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Das Problem

»Mein Schulleiter hat mich während meiner Sprechstunde in eine fremde Klasse geschickt, damit ich die Kinder beaufsichtige. Handelt es sich dabei um Mehrarbeit?«

»An unserer Schule machen alle Kolleg:innen monatlich drei Stunden Mehrarbeit, niemand mehr, niemand weniger. Ist das zulässig?«

»Ich habe jahrelang die Theater-AG an der Schule geleitet. Jetzt gibt es angeblich keine Stunden mehr dafür. Als Mehrarbeit könnte ich die AG jedoch weiter übernehmen. Kann das sein?« »Unser Schulleiter verweigert Freizeitausgleich für zusätzlich gehaltenen Unterricht, mit dem Hinweis, er verrechne dies mit ausfallendem Unterricht, z. B. wegen hitzefrei. Ist dies korrekt?«

Die Rechtslage im Überblick

Mehrarbeit liegt immer dann vor, wenn über die Unterrichtsverpflichtung hinaus Unterricht erteilt wird. Dieser Unterrichtsbegriff umfasst auch weitergehende zum Unterricht gehören­de Tätigkeiten, wie z. B. die Duchführung einer Prüfung. Eine bloße Beaufsichtigung einer Klasse ist nach der Verordnung des Kultusministeriums keine Mehrarbeit. Tatsächlich wird reine Beaufsichtigung die absolute Ausnahme sein. Jede glaubwürdige Lehrer:in wird auch unvorbereitet und in einer fremden Klasse Unterricht halten.

Lehrer:innen können zur Übernahme von Mehrarbeit verpflichtet werden, wenn

  1. zwingende dienstliche Gründe es erfordern,
  2. sich die Mehrarbeit auf Ausnahmefälle beschränkt,
  3. sie der Erteilung von Pflicht- oder Wahlpflichtunterricht dient, der nach Ausschöpfung aller Möglichkeiten andernfalls ausfallen müsste.

Anordnung von Mehrarbeit

  1. Mehrarbeit muss grundsätzlich schriftlich angeordnet werden, und zwar unter Angabe von Unterrichtsfach, Klasse und Stunde.
  2. Zuständig für die Anordnung von Mehrarbeit ist die Schulleiter:in, für Förderschulen die Regierung und im Bereich der Volksschulen die Schulrät:in. Nur in Ausnahmefällen kann hier die Schulleiter:in zur Aufrechterhaltung eines ungestörten Unterrichtsablaufs Kolleg:innen ersuchen, unerwartet ausfallenden Unterricht zu übernehmen. Dann bedarf es der nachträglichen Genehmigung durch das Schulamt.
  3. Schwangere Kolleg:innen bzw. solche, die ihr Kind stillen, und Referendar:innen bzw. Lehramtsanwärter:innen dürfen nicht für Mehrarbeit herangezogen werden. Schwerbehinderte Beschäftigte werden auf Verlangen von Vertretungen frei gestellt.

Vergütung von Mehrarbeit – Freizeitausgleich

Bei bis zu drei Mehrarbeitsstunden im Monat besteht für eine Vollzeitlehrkräfte kein Anspruch auf Vergütung. Erst ab vier Unterrichtstunden Mehrarbeit im Monat erfolgt ein Ausgleich über Freizeit oder Bezahlung für alle geleisteten Vertretungsstunden. Mehrarbeit soll innerhalb von drei Monaten durch Freizeit ausgeglichen werden. Zeiten einer Teilnahme an dienstlichen Veranstaltungen, einer Dienstbefreiung, eines Sonderurlaubes oder eines allgemeinen Unterrichtsausfalls, der vom Dienstherren angeordnet wurde (z. B. witterungsbedingter Unterrichtsausfall), u. Ä. dürfen nicht für den Freizeitausgleich herangezogen werden. Erfolgt ein allgemeiner Unterichtsausfall auf Anordung der Schulleiter:in (vorzeitiges Unterrichtsende vor den Ferien oder hitzebedingt), so gilt das als Freizeitausgleich. Damit ist der Freizeitausgleich eine Ausnahme, die meist nur erfolgt, wenn die eigene Klasse aus anderen Gründen, z. B. bei Abwesenheit, nicht unterrichtet werden muss.

Ist Freizeitausgleich innerhalb von drei Monaten nicht oder nur zum Teil möglich, so ist der nicht ausgeglichene Teil aller Mehrarbeitsstunden zu vergüten. Die ersten drei Mehrarbeitsstunden zählen also bei der Berechnung mit.

Die Vergütung beträgt pro Unterrichtsstunde

  • an Grund- und Mittelschulen 20,78 € bis A 11 und 25,76 € ab A 12;
  • an Realschulen und Förderschulen 20,78 € bis A 12 und 30,52 € ab A 13;
  • an Gymnasien, FOS und BOS 20,78 € bis A 12 und 35,69 € ab A 13 (Stand 1.1.2021).

Diese Bestimmungen gelten für verbeamtete und für angestellte Lehrer:innen in Vollzeit nach TV-L . Für teilzeitbeschäftigte verbeamtete Lehrer:innen verringert sich die Stundenzahl, ab der eine Vergütung erfolgen kann, anteilig. Die Vergütung wird dann zum Grundgehalt anteilig bezahlt, bis die Vollzeitstundenzahl erreicht wird.

Teilzeitbeschäftigte Lehrer:innen im Angestelltenverhältnis haben bereits ab der ersten geleisteten Mehrarbeitsstunde einen Anspruch auf Vergütung, wenn Freizeitausgleich nicht möglich ist. Die Vergütung wird dann zum Grundgehalt anteilig bezahlt. Dieser Anspruch besteht auch bei der Teilnahme an ganz- oder mehrtägigen Schulfahrten.

Angestellte Lehrkräfte haben zu beachten, dass sie ihre Ansprüche innerhalb von sechs Monaten nach Halten der Vertretungsstunden geltend machen müssen.

Tipps für die Praxis

Führen Sie über die angeordneten Mehrarbeitsstunden Buch.

Überprüfen Sie, ob zwingende dienstliche Gründe bestehen und ob es sich um einen Ausnahmefall handelt und bestehen Sie auf einer korrekten schriftlichen Anordnung. Lassen Sie sich im Zweifellsfall zusichern, dass es sich um Unterrichtstätigkeit handelt. Das ist z. B. bei Projekttagen, die sich als Unterricht darstellen, der Fall. Bestehen Sie auf Freizeitausgleich. Gegen die Anordnung von Mehrarbeit über einen längeren Zeitraum können Sie Widerspruch einlegen. Im KMBek wird aber erst ein Vertretungszeitraum von mehr als drei Monaten als »nicht nur vorübergehender Zeitraum« bezeichnet.

Wenden Sie sich an Ihren Personalrat und an die GEW, wenn Sie in unvertretbarem Ausmaß zu Mehrarbeit verpflichtet werden.

Was die GEW dazu meint

Mehrarbeit ist ein klassisches Mittel, um den Mangel an Planstellen zu vertuschen und nach außen hin den Anschein eines geordneten Unterrichtsbetriebs aufrechtzuerhalten. Nach wie vor fehlen an allen Schularten ausreichende Personalreserven zur Vertretung v. a. in Krankheitsfällen, aber auch bei Abwesenheit bei der Durchführung von Schulfahrten u. Ä. Die vorhandenen mobilen und integrierten Lehrer:innenreserven reichen bei Weitem nicht aus bzw. werden teilweise (besonders an den Beruflichen Schulen) für die Abdeckung von regulärem Unterricht verwendet.

Durch die regelmäßige Mehrarbeit wird versucht, die verfehlte Einstellungspolitik der Bayerischen Staatsregierung zu kaschieren, und zwar auf Kosten von Lehrerinnen und Lehrern, Schülerinnen und Schülern und auch der Eltern. An vielen Schulen bleibt die Mehrarbeit nicht auf Ausnahmefälle beschränkt. Sie führt zu einer starken Belastung vieler Kolleginnen und Kollegen, insbesondere an den Schulen mit Fachprinzip.

Landeshauptstadt München

Bei der LHM ist anerkannt, dass angeordnete Mehrarbeit i. d. R. der vorherigen Zustimmung des örtlichen Personalrats bedarf. Die Arbeitszeitregelungen bei der LHM sind der Mitteilung Nr. 61 zu entnehmen. An beruflichen Schulen íst dabei die Unterscheidung zwischen Mehr­arbeit und angeordneten Vertretungsstunden wichtig.

von Andreas Hofmann

Quellen:

Bayerisches Beamtengesetz (BayBG) in der Fassung vom 29. Juli 2008 (GVBl. 2008, S. 500) zuletzt geändert am 23.12. 2019,

(GVBl. 2019, S. 500)

Mehrarbeit im Schulbereich, KMBek vom 10. Oktober 2012 (KWMBl. 2012, S. 355)

TV-L (Tarifvertrag der Länder) vom 12. Oktober 2006 (letzte Änderung vom 2. März 2019)

Mehrarbeitsvergütungssätze (www.lff.bayern.de/bezuege/besoldung/index.aspx)