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Das Problem in Zahlen

Sowohl auf Bundesebene als auch in Bayern sind Frauen in Führungspositionen nach wie vor stark unterrepräsentiert. Dabei befindet sich Bayern im Ländervergleich häufig an letzter Stelle. So zum Beispiel im Hochschulbereich, wo der Frauenanteil an den Professuren bei nur 20,5 Prozent liegt. Weitere Zahlen dazu finden sich im »4. Atlas zur Gleichstellung von Frauen und Männern in Deutschland«1 vom 4.9.2020. Auch wenn im Gleichstellungsbericht der bayerischen Staatsregierung von einem leichten Anstieg des Frauenanteils im öffentlichen Dienst die Rede ist, sind wir von der tatsächlichen Gleichstellung noch weit entfernt. Das betrifft vor allem die 1. Führungsebene. So ergab zum Beispiel eine Anfrage der Landtags-Grünen im Dezember 2017, dass in bayerischen Gymnasien mehr als die Hälfte der Lehrkräfte weiblich sind, jedoch nur jede fünfte Schulleitungsposition mit einer Frau besetzt ist.2 Auch in einem Artikel der GEW vom 29.5.2018 wird auf Grundlage einer Analyse der Hans-Böckler-Stiftung festgestellt, dass der Frauenanteil mit steigender Besoldungsgruppe abnimmt.3

Die Rechtslage im Überblick

Seit 1. Juli 1996 gibt es das »Bayerische Gesetz zur Gleichstellung von Frauen und Männern (Bayerisches Gleichstellungsgesetz)«. Seine Aufgabe ist es, diese Gleichstellung im öffentlichen Dienst zu fördern.

Sein Ziel ist laut Artikel 2,

  • die Erhöhung der Anteile der Frauen in Bereichen, in denen sie in erheblich geringerer Zahl beschäftigt sind als Männer, um eine ausgewogene Beteiligung von Frauen zu erreichen,
  • die Chancengleichheit von Frauen und Männern zu sichern,
  • auf eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Erwerbstätigkeit für Frauen und Männer hinzuwirken.4

Weiteres Ziel ist es, auf die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern in Gremien

hinzuwirken.5

Ziel ist ferner, dass alle Beschäftigten, besonders in Vorgesetzten- und Leitungsfunktionen,

  • die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern fördern,
  • auf die Beseitigung bestehender Nachteile hinwirken,
  • die Chancengleichheit in allen Aufgabenbereichen als durchgängiges Leitprinzip berück-sichtigen.6

Nach wie vor werden »Eignung, Befähigung und fachliche Leistung« als objektiv zu messende Kriterien dargestellt. Weiterhin gelten sie als Voraussetzung für jeden Schritt auf der Karriereleiter. Damit wird den beurteilenden Dienstvorgesetzten, seien es Schulleiter:innen oder Schulrät:innen, genügend Spielraum gelassen, eigene Favorit:innen in Funktionsstellen zu heben.

Zudem ist »der Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel (...) zu beachten«.

Förderung der Gleichstellung

Überall da, wo Frauen unterrepräsentiert sind, sollen sie bei der Ausschreibung besonders zur Bewerbung aufgefordert werden, auch durch Hinweise auf Teilzeitmöglichkeiten.

Bei Fortbildungen sollen ihre Bewerbungen bevorzugt behandelt werden, auch während des Erziehungsurlaubs.

Auch Vorgesetzten und Beschäftigten mit Leitungsaufgaben sollen Teilzeitmöglichkeiten geboten werden. Arbeit in Teilzeit darf sich nicht negativ auf die dienstliche Beurteilung auswirken.

Gleichstellungsbeauftragte und Ansprechpartner:innen

Bei den obersten Landesbehörden und bei Dienststellen, die einstellen und befördern, werden nach interner Ausschreibung Gleichstellungsbeauftragte bestellt. Sie werden nicht gewählt. Eine Amtszeit dauert drei Jahre. Bei den übrigen Dienststellen werden Ansprech-partner:innen bestellt. Ihre Aufgabe ist es, den Kontakt zwischen Beschäftigten und Gleichstellungsbeauftragten herzustellen und aufrecht zu halten.

Gleichstellungsbeauftragte und Ansprechpartner:innen sind aufgerufen, mit Personalvertretung und Dienststelle vertrauensvoll zusammenzuarbeiten. Sie genießen Kündigungsschutz wie Mitglieder in Personalräten. Jedoch sind sie der Dienststelle unterstellt.

Rechte und Pflichten

Gleichstellungsbeauftragte und Ansprechpartner:innen beraten, überwachen und ergreifen auch selbst die Initiative. Sie sind an keinen Dienstweg gebunden, können sich also direkt an die Dienststellenleitung wenden. Bei Personalangelegenheiten und Vorstellungsgesprächen können sie hinzugezogen werden. Mit Zustimmung der Betroffenen können sie die Personalakten einsehen. Sie unterliegen der Schweigepflicht. Wenn sie von Verstößen gegen das Gleichstellungsrecht erfahren, können sie von ihrem Beanstandungsrecht Gebrauch machen. Aber: Über die Beanstandung entscheidet die Dienststellenleiter:in.

Sie sollen über die Einhaltung der »Grundsätze zum Schutz der Würde von Frauen und Männern am Arbeitsplatz« wachen. (Siehe Stichwort »Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz« in diesem Ratgeber.)

Gleichstellungskonzept

Das Gesetz schreibt für Dienststellen ab 100 Beschäftigten vor, in regelmäßigen Abständen ein Gleichstellungskonzept zu erstellen. Ursprünglich betrug der Zeitraum drei Jahre, er wurde auf fünf Jahre erweitert. Ein Gleichstellungskonzept soll, ausgehend von einer Bestandsaufnahme, Vorschläge machen zur Sicherung der Chancengleichheit von Frauen und Männern im Beruf.

Im Internet findet sich der bereits erwähnte »Fünfte Bericht der Bayerischen Staatsregierung über die Umsetzung des Bayerischen Gesetztes zur Gleichstellung von Männern und Frau­en«. Er fasst die Schritte bis 2014 zusammen und wurde 2015 veröffentlicht.

Gender-Mainstreaming

Die Mitgliedsstaaten der Europäischen Union verpflichteten sich im Amsterdamer Vertrag zum »Gender-Mainstreaming«, übersetzt etwa »Leitbild der Geschlechtergerechtigkeit«, also dem Prinzip der geschlechtersensiblen Sichtweise. Dies würde das bisherige Prinzip der Gleichstellung erheblich erweitern, wenn es denn im Sinne der EU umgesetzt würde. Gender-Mainstreaming untersucht grundsätzlich alle Lebensbereiche, in denen Planungen, Entscheidungen und Maßnahmen Auswirkungen auf Frauen und Männer haben, mit dem Ziel, gleiche Chancen für beide Geschlechter zu schaffen.

Der Landtag forderte von den Behörden ein Konzept zur Umsetzung von Gender-Mainstreaming.

Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz – AGG

Das AGG kommt aus der europäischen Gesetzgebung. Es soll darauf hinwirken, Benachteili­gungen aus Gründen

  • der Rasse,
  • der ethnischen Herkunft,
  • des Geschlechtes,
  • der Religion,
  • der Weltanschauung,
  • einer Behinderung,
  • des Alters,
  • der sexuellen Identität

zu verhindern, oder, falls bereits erfolgt, abzuschaffen.

Der Arbeitgeber muss die Beschäftigten »in geeigneter Weise« zum Verbot der Diskriminierung schulen und bei Verstößen von Beschäftigten gegen das Diskriminierungsverbot eingreifen. Er muss diese mit geeigneten und angemessenen Maßnahmen unterbinden. Sollte dies nicht erfolgen, haben Beschäftigte ein Beschwerderecht. Sie haben einen Anspruch auf Unterlassung, der bis zur Arbeitsverweigerung führen kann.

Im Kultusministerium gibt es eine Beschwerdestelle für alle Beschäftigten in seiner Verantwortung.

Was die GEW dazu meint

Das Gleichstellungsgesetz ist allenfalls gut gemeint. Es bietet kaum konkrete Möglichkeiten für gezielte Frauenförderung. Der Haushaltsvorbehalt, die allgemeinen Beförderungsrichtlinien (Eignung, Leistung, Befähigung) und vor allem die Subjektivität der dienstlichen Beurteilung sind die größten Hemmnisse.

Kolleg:innen an den kommunalen Schulen in München und Nürnberg können sich an die dortigen Gleichstellungsstellen wenden. Diese sind besser ausgestattet als die staatlichen und arbeiten in der Regel effizienter.

Um die Gleichstellung effizient auf den Weg zu bringen, sind weiterreichende Schritte erforderlich:

  • Gleichstellungsbeauftragte und Ansprechpartner:innen müssen demokratisch gewählt und in ausreichendem Maß – entsprechend einer Personalratstätigkeit – freigestellt werden. Sie benötigen hinreichende Möglichkeiten für Aus- und Fortbildung.
  • Die Quotierung bei Beförderungen muss verbindlich sein. Schon zu Vorstellungsgesprächen müssen mindestens zur Hälfte Frauen eingeladen werden.
  • In Zusammenarbeit von Personalratsmitgliedern und Gleichstellungsbeauftragten muss Benachteiligung bewusst gemacht und zu deren Abschaffung beigetragen werden.
  • Entsprechend den Thesen des »Gender-Mainstreaming« müssen Arbeitskonditionen so geschaffen werden, dass sie für Frauen und Männer Chancengleichheit bieten.

Die Gleichstellungsbeauftragten im Kultusministerium halten die ungleiche Verteilung bei den Spitzenämtern für »historisch bedingt«, da in dieser Altersgruppe nur wenig Frauen mit entsprechender Eignung und Befähigung im öffentlichen Dienst tätig seien. Sowohl die Gleichstellungsbeauftragten als auch die Kolleg:innen in den Personalräten sollen mithelfen, die »Historie« anders verlaufen zu lassen.

von Simone Batisweiler

Landeshauptstadt München

Die LHM hat eine städtische Gleichstellungsstelle. Seit Kurzem gibt es auch eine Gleichstel­lungsbeauftragte für das Referat für Bildung und Sport (RBS). Die Kontaktdaten sind über das städtische Telefonbuch oder über die Personalräte erhältlich.

Quellen:

1    Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend: »4. Atlas zur Gleichstellung von Frauen und Män­nern in Deutschland« 4.9.2020

1    Pressemitteilung der Landtags-Grünen vom 7.12.2017 »Männersache Schulleitung? Bessere Voraussetzungen für Frauen in Führung schaffen!«

2    »Mit steigender Führungsebene sinkt der Frauenanteil« – Artikel auf der Internetseite der GEW vom 29.5.2018

3    Bayerisches Gesetz- und Verordnungsblatt Nr. 11/1996, S. 186-191

4    Umsetzung des Bayerischen Gleichstellungsgesetzes, 5. Bericht, November 2015

5    20 Jahre Leitstelle für die Gleichstellung von Frauen und Männern, Bayerisches Staatsministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familien und Frauen