedrohung vom Berufsverbot gelitten und mit erheblichen zusätzlichen Belastungen verbunden war.

Da das staatliche Berufsverbot vorauszusehen war, hatte ich mich rechtzeitig an dem nahegelegenen Privatgymnasium „Pädagogium“ in Baden-Baden beworben und dort auch einen Vertrag erhalten. Vom Berufsverbot hatte ich natürlich nichts erzählt, sondern vom freien Unterrichten an einer Privatschule geschwärmt. Beim Anblick meiner Noten war die Schulleitung begeistert. Aber die Freude sollte nicht lange anhalten. Nach wenigen Wochen sprach mich der Direktor und CDU-Stadtrat Büchler an: „Da gab es Unruhen an zwei Schulen in Rastatt und Karlsruhe, aber damit haben Sie doch sicher nichts zu tun.“ „Nein, nein“, erwiderte ich und er gab sich zunächst damit zufrieden. Aber schon zwei Wochen später, nämlich am 24. September 1976, meinem 27. Geburtstag, kam er wieder auf mich zu: „Sie sind es doch gewesen! Ich kündige Ihnen fristlos. Lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende! Ich gebe Ihnen 3000 DM und den Schülern sagen wir, sie seien plötzlich erkrankt.“ Dieses Angebot wies ich natürlich entschieden zurück. Die Mitglieder der Schülerinitiative aus Karlsruhe machten noch einen Versuch, die Schüler*innen vom „Pädagogium“ auf ihre Seite zu ziehen und organisierten in Baden-Baden eine Veranstaltung. Ich rechnete nicht mit allzu viel Besuch. Sie verteilten ein Flugblatt vor der Schule, in dem sie über die Missstände am „Pädagogium“ berichteten, von denen ich ihnen erzählt hatte. Und zu meiner Überraschung war der Saal dann mit mehr als hundertfünfzig Schülerinnen und Schülern absolut überfüllt. Doch mir fiel auf, dass an jedem Tisch eine Lehrkraft saß und auch der Direktor persönlich anwesend war.

Die Musikbox wurde ununterbrochen bedient, alle redeten lautstark miteinander und man verstand sein eigenes Wort nicht mehr. Ich stieg auf einen Stuhl und versuchte, mir Gehör zu verschaffen. Aber es wurde nur noch lauter. Wir wurden ganz offensichtlich boykottiert, die Schüler*innen waren einseitig beeinflusst und uns gegenüber mit Redeverbot belegt worden. Als ich von Tisch zu Tisch ging, drehten sich die Schüler*innen weg, mit denen ich mich bis gestern noch so gut verstanden hatte. Hier durfte es keine Diskussion mehr geben. Es stand offenbar viel auf dem Spiel und die Schulleitung schien allen Grund zu haben, auf diese Art einem Gespräch über die Zustände am „Pädagogium“ und über mein Berufsverbot aus dem Weg zu gehen. Denn an der Schule lag in der Tat vieles, sehr vieles im Argen. So räumten wir das Feld. Für mich war es menschlich sehr bitter, wie die Schüler*innen gegen mich aufgebracht worden waren. Und ich spürte, dass jetzt mein eigentliches Berufsverbot langsam begann, nämlich damit, dass ich zunehmend kein berufliches Betätigungsfeld mehr hatte.

Es gab in der Kurstadt Baden-Baden zwar noch einige Zeit Debatten, vor allem weil die linke Stadtzeitung „Maulwurf“ sich des Themas angenommen hatte, und es gab auch Lehrer, die sich bei mir meldeten, weil sie an dieser Schule auch einmal herausgeflogen waren, aber Mitte Oktober verglühte das Feuer langsam. Es blieb mir aber der Satz auf einem Flugblatt der „Liga gegen den Imperialismus“ in Erinnerung:

„Der Fall Salomon hat viele Menschen wieder wachgerüttelt und ihnen gezeigt, daß politische Verfolgung und Unterdrückung allgegenwärtig sind. Deshalb darf niemand beim Kampf gegen den Abbau demokratischer Rechte abseitsstehen.“ (38)

Hilfsarbeiter bei der Möbelfirma „Richard Tritsch“ in Malsch

Meine Lehrerkarriere war beendet und ich suchte jetzt Arbeit jeder Art, denn das Geld wurde knapp und einen Anspruch auf Arbeitslosengeld hatte ich nicht. So ging ich von Firma zu Firma, von Fabrik zu Fabrik, um mich als Hilfsarbeiter anzubieten. Nach 40 Versuchen klappte es in dem kleinen Dorf Malsch zwischen Rastatt und Karlsruhe. Die Büromöbelfabrik „Richard Tritsch“ stellte mich als Hilfsarbeiter zu einem Lohn von 8,10 DM brutto ein, um die Halle auszukehren und kleinere Handlangerdienste zu verrichten.

Bald stellte ich fest, dass es keinen Betriebsrat gab und traf erste Vorbereitung zu dessen Gründung. Dazu versuchte ich, in die Holzarbeiter-Gewerkschaft einzutreten und stellte einen Aufnahmeantrag. Deren Vertreter*innen in Rastatt erfuhren aber von ihrer Zentrale in Bochum von meinem Gewerkschaftsausschluss aus der GEW und hatten nichts Eiligeres zu tun, als nicht nur meine Aufnahme abzulehnen, sondern auch unverzüglich meinen Gewerkschaftsausschluss und die Gründe dafür dem Betrieb mitzuteilen. Dies erzählte mir der Techniker des Holzbetriebes, der mir wohlgesonnen war, hinter vorgehaltener Hand und der Bitte, darüber zu schweigen.

Kurz vor Weihnachten wurden wir wegen guter Auftragslage zu Überstunden aufgefordert. Es kam in der Werkshalle zu Betriebsversammlungen, bei denen uns Entsprechendes mitgeteilt wurde. Ich wusste aus vielen Gesprächen mit den Kollegen, dass niemand Lust hatte, in der Vorweihnachtszeit zusätzlich zu arbeiten. Aber diese schwiegen. Da meldete ich mich, alle schauten verdutzt zu mir, und dann vertrat ich konsequent die Interessen aller. Am nächsten Tag war ich gekündigt. Begründung: „… wir sind zu der Überzeugung gekommen, daß wir in Ihre Tätigkeit nicht die Erwartungen setzen können, die unser Betrieb verlangt“. (39) Die Voraussetzungen waren offensichtlich: sich anpassen und die Klappe halten.

Arbeitslos

Nun begannen Wochen und Monate der Arbeitslosigkeit. Mein Ordner ist gefüllt mit Absagen. Weder an anderen Privatschulen noch in der sogenannten freien Wirtschaft klappte es. Die Privatschulen bekamen in Baden-Württemberg keine Genehmigung, mich anzustellen. Mein Berufsverbot war ein landesweites geworden. Mir blieb nichts anderes mehr übrig, als meinen Vater um finanzielle Unterstützung zu bitten, meine Wohnung aufzulösen und bei meiner Freundin mit in deren winziges Zimmer zu ziehen. Inzwischen war ich auch wegen zunehmender inhaltlicher Kontroversen aus dem „Kommunistischen Bund Westdeutschland“ ausgetreten und hatte dadurch nur noch wenige soziale Kontakte.

Ich bewarb mich in der „Milchzentrale“ Karlsruhe, bei der Haarkosmetikfirma „L´Oreal“ und einem Betrieb, der Särge herstellte. Ich schrieb auf Annoncen nach Bingen, St. Gallen, Bensheim, St. Blasien, Essen und Regensburg (40), um mir schließlich eine für Arbeitslose preiswerte Jahreskarte für den Karlsruher Zoo zu kaufen. Dann sah ich ein Schild in Karlsruhe an einem Geschäft der Kette „Montanus Aktuell“: „Verkäufer gesucht!“ Nichts wie hinein! „Tut mir leid, der Posten ist schon besetzt, aber in Mannheim brauchen wir noch jemanden.“ Ich zögerte nicht lange und griff zu. In einem nur einwöchigen Schnellkurs im Heidelberger Geschäft von „Montanus“ wurde ich fit gemacht, um in Mannheim gleich die Tätigkeit des Filialleiters zu übernehmen. Dort konnte man Schallplatten kaufen, Bücher und unzählige Zeitschriften. Der Laden war ziemlich heruntergewirtschaftet und mir traute man eigenartigerweise zu, ihn wieder in Schwung zu bringen. Der Job wurde aber äußerst schlecht bezahlt, und da ich jeden Tag von Karlsruhe nach Mannheim fahren musste, war ich immer zwölf Stunden unterwegs. Das hatte keine Perspektive.

Wollte ich doch noch als Lehrer arbeiten, musste ich Baden-Württemberg verlassen. So bewarb ich mich in verschiedenen anderen Bundesländern, bereit ins „Exil“ zu gehen, und erhielt eine Zusage für ein Landschulheim im bayerischen Stein an der Traun.

Lehrer und Erzieher in Stein an der Traun

Um kurz nach dem Umzug nicht gleich wieder die Koffer packen zu müssen, unterrichtete ich diesmal vorab Herrn Ziegler, den Leiter des Landschulheims, über mein Berufsverbot. Hier in Stein, weitab von den Rastatter und Karlsruher Kämpfen, hoffte ich, erst einmal zur Ruhe zu kommen, und ich erzählte weder Lehrer*innen und Erzieher*innen noch Schülerinnen und Schülern etwas von meiner politischen Vergangenheit. Das ging wenige Monate gut. Allerdings wurde ich mit Arbeit nur so überhäuft, wurde entgegen der Zusage, nur als Lehrer tätig zu sein, auch noch als Erzieher eingesetzt, musste im Landschulheim anstatt im Dorf Stein eine Wohnung beziehen und war für mein Lehrergehalt bei 15 Stunden Unterricht buchstäblich rund um die Uhr im Dienst. Geregelte Dienstzeiten für Erzieher*innen gab es nicht. Nur der Montag war frei. Als ich daraufhin für den Betriebsrat kandidieren wollte, wurde mir das untersagt. Der Leiter des Landschulheims, besagter Herr Ziegler, rief mich eines Nachts um 22.30 Uhr an, ich möge bitte gleich in seine Wohnung kommen und bedeutete mir dort, wenn ich politisch aktiv würde, dann könne er nicht mehr für meine Unterrichtsgenehmigung garantieren. Wieder wurde mir ein Maulkorb verpasst.

Wenig später wollte es der Zufall, dass ein Schüler der Oberstufe ein Telefonat bei offener Tür des Direktorats mithörte, bei dem Herr Ziegler sagte: „Ja, durchaus, Herr Salomon ist ein guter Lehrer, aber wir mussten in Kauf nehmen, dass er beim Staat Berufsverbot bekommen hat.“ Dieser Schüler wusste von der bundesweiten Bewegung gegen die Berufsverbote und fragte mich prompt, wofür ich es denn erhalten hätte. Und er hatte natürlich auch schon anderen davon erzählt. So sprach es sich herum und kam auch irgendwann bei den Eltern an. Und diese machten Druck, sodass ich nicht zu halten war. Wieder musste ich weiterziehen. Einige Wochen wohnte ich in der kleinen Küche eines GEW-Kollegen, dessen Frau mir den Tipp gab, es an der „Privaten Wirtschaftsschule Dr. Kalscheuer“ zu versuchen. So kam ich nach Rosenheim.

Lehrer an der „Privaten Wirtschaftsschule Dr. Kalscheuer“ in Rosenheim

Jetzt zog ich wieder die Taktik vor, die ich in Baden-Baden angewandt hatte: lieber niemandem etwas von meinem Berufsverbot zu sagen und zu hoffen, dass ich hier bleiben könnte. Vorsichtshalber richtete ich mich nicht ein, sondern schlief die ersten zwei Jahre auf einer Matratze am Boden, hatte meine Kleidung in Pappkartons untergebracht und mich mit wenigen billigen gebrauchten Möbeln eingerichtet. Ich wollte zunächst abwarten. An der Schule war ich ein absoluter Exot mit Bart und etwas längeren Haaren, denn hier ging es streng konservativ und kleinbürgerlich zu. Die Männer trugen weitgehend Anzüge mit Krawatten, die Frauen Kostüme. Sehr gerne lieferten sich zwei Kriegsveteranen erhitzte Debatten. Auf meine Cordhosen deutend, sagte die Frau des Direktors vor der 1. Konferenz zu mir: „Jeans sind an unserer Schule nicht erlaubt.“ Sobald täglich der letzte Schulklingelton zu hören war, ergriff ich die Flucht. Meine Heimat hatte ich in der örtlichen GEW-Gruppe und bei der Redaktion der alternativen Zeitung „Buschtrommel“ gefunden, für die ich vorsichtshalber unter Pseudonym schrieb.

Nach vielleicht ein bis zwei Jahren wurde ich überraschend zum Direktor gerufen, und es sollte sich zeigen, dass meine Vorsicht durchaus begründet war. Es sei ein Schreiben von der Polizei gegen mich und einen Kollegen eingegangen, in dem schwere Vorwürfe erhoben worden seien. Falls sie stimmten, würde uns die staatliche Unterrichtsgenehmigung entzogen werden. Viele Behauptungen in dem Schreiben, die sich alle auf unseren Unterricht bezogen, waren schnell zu widerlegen. Hängen blieb, ich habe Schüler*innen aufgefordert, in die Rosenheimer AStA-Kneipe zu gehen, um sich Filme gegen Kernkraftenergie anzusehen. Deren Inhalte seien Gegenstand von Schulprüfungen gewesen. Das war aber, wie ich richtigstellen konnte, nur die halbe Wahrheit gewesen. Denn natürlich hatten wir die Atomkraft von beiden Seiten beleuchtet. Ein weiterer Vorwurf hieß, wir hätten Reklame für ein kommunistisches Regime gemacht, und zwar für eines mit sowjetischer Prägung. Dies wies ich als ehemaliger Maoist entschieden als aus der Luft gegriffen zurück und das war es wohl auch. Der politisch absolut unbescholtene Kollege und ich mussten lange Stellungnahmen aufsetzen. Es dauerte gute zwei Monate, bis ein Schreiben vom Ministerium kam, dass sich die Vorwürfe nicht hätten erhärten lassen und dass das Verfahren eingestellt worden sei. Meine Nachfrage bei der Rosenheimer Polizei ergab, das Schreiben sei anonym von Elternseite eingegangen. Dem schenkte ich wenig Glauben. Ich hatte aber doppeltes Glück im Unglück. Die Schüler*innen, die sich als Spitzel betätigt hatten, waren wie deren Eltern nicht sonderlich helle gewesen und hatten das Schreiben an die Polizei sehr dilettantisch aufgesetzt. Zudem war der ebenfalls betroffene Kollege ein ausgesprochen unverdächtiger, angepasster Lehrer gewesen, der zuvor noch nie durch progressive politische Äußerungen aufgefallen war und sich sichtlich empört zeigte.

Im Laufe der Jahre änderte sich die Situation im Lehrer*innenzimmer. Man fing an, die Krawatte abzulegen oder auch das Jackett, denn es schien mit Blick auf mich ja auch anders zu gehen. Ich selbst war inzwischen wieder Mitglied der GEW geworden. Nicht weil man mich wieder aufgenommen hätte, sondern weil ich in Bayern einfach wieder (illegal) eingetreten war. Und es kam ein weiterer neuer junger Kollege an die Schule, der den traditionellen Kleiderzwang genauso wie ich ablehnte und mit dem ich mich schnell anfreundete, auch weil er in der GEW war. Außerdem segneten die alten reaktionären Veteranen das Zeitliche. So wagte ich mich langsam immer mehr aus meinem Versteck heraus und begann offen als Gewerkschafter für die Interessen der Kolleginnen und Kollegen einzutreten. Auf diese Weise ließ sich mit der Zeit ein Drittel der Kolleg*innen für die GEW gewinnen. Und wir bauten trotz manchem Gegenwind der Geschäftsführung einen Betriebsrat auf. Das Kollegium wählte mich zum Betriebsratsvorsitzenden. Eine versöhnlerische Politik kam für mich natürlich nicht in Frage und so wehte mir der Wind der Geschäftsführung mächtig ins Gesicht. Es gab Ärger über Ärger, von dem ich hier aber nur eine Flut von anonymen Telefonanrufen erwähnen möchte, als ich eine erneute Kandidatur für die nächste Wahlperiode ankündigte. Meine Wiederwahl konnte aber auch so nicht verhindert werden. Zu jeder Betriebsversammlung kam das Kollegium vollzählig. Ich muss hier abbrechen, um wieder direkt auf mein Berufsverbot zu sprechen zu kommen. Ich war Jahrzehnte darauf bedacht, dass es geheim blieb, und nur sehr vertraute Kolleginnen und Kollegen wussten davon. Die Angst, dass wieder alles von vorne losgehen könnte, verschwand bei mir nie. Denn es war klar, würden die Eltern auch an dieser Privatschule von dem Berufsverbot erfahren, dann wäre in dem äußerst konservativen Rosenheim genauso wie in Baden-Baden oder Stein ein weiteres Bleiben nicht mehr möglich.

Leben mit Berufsverbot

Das Berufsverbot hält bis heute an, dauerte also während meiner gesamten Berufszeit an und wird mich bis zum Tode begleiten. Kurz vor dem Beginn der Rente traute ich mich erstmals wieder, im Kampf gegen Berufsverbote in die Öffentlichkeit zu gehen: Ich sprach dazu 2012 in Göttingen auf einer Konferenz der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft, wie es andere auch taten. Dort hatte sich eine große Zahl seinerzeit Betroffener zusammengefunden und der damalige GEW-Vorsitzende Ulrich Thöne verkündete am zweiten Tag für alle überraschend, dass der Hauptvorstand die Unvereinbarkeitsbeschlüsse aufgehoben habe. Deswegen waren 40 Jahre zuvor, wie an meinem Beispiel vor Augen geführt, zahlreiche Kolleginnen und Kollegen aus der Gewerkschaft hinausgeflogen. Um diese Aufhebung hatte ich die letzten zehn Jahre mit dem Hauptvorstand in Frankfurt gestritten. Sicher hatten das andere auch getan, sodass endlich beim Hauptvorstand der GEW die Erkenntnis gereift war, wie unsolidarisch man seinerzeit gehandelt hatte. Voller Freude nahmen wir die Entschuldigung entgegen. Der Schritt, den die GEW getan hat, steht aber bei den meisten Landesregierungen noch aus.

Der Ministerpräsidentenbeschluss vom 28. Januar 1972 besteht noch immer, und das Thema ist nicht vom Tisch. In Bayern, Thüringen und teilweise auch in Baden-Württemberg gibt es auch heute noch einen Fragebogen bzw. Formulare, mit denen jede Bewerberin, jeder Bewerber für den öffentlichen Dienst aufgefordert wird, sich von Gruppen zu distanzieren, „die als ‚linksextremistisch‘ diffamiert werden“. (41) Und auch neue Berufsverbote gab es in den letzten Jahren, wenn auch wenige.

Zurückblickend hat das Berufsverbot mein ganzes Leben verändert. Meine Vorstellung, als Gymnasiallehrer zu unterrichten, konnte ich nur sehr kurze Zeit verwirklichen. In Rosenheim aber hatte ich meist den Eindruck, dass die Schülerinnen und Schüler an der privaten Wirtschaftsschule mich dringender als die Gymnasiast*innen brauchten.

Mit der Geschäftsführung stand ich erwartungsgemäß aufgrund meines konsequenten Eintretens für die Rechte der Kolleginnen und Kollegen sowie meiner eigenen ständig auf dem Kriegsfuß, besonders nachdem ich noch mehrere Prozesse geführt hatte, um die Bezahlung von Überstunden zu erreichen. Das war oft sehr anstrengend. Zudem muss man an einer Privatschule generell mehr arbeiten, wird nicht befördert und bekommt als Angestellter deutlich weniger bezahlt. Zudem lag bei uns der Lohn die letzten zehn Jahre auch noch erheblich unter Tarif. Außerdem beziehen im Alter Angestellte bekanntermaßen statt einer üppigen Pension eine deutlich geringere Rente. Ich habe überschlagen, dass das Berufsverbot mich bisher an die 500.000 Euro gekostet hat.

Nicht immer war es leicht, das Berufsverbot anzunehmen, und ich habe schon manchmal damit gehadert, damals so offen und ehrlich gehandelt zu haben, denn mit 25 Jahren überblickt man natürlich nicht, welche Konsequenzen sich für ein ganzes Leben daraus ergeben. Aber irgendwann habe ich diesen Zeitabschnitt mit allem, was daraus folgte, angenommen und als wesentlichen Teil meines Lebens begriffen. Und heute erfüllt es mich mit Zufriedenheit, nie eingeknickt zu sein und mir immer die Freiheit bewahrt zu haben, von meinem Recht auf Informations- und Meinungsfreiheit Gebrauch gemacht zu haben, auch wenn ich dabei vielen Widerständen begegnete und manches taktische Vorgehen dabei erforderlich war und ist.

Heute, besonders zum 50. Jahrestag der Gesetzesgrundlage der Berufsverbote, fordern die ehemals vom Berufsverbot Betroffenen und alle, die solidarisch an ihrer Seite stehen, endlich die Aufhebung aller Berufsverbote sowie eine Rehabilitierung und vollständige finanzielle Entschädigung aller Betroffener.

Aktuelle Lage

Lasst mich noch einige Worte zur momentan aktuellen Situation anschließen:

Die Diskussionen, die die Linke damals u.a. führte, wie ein Leben jenseits des Kapitalismus aussehen müsste, gewinnen wieder an Aktualität. Es muss ein Leben sein, das auf der Grundlage einer verwirklichten Demokratie zu gestalten ist und von Prinzipien des Humanismus und des Pazifismus genauso gekennzeichnet sein muss wie von absoluter Gleichberechtigung und Akzeptanz aller Menschen. Wir dürfen nie nachlassen, die Verwirklichung der Anerkennung der Würde jedes einzelnen Menschen einzufordern, wozu ich natürlich ausdrücklich die Flüchtlinge zähle, aber auch alle anderen Gedemütigten und Erniedrigten. Und wenn die Zeit dafür reif ist, muss in einer neuen Gesellschaftsform diese Würde wirklich unantastbar und nicht nur ein Lippenbekenntnis dafür sein. Wir wollen ein Leben, in dem sich innere Freiheit verwirklichen lässt, wozu die äußere Freiheit die Voraussetzungen schaffen muss.

So etwas wie Berufsverbote darf es nie wieder geben!

Wenn es uns aber nicht gelingt, jeder Spielart von Rassismus, Antisemitismus und Faschismus entschieden entgegenzutreten und uns mit aller Kraft für den Erhalt des Planeten Erde einzusetzen, dann werden es die nächsten Generationen sehr, sehr schwer haben.

Anmerkungen

(sämtliche Schriftsätze, Flugblätter, Erklärungen und Resolutionen im „Archiv Andreas Salomon“)

  1. Frisch, Peter: Extremistenbeschluss, Leverkusen 1977, S. 144
  2. Frisch, Peter: Extremistenbeschluss, Leverkusen 1977, S. 144
  3. Lipps, Klaus: Geleitwort der Initiativgruppe „40 Jahre Radikalenerlass“, in: Wer ist denn hier der Verfassungsfeind! Radikalenerlass, Berufsverbote und was von ihnen geblieben ist. Köln 2019, S. 11
  4. Lipps, Klaus: Geleitwort, S. 11
  5. Schreiben des Oberschulamtes Karlsruhe an die Staatlichen Schulämter, Direktionen der öffentlichen Gymnasien und die Direktionen der beruflichen Schulen vom 25. Juni 1974 zur politischen Betätigung der Bediensteten des öffentlichen Dienstes („Anti-Solidaritätserlass“)
  6. Schreiben des Oberschulamtes Karlsruhe an Studienreferendar Andreas Salomon vom 24. Januar 1975 (Nr. AV 5008/359) mit Vorladung zur 1. „Anhörung“ zwecks Überprüfung der Pflicht zur Verfassungstreue im öffentlichen Dienst
  7. Gedächtnisprotokoll vom Verlauf der 1. „Anhörung“ beim Oberschulamt Karlsruhe vom 24.01.1975, angefertigt von Andreas Salomon und dessen Begleiter Dieter Beyermann
  8. Schreiben des Oberschulamtes Karlsruhe an Studienreferendar Andreas Salomon vom 15. April 1975. Nr. (AV 5008/432). Mitteilung des Ergebnisses der 1. „Anhörung“
  9. Wahlinfo zu den Studentenratswahlen im Februar 1974 vom 30.1.1974 an der Universität Freiburg mit der „Liste Demokratischer Kampf“. Archiv Andreas Salomon
  10. Presserklärung der Landessprecherkonferenz aller Studienseminare des Landes Baden-Württemberg vom 6.12.1975
  11. 1. Flugblatt der „Schülerinitiative gegen das Berufsverbot von Andreas Salomon“ am Rastatter Ludwig-Wilhelm-Gymnasium, verteilt vor der Schule am 22.01.1976
  12. „Erklärung der Kolleginnen und Kollegen des Rastatter Ludwig-Wilhelm-Gymnasiums zum drohenden Berufsverbot des Ref. Salomon“, wenige Tage nach der Verteilung des 1. Flugblattes vom 22.01.1976
  13. Text der Wandzeitung, aufgehängt im Ludwig-Wilhelm-Gymnasium in Rastatt am 26.01.1976. Archiv Andreas Salomon
  14. „Persönliche Erklärung von Andreas Salomon an die Schüler, Eltern u. Kollegen des Rastatter LWG“, verteilt vor der Schule am 9.2.1976
  15. Schreiben von Oberstudiendirektor Dieterle des Rastatter Ludwig-Wilhelm-Gymnasiums an das Oberschulamt Karlsruhe vom 9. Februar 1976 (Teil meiner Personalakte)
  16. Widerspruch des Referendars Andreas Salomon vom 11.02.1976 gegen sein Hausverbot gegenüber der Schulleitung des Ludwig-Wilhelm -Gymnasiums Rastatt
  17. Schreiben des Oberschulamtes Karlsruhe (U III P Salomon, Andreas/6) an den Studienreferendar Andreas Salomon vom 11. Februar 1976 mit der Vorladung zu einer 2. „Anhörung“ am Freitag, den 13. Februar 1976 im Oberschulamt Karlsruhe
  18. Schreiben des Oberschulamtes Karlsruhe (U III P Salomon, Andreas/6) an Studienreferendar Andreas Salomon vom 20. Februar 1976 mit dem offiziellen Protokoll über die 2. „Anhörung“
  19. Schreiben von Andreas Salomon vom 25.02.1976 an das Oberschulamt Karlsruhe mit nachgereichter Beantwortung von zunächst offengelassenen Fragen während der 2. „Anhörung“
  20. Schreiben des Oberschulamtes Karlsruhe (U III P Salomon, Andreas/9) an Studienreferendar Andreas Salomon vom 4. März 1976 mit Mitteilung der Versetzung an das Karlsruher Helmholtz-Gymnasium
  21. Bescheinigung der Stadt Rastatt für die Genehmigung eines Informationsstandes zum Thema „Weiterbeschäftigung von Andreas Salomon im Schuldienst“ am 28. Februar 1976 in Rastatt, Bahnhofstraße/Ecke Kapellenstraße von 10 Uhr – 13 Uhr
  22. Veranstaltung der Ortsgruppe des KBW im „Türkenlouis“, Rastatt, Bahnhofstraße, 5. März, 20 Uhr zum Thema „Andreas Salomon muß im Schuldienst bleiben! Weg mit Ministerpräsidentenerlaß und Schießerlaß! Für freie politische und gewerkschaftliche Betätigung im öffentlichen Dienst“. Siehe dazu das Einladungsflugblatt
  23. Resolution „Andreas Salomon muss im Schuldienst bleiben!“, verabschiedet auf der Veranstaltung vom 5. März 1976 in Rastatt mit einer Gegenstimme und zwei Enthaltungen (bei 45 Teilnehmer*innen). Veröffentlicht auf Flugblatt des „Aktionskomitees für die Weiterbeschäftigung von Andreas Salomon“
  24. „Dokumentation zum drohenden Berufsverbot von Andreas Salomon“ über die Vorgänge in Rastatt (23 Seiten)
  25. Schreiben von Andreas Salomon an den GEW-Kreisvorsitzenden Bruckner in Baden-Baden vom 11.02.1976 mit der Information über den Wunsch der Rastatter GEW-Kolleginnen und Kollegen, mein Berufsverbot möge im Kreisvorstand besprochen werden
  26. Schreiben des GEW-Kreisvorsitzenden Bruckner vom 8. März 1976 mit der Einladung zur nächsten Kreisvorstandssitzung am 17.3. in Sandweier
  27. Schreiben des GEW-Kreisvorsitzenden Bruckner vom 18.3.1976 an Andreas Salomon mit der Mitteilung, dass er in seiner Auseinandersetzung mit dem Oberschulamt keine Unterstützung von der GEW erhalten werde
  28. Schreiben des GEW-Hauptvorstandes an Andreas Salomon vom 10. Juni 1976, dass wegen der Unvereinbarkeitsbeschlüsse der Ausschluss aus der Gewerkschaft beantragt sei und im September beraten werde
  29. Schreiben des Hauptvorstandes der GEW an Andreas Salomon vom 13. September 1976, in dem der Gewerkschaftsausschluss, bereits seit dem 11. September, mitgeteilt wird
  30. Schreiben vom Oberschulamt Karlsruhe an Andreas Salomon vom 30. September 1976 (V 5008/404), das seinen endgültigen Ablehnungsbescheid beinhaltet
  31. Flugblatt der „Initiative Salomon“ der Schülerinnen und Schüler am Helmholtz-Gymnasium in Karlsruhe mit dem Titel: „Andreas Salomon erhält Berufsverbot“, Anfang Mai 1976
  32. Schreiben des Personalrats des Helmholtz-Gymnasiums Karlsruhe an das Oberschulamt vom 3. Mai 1976 mit der Bitte um eine sofortige Versetzung von Herrn Salomon an eine andere Schule (Schreiben war Bestandteil meiner Personalakte)
  33. Schreiben von Oberstudiendirektor Oeftering des Karlsruher Helmholtz-Gymnasiums an das Oberschulamt zu Händen von Herrn Abteilungsdirektor Reichl vom 14.5.1976. Es wird berichtet über die Aktivitäten des Referendars Salomon bezüglich seines Berufsverbotes. (Schreiben war Bestandteil der Personalakte)
  34. Schreiben von Oberstudiendirektor Oeftering des Karlsruher Helmholtz-Gymnasiums an das Oberschulamt zu Händen von Herrn Abteilungsdirektor Reichl vom 21.6.1976. Weiterer Bericht über den Schulkampf (Schreiben war Bestandteil der Personalakte)
  35. Flugblatt „Wieder ein Berufsverbot in Karlsruhe“ der „Initiative Karlsruher Schüler gegen Berufsverbote“ (ohne Datum)
  36. Flugblatt „Pädagogium: Geldschieberei, Unterdrückung, Berufsverbot. Salomon muß Lehrer bleiben!“ (ohne Datum), verteilt von der „Initiative der Helmholtzschüler gegen das Berufsverbot für Andreas Salomon“ in Baden-Baden vor dem „Pädagogium“
  37. siehe Anmerkung 30
  38. Flugblatt „Nehmen wir den Kampf gegen die politische Unterdrückung auf!“, verteilt von der „Liga gegen den Imperialismus“ in Baden-Baden am 14.10.1976
  39. Kündigungsschreiben der Büromöbelfabrik „Richard Tritsch“ in Malsch vom 26.11.1976
  40. Die entsprechenden Absagen liegen schriftlich vor.
  41. Lipps, Klaus: Geleitwort der Initiativgruppe „40 Jahre Radikalenerlass“, in: Wer ist denn hier der Verfassungsfeind!“, S. 12

 

Andreas Salomon, Oktober 2021