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Wir haben gut gekämpft, aber es gibt wenig zu feiern

Zum Tarifabschluss: Nach langer Diskussion melden auch wir GEW Studis FAU uns mit einer Einschätzung zur Tarifrunde und zum Abschluss. Zuerst einmal: Wir haben richtig gut gekämpft! So viel gewerkschaftliche Aktion und Bewegung an der FAU gab es in der jüngeren Zeit noch nie!

In dieser Tarifrunde haben wir gemeinsam mit ver.di erstmals das Instrument der Arbeitsstreiks eingesetzt, um die an der Uni herrschende Vereinzelung zu durchbrechen. Und das hatte vollen Erfolg: Am Hochschulaktionstag waren wir mit 400 Kolleginnen und Kollegen von der FAU, der Ohm, Hochschule Ansbach und EvHN auf der Straße um gegen Unterfinanzierung, Befristung und prekäre Wissenschaft zu streiken. Bibliotheken waren geschlossen und Seminare sind ausgefallen. Auch bei den studentischen Beschäftigten gab es im Vergleich zur letzten Tarifrunde eine Steigerung.

Ein besonderer Dank geht raus an die Kolleginnen und Kollegen vom Studierendenwerk, die in dieser Tarifrunde gezeigt haben, wie auch Hochschulen effektiv bestreikt werden können! Am Hochschulaktionstag haben sie die Kitas, zwei Cafeterien und die Hauptmensa dicht gemacht, am großen Streikfinale waren quasi alle Mensen und Cafeterien bis auf die Hauptmensa (dort aber auch nur eingeschränktes Angebot) dicht.

Was kam nun raus? Ab dem 1. November 2024 werden die monatlichen Tabellenent­gelte um einen Sockelbetrag von 200€ erhöht, die zum 1. Februar 2025 um weitere 5,5 Prozent erhöht werden. Wenn damit keine Erhöhung um 340€ erreicht wird, wird der betref­fende Erhöhungsbetrag auf 340€ gesetzt. Die Laufzeit beträgt 25 Monate bis zum 31. Oktober 2025. Im Mittel bedeutet das über die Laufzeit eine Lohnerhöhung um etwa 11%.

Nach Prognose anerkannter Wirtschaftsinstitute wird die Inflation im Jahr 2023 etwa 2,5% und im Jahr 2024 etwa 2% betragen. Über die Laufzeit hinweg beträgt die Inflation in Summe also etwa 4,6%. Sollten diese Prognosen etwa so eintreten, bedeutet das in der Laufzeit des aktuellen Abschluss eine Reallohnsteigerung um etwa 6%.

Allerdings (!) muss diese Steigerung im Kontext der letzten Tarifrunde gesehen werden. Beim Abschluss 2021, der bis Herbst 2023 lief, wurde eine Lohnerhöhung um 2,8% vereinbart. Währenddessen betrug die Inflation in diesen Jahren etwa 13,4%. So ergeben sich etwa 9,4% Reallohnverlust innerhalb der Laufzeit des letzten Tarifvertrags.

In Summe liegt der jetzige Abschluss also deutlich über der prognostizierten Inflation der nächsten zwei Jahre, schafft es aber nicht, die Reallohnverluste des letzten Abschlusses auszugleichen. Zum Ende der Laufzeit (also Ende 2025) sind die Reallöhne im Tarifvertrag der Länder also etwa 3,8% niedriger als 2021. Und zusätzlich führt die lange Laufzeit dazu, dass wir für 2 Jahre erstmal auf dieses Ergebnis festgenagelt werden.

Die Reallohnverluste der bei den Ländern Beschäftigten finden dabei nicht im luftleeren Raum statt. Insbesondere im Jahr 2022 gab es insgesamt in Deutschland einen starken Reallohnverlust von 4% gegenüber dem Vorjahr. Die Kosten verschiedener schwerer Krisen werden von den abhängig Beschäftigten bezahlt. Die Reichen konnten im selben Zeitraum ihre Vermögen weiter vermehren. Im Übrigen ist der Staat in Deutschland durchaus zahlungsfähig und zahlungskräftig. Zusätzlich zu 100 Milliarden Sondervermögen für die deutsche Hochrüstung wird auch der reguläre Militärhaushalt weiter erhöht. Geld ist also genug da – wir müssen es uns nur holen.

Aber wie schaffen wir das? Auch wenn die Streikbeteiligung in dieser Tarifrunde spürbar höher war als 2021, streikt in Erlangen und bundesweit weiterhin nur ein kleiner Teil der im Geltungsbereich des TV­L Beschäftigten – und das hat, wie man am Ergebnis sieht, handfeste Folgen. Unter diesen Voraussetzungen ist nicht klar, ob unsere Tarifkommission relevant mehr hätte herausholen können. Und in der Krise ist der Staat als Arbeitgeber nicht mal mehr zu kleinsten Zugeständnissen an uns bereit. Es gilt deshalb umso mehr: Um bessere Abschlüsse zu erreichen, müssen sich deutlich mehr Kolleginnen und Kollegen gewerkschaftlich organisieren und beteiligen.

Zu den studentischen Beschäftigten: Auch wenn es in dieser Tarifrunde keine Tarifierung der Arbeitsbedingungen für die bundesweit über 300.000 studentischen Beschäftigen gibt, konnten wir mit der schuldrechtlichen Vereinbarung im Tarifvertrag erste Teilerfolge erzielen: Erstmalig wurden nun von Gewerkschaften und Arbeitgebern gemeinsame Regelungen für uns festgelegt, anstatt wie bisher nur einseitig durch die Tarifgemeinschaft der Länder. Statt einem Lohn­Deckel wie bisher gibt es nun einen Mindestlohn, mit dem auch die bis jetzt herrschende unsägliche Trennung in Ost und West aufgehoben wurde.

Für studentische Beschäftigte ohne Abschluss gibt es zum Sommersemester (SoSe) 2024 einen Mindestlohn von 13,25€ pro Stunde. Zu diesem Zeitpunkt wird der gesetzliche Mindestlohn 12,41€ pro Stunde betragen. Der Mindestlohn für studentische Beschäftigte steigt zum SoSe 2025 auf 13,98€. Zu diesem Zeitpunkt wird der gesetzliche Mindestlohn 12,82€ betragen. Außerdem wurde eine “Mindestvertragslaufzeit” (mit der Möglichkeit auf Ausnahmen) für studentische Beschäftigte von einem Jahr eingeführt. Inwiefern die Ausnahmen zur Regel werden, wird sich zeigen. Eine große Aufgabe wird für uns nun sein, gemeinsam mit den Personalrät:innen und Gewerkschaftssekretär:innen die Umsetzung der schuldrechtlichen Vereinbarung vor Ort zu überwachen und im Zweifel mit den Gewerkschaften kollektiv dagegen zu klagen.

Nachdem studentisch Beschäftigte weiterhin nicht regulär im Tarifvertrag der Länder eingebunden sind, wird ihre Tarifierung auch in der nächsten Tarifrunde wieder Forderung und Verhandlungsgegenstand sein. Um das durchsetzen, bleibt die Erhöhung der Beteiligung auch hier der Schlüssel. Wir haben also viel vor und brauchen dabei eure Unterstützung – schaut doch im neuen Jahr mal bei eurer stabilen gewerkschaftlichen Hochschulgruppe vorbei!