Das Problem
»Nach der letzten externen Evaluation soll unsere Schule, also wir Lehrer, eine Zielvereinbarung treffen.«
»Bei meinem letzten Mitarbeitergespräch gab es Streit um meine Dienstauffassung. Ich komme unpünktlich und mein amtliches Schriftwesen ist nicht in Ordnung.«
»Von meiner Klasse haben sich immer wieder Eltern über mich beschwert. Jetzt soll ich/sollen wir eine Zielvereinbarung mit der Schulleitung und dem Schulamt unterschreiben. Muss ich mich/müssen wir uns auf eine solche Zielvereinbarung einlassen?«
Die Rechtslage im Überblick
Als Instrument der Personalführung können Zielvereinbarungen auch mit Beamtinnen und Beamten abgeschlossen werden.1 Da dafür keine eigenständigen Regelungen existieren, ist es empfehlenswert, sich an den Regelungen im Tarifrecht zu orientieren. Im Bayerischen Beamtengesetz ist das Instrument der Zielvereinbarung aber nicht aufgeführt. Daher gilt sie für bayerische Beamt:innen als nicht verpflichtend.
Für Schulen und Schulleitungen findet die Zielvereinbarung Erwähnung bei den Aufgaben der Schulaufsicht2 und den Aufgaben der Evaluation als Vereinbarungen mit den Schulen und nicht zwischen Schulleitungen oder Schulaufsicht und Einzelpersonen.3
Definition von Zielvereinbarungen4
- Verbindliche Absprachen zwischen zwei hierarchischen Ebenen, die nicht auf andere Vertragspartner oder Dienststellen übertragbar sind,
- für einen festgelegten Zeitraum (in der Regel ein Jahr),
- über zu erreichende Wirkungen/Ergebnisse,
- über die zu erbringenden Leistungen,
- die hierzu bereit gestellten Ressourcen,
- (Kurzformel: Wer Was/Wozu Wann Womit)
- über das Berichtswesen sowie
- das Verfahren bei Abweichungen.
Zielvereinbarungen zur Mitarbeiter:innenbeurteilung
Berücksichtigt man beamt:innenrechtliche Grundlagen zur Beurteilung und die Grundlagen des § 18 TVöD zu Instrumenten der Leistungserfassung, so bietet sich ein modulares System an: Dies kann z. B. die drei Komponenten Befähigung (und Eignung), Leistungserfassung im Sinne einer systematischen Leistungsbewertung und Zielvereinbarungen beinhalten. Die Befähigung und Leistung kann bei Beamt:innen erfasst werden, mit systematischer Leistungsbewertung und/oder Zielvereinbarungen kann bei Beschäftigten gearbeitet werden.
Dies würde in der Praxis zu einem sehr aufwendigen und als wenig gerecht empfundenen Modell führen, da in der Praxis Beamt:innen und Beschäftigte oft an zwei Schreibtischen nebeneinander vergleichbare Tätigkeiten ausüben.5
Zielvereinbarungen zur Schulentwicklung
Im schulischen Entwicklungsprozess sind Zielvereinbarungen auf mehreren Ebenen von Bedeutung. Zum einen schaffen Ziele Orientierung und Handlungssicherheit. Die Vereinbarung von wenigen, konkreten Zielen entlastet die Schule. Die oftmals vielfältigen Vorhaben, Teilziele und Projekte der Schule werden miteinander in Beziehung gesetzt, gebündelt und priorisiert. Vorhandene Ressourcen können so gezielter eingesetzt werden. Deshalb ist es ratsam, sich abhängig von den Ressourcen auf drei bis vier Ziele zu beschränken.
Werden bei der Zielfindung alle Beteiligten einbezogen, wirkt sich das zum anderen positiv auf deren Motivation, Identifikation und Leistungsbereitschaft aus. Dazu gehören das Kollegium, das Betreuungspersonal, Vertreterinnen und Vertreter der Schüler:innenschaft und der Eltern, das technische und Verwaltungspersonal sowie Schulträger.
Darüber hinaus lässt sich nur mithilfe von Zielen und Indikatoren überprüfen und bewerten, ob ein Ziel erreicht wurde. Eine solche Erfolgskontrolle bietet einerseits Bestätigung für die geleistete Arbeit und zeigt andererseits weitere Entwicklungspotenziale auf. Damit bildet sie wiederum den Ausgangspunkt für neue Entwicklungsvorhaben.
Integration von Zielvereinbarungen in schulische Qualitätsentwicklung
Zielvereinbarungen sind der erste Schritt eines umfangreichen Qualitätsmanagementkreislaufs zur Qualitätssicherung und -entwicklung. Die Einführung des Instruments der Zielvereinbarung in den Prozess schulischer Qualitätsentwicklung baut auf der Erkenntnis auf, dass Schulentwicklung am besten gelingt, wenn die einzelne Schule selbst als Motor dafür gesehen wird. Dieser Motor läuft umso besser, je mehr Mitglieder der Schulgemeinschaft an diesem Prozess beteiligt sind. Die Vereinbarung von Zielen mit der Schulaufsicht ist deshalb keine alleinige Aufgabe der Schulleitung, auch wenn sie den Prozess letztendlich verantwortet.
Der Prozess der Zielvereinbarung
Der Prozess der Zielvereinbarung ist als Kreislauf angelegt. Ausgangspunkt eines jeden Qualitätsentwicklungsprozesses bildet dabei eine Bestandsaufnahme der aktuellen Qualität der jeweiligen Schule. Im Kontext der Schulentwicklung ist dies eine interne oder externe Evaluation (siehe Artikel »Externe Evaluation«). Aus den Ergebnissen dieser Evaluation ergibt sich ein datenbasierter Handlungsbedarf für die Qualitätsentwicklung an der Schule. Diese Erkenntnis sagt allerdings noch nichts darüber aus, in welche Richtung die jeweilige Schule sich entwickeln soll.
Konkrete Ansätze für die Verbesserung der Schulqualität werden von Schulleitung und Schulaufsicht gemeinsam erarbeitet. Um dabei eine Richtung festzulegen, werden Ziele vereinbart. Sie beschreiben den gewünschten Zustand, der am Ende des Entwicklungsprozesses erreicht werden soll.6
Tipps für die Praxis
Zielvereinbarungen sind auf vielen Ebenen möglich, aber bei derzeitiger Rechtslage für die einzelnen Beschäftigten in keiner Weise gewinnbringend. Sollten Sie im Rahmen eines Mitarbeiter:innengespräches zu einer Zielvereinbarung mit Ihrer Vorgesetzten genötigt werden, lehnen Sie diese ab.
Erachten Sie eine Zielvereinbarung als für Sie unumgänglich, drängen Sie auf
- klare Ziele (genau definiert, messbar und umsetzbar),
- so wenige Ziele wie möglich,
- so kurze Zeiträume wie möglich,
- Ressourcen, die für Sie echte Hilfen darstellen, nicht zusätzliche Kontrollen bedeuten und
- dokumentieren Sie alle Gespräche und Abmachungen auch selbst.
Was die GEW dazu meint
Zielvereinbarungen sollen für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einen Anreiz darstellen, mehr zu leisten. In der Literatur sind immer Leistungsprämien vorgesehen, die aber auf diesem Wege im Schulbereich nicht umsetzbar sind.
Meist dienen sie eher dazu, unbequeme Mitarbeiter:innen durch diese Zielvereinbarungen in ein nicht zu bewältigendes »Zielkorsett« zu zwängen. Die Rechte und Pflichten der Beschäftigten sind im BayBG, der LDO und im BayEUG klar definiert. Vorgesetzte definieren diese Zielvereinbarungen oft als erweiterte Kontrollbefugnisse, die ihnen praktisch eine vertragliche Vereinbarung zu vermehrten Kontrollbesuchen bescheren und ihnen Einsicht in Bereiche ermöglichen, zu denen sie keine Befugnisse haben (z. B. Unterrichtsvorbereitung).
Niemand kann Sie zur Vereinbarung zwingen, also wägen Sie genau ab und verhandeln Sie zäh!
von Stefan Kohl
Quellen:
1 § 11 Absatz 1 der GGO des Bundes (Gemeinsame Geschäftsordnung der Bundesministerien), Stand 30.07.2020
2 Art. 111 BayEUG Abs. 1 1 Zur staatlichen Schulaufsicht gehören ... 2. die Sicherung der Qualität von Erziehung und Unterricht, insbesondere durch den Abschluss von Zielvereinbarungen mit den Schulen.
3 Art. 113c BayEUG Abs. 4 Auf Grundlage der Ergebnisse der externen Evaluation gemäß Abs. 1 Satz 2 treffen die Schulen und die Schulaufsichtsbehörden Zielvereinbarungen. 2 Die Schulaufsichtsbehörden unterstützen ihre Umsetzung und nehmen eine Überprüfung der vereinbarten Ziele vor.
4 http://www.olev.de/xyz/zielvereinb.htm (Stand 05.11.2015)
5 Prof. Dr. Hans Schiefer, Beitrag aus TVöD Office Professional, https://www.haufe.de/oeffentlicher-dienst/ tvoed-office-professional/leistungsbewertung-und-zielvereinbarung-im-mitarbeiterge-223-kombination-von-gespraechen-zur-leistungsbewertung-tvoed-18-und-gespraechen-innerhalb-eines-beurteilungssystems_idesk_ PI13994_HI1740359.html vom 02.12.2020
6 https://www.schulaufsicht.de/steuerung/instrumente/mit-zielvereinbarungen-schulentwicklung-unterstuetzen vom 02.12.2020