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Das Problem

»Bis zu welchem Alter werde ich beurteilt?«

»Wie viele Unterrichtsbesuche sind vorgeschrieben?«

»Wie kann ich gegen eine inakzeptable Beurteilung vorgehen?«

Die Rechtslage im Überblick

Im Zuge der »Dienstrechtsreform« wurde aus der alten »Laufbahnverordnung« ein »Leis-tungslaufbahngesetz«, das in seinen Artikeln 54 bis 65 LlbG die »Dienstliche Beurteilung« regelt.1 Artikel 64 LlbG erlaubt dem Kultusministerium, »für die Beurteilung der staatlichen Lehrkräfte eigene Richtlinien zu erlassen«. Diese finden sich in den Richtlinien für die dienstliche Beurteilung und die Leistungsfeststellung der staatlichen Lehrkräfte an Schulen in Bayern.2

Für die städtischen Schulen in München3, Nürnberg und Regensburg gelten gesonderte Richtlinien.

Wer wird beurteilt?

Periodisch zu beurteilen sind alle Lehrkräfte im Beamtenverhältnis auf Lebenszeit sowie die Lehrkräfte auf unbefristetem Arbeitsvertrag. Ausnahme: Lehrkräfte mit unbefristetem Arbeitsvertrag von bis zu acht Wochenstunden, wenn sie einer weiteren hauptberuflichen Tätigkeit nachgehen. (4.2.2)2 Schulleiter:innen werden bis einschließlich A 16 + Z beurteilt. Nach der Hälfte der Probezeit kommt es zu einer »Einschätzung der Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung«. Die tatsächliche Probezeitbeurteilung erfolgt bis zum Ablauf der zweijährigen Probezeit (s. LlbG Art. 55)1.

»Nicht mehr beurteilt wird, wer im Laufe des Kalenderjahres, das an das Ende des Beurteilungszeitraumes anschließt, in den Ruhestand oder in die Freistellungsphase der Altersteilzeit tritt. Dies gilt nicht, wenn die Beamtin bzw. der Beamte noch nicht die Endstufe in seiner Besoldungsgruppe erreicht hat.« (4.2.2b)2

Da seit 2011 ab 50 Jahren nicht mehr auf die Beurteilung verzichtet werden kann, hat sich die Zahl der zu Beurteilenden beinahe verdoppelt.

Fiktive Leistungsnachzeichnung

Bei Lehrkräften, die sich zum Beurteilungsstichtag in Elternzeit, familienpolitischer Beurlau­bung oder Sonderurlaub, welcher dienstlichen Interessen oder öffentlichen Belangen dient, befinden und für den regulären Beurteilungszeitraum keine periodische Beurteilung erhalten, soll die letzte periodische Beurteilung fiktiv nachgezeichnet werden. (Art. 17a Abs. 1 LlbG)1 Die fiktive Nachzeichnung ist auf drei aufeinanderfolgende Beurteilungszeiträume zu beschränken. (Art. 17a Abs. 3 LlbG)1

Die fiktive Leistungsnachzeichnung stellt eine vollwertige dienstliche Beurteilung dar. Auf Grundlage einer fiktiven Leistungsnachzeichnung sind deshalb (funktionslose) Beförderungen während der Beurlaubung oder Elternzeit ebenso möglich wie Bewerbungen auf einen höherwertigen Dienstposten bzw. eine Funktionsstelle, soweit eine entsprechende Verwendungseignung im Rahmen der letzten regulären periodischen Beurteilung festgestellt wurde.4

Wer beurteilt?

An Realschulen, Förderschulen (und »Schulen für Kranke«), Gymnasien und beruflichen Schulen erstellt und unterzeichnet die Schulleitung die Beurteilung.

An Grund- und Mittelschulen wird ein Vorschlag durch die Schulleitung eingereicht. Dieser wird vom Schulamt endgültig erstellt und unterzeichnet. Dabei kann sich der Schulrat oder die Schulrätin durch Unterrichtsbesuche ein eigenes Bild verschaffen. Hier gibt es faktisch eine doppelte Zuständigkeit von Schulleitung und Schulamt.

Schulleiter:innen werden jeweils von einer um eine Ebene höheren Hierarchiestufe aus beurteilt.

Wann wird beurteilt?

An allen Schularten ist alle vier Jahre »Beurteilungsjahr« (2022, 2026 ...). Für die Einstufung zu berücksichtigen sind jedoch die Beobachtungen während des gesamten Zeitraums der vier Jahre.

Wie wird beurteilt?

Nach wie vor gelten »fachliche Leistung, Eignung und Befähigung« als die offiziellen Kriterien der Beurteilung. Dazu sind Beobachtungen sowohl innerhalb als auch außerhalb des Unterrichts heranzuziehen.

Wer sich eine Bewerbung auf eine Funktionsstelle offenhalten will, sollte darauf achten, dass in der Beurteilung eine entsprechende Aussage zur »Verwendungseignung« aufgenommen wird. »Werkzeuge« der Beurteilung sind v. a. »Unterrichtsbesuche, daneben die Überprüfung der Aufgabenstellung, der Korrektur und Bewertung von Schülerarbeiten«. (4.1)2 »Unterrichtsbesuche sollen mehrmals – über den Beurteilungszeitraum verteilt – erfolgen« – möglichst in allen Fächern und Jahrgangsstufen, in denen die Lehrkraft unterrichtet. Sie finden »im Allgemeinen ohne Benachrichtigung der Lehrkraft statt«. (4.2.1)2 Ein Satz, der viele Interpre­tationsmöglichkeiten offenlässt.

Welche Stufen der Beurteilung gibt es?

  • Leistung, die in allen Belangen von herausragender Qualität ist (HQ)
  • Leistung, die die Anforderungen besonders gut erfüllt (BG)
  • Leistung, die die Anforderungen übersteigt (UB)
  • Leistung, die den Anforderungen voll entspricht (VE)
  • Leistung, die den Anforderungen in hohem Maße gerecht wird (HM)
  • Leistung, die Mängel aufweist (MA)
  • Leistung, die insgesamt unzureichend ist (IU)

Wie wird das Beurteilungsergebnis mitgeteilt?

Kurz nach dem Ende eines Beurteilungszeitraums ist die Beurteilung zu eröffnen. Der beurteilten Lehrkraft ist ein Abdruck der Beurteilung eine Woche vor Eröffnung zuzuleiten. An Grund- und Mittelschulen beauftragt das Schulamt i. d. R. die Schulleitung mit der Eröffnung und der dabei vorgeschriebenen Besprechung. (4.8)

Welche Folgen hat die dienstliche Beurteilung?

Beförderungen sowie die Vergabe von Funktionsstellen geschehen auf der Grundlage von Beurteilungsergebnissen. Ist das Gesamtergebnis der Beurteilungen mehrerer Bewerber:innen gleich, werden die Stufen von Unterpunkten zur Auswahlentscheidung herangezogen.

Die beurteilende Person kreuzt im Vordruck an, ob »dauerhaft herausragende Leistungen« erkannt wurden. Dies wäre die Voraussetzung für die Vergabe einer Leistungsstufe.

Kommt die Schulleitung an Grund- bzw. Mittelschulen bei der Einstufung zu einem anderen Ergebnis als das Schulamt, kann sie dies auf der letzten Seite des Beurteilungsbogens ankreuzen.

Welche Möglichkeiten gibt es, gegen das Beurteilungsergebnis vorzugehen?

Einwendungen gegen die Beurteilung sollen der Dienststelle innerhalb von drei Wochen nach dem Eröffnungsgespräch schriftlich zugeleitet werden. Sie müssen dann zusammen mit der Beurteilung und einer schriftlichen Stellungnahme der beurteilenden Person an die vorgesetzte Dienststelle weitergeleitet, von dieser innerhalb von drei Monaten bearbeitet und dann wiederum eröffnet werden.

Die Aussichten auf eine positive Änderung sind erfahrungsgemäß nur bei formalen Fehlern der Beurteilenden groß. Die Einwendungen müssen jedoch zumindest zur Personalakte genommen werden.

Widerspruch einzulegen ist ein weiterer möglicher Schritt. Die Frist dafür beträgt ein Jahr, wenn keine andere Frist angegeben ist. Um das Verfahren abzukürzen, können Einwendungen und Widerspruch gleichzeitig erfolgen. Die Einwendungen können als Begründung für den Widerspruch dienen.

Ein »Antwortbescheid« muss innerhalb dreier Monate eingehen.

Gegen diesen Bescheid kann Klage vor dem Verwaltungsgericht erhoben werden. Da dienstliche Beurteilungen rechtlich gesehen Werturteile sind, überprüfen Gerichte sie nicht inhaltlich, sondern lediglich formal. Das Gericht überprüft also:

Wurde das vorgeschriebene Verfahren eingehalten?

Wurde von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen?

Wurden allgemeine Wertmaßstäbe nicht beachtet oder sachfremde Erwägungen angestellt?

Beteiligung der Personalvertretung

Beabsichtigt die beurteilende Person »allgemeinverbindliche Vorgaben hinsichtlich der verfahrensmäßigen Durchführung der Unterrichtsbesuche und/oder der Erstellung der Beurteilungsbeiträge ..., bedarf es der Mitbestimmung der örtlichen Personalvertretung gemäß Art. 75 Abs. 4 Nr. 11 BayPVG.«5

Eine Beteiligung am Beurteilungsverfahren Einzelner ist nicht vorgesehen. Betroffene Kolleg:innen können sich jedoch jederzeit an den Personalrat wenden. ( Art. 69 Abs. 1 c BayPVG)

Tipps für die Praxis

Bereite dich sachlich und selbstbewusst auf das Beurteilungsverfahren vor.

Stelle im Vorfeld der Gespräche mit den Beurteilenden zusammen, was du im Beurteilungszeitraum geleistet hast, wo du deine Stärken und Erfolge, aber auch Erschwernisse für deine Arbeit siehst. Manches, was dir vielleicht selbstverständlich erscheint, verdient es gewürdigt zu werden.

Mache im Eröffnungsgespräch bzw. bei den anschließenden schriftlichen Einwendungen deutlich, wenn du mit dem Inhalt und dem Ergebnis der Beurteilung nicht einverstanden bist (s. o.). Nimm rechtzeitig Kontakt mit GEW-Personalratsmitgliedern oder deinem GEW-Kreisverband auf, bevor du dich an die Landesrechtsschutzstelle wendest und dort Rechtsschutz beantragst.

Was die GEW dazu meint

Über den Sinn und vor allem Unsinn von Regelbeurteilungen wurde viel geforscht und geschrieben. Es ist hinreichend belegt, dass es sich dabei um ein unzeitgemäßes und ineffektives Instrument der Personalführung handelt. Auch der angeblich motivierende Charakter von Beurteilungen ist nur in wenigen Fällen erkennbar. Vorgegebene Quotierungen der Ergebnisse werden von Vertreter:innen des KM regelmäßig bestritten, existieren aber offenkundig und führen dazu, dass Beurteilende nur einen begrenzten »Vorrat« an motivierenden Beurteilungsstufen verteilen können. Dies bestätigen Beurteiler:innen hinter vorgehaltener Hand immer wieder. Objektive Kriterien zur Messung von Lehrer:innenleistung gibt es nicht und kann es auch nicht geben. Stattdessen beeinflussen Schulart, Geschlecht und Beschäftigungsart (Voll- oder Teilzeit) nach wie vor das Ergebnis. Als beinahe einziges Bundesland hält Bayern an diesem anachronistischen Instrument fest und hat die Anwendung 2011 sogar noch erheblich ausgeweitet.

Die GEW fordert die sofortige Abschaffung der Regelbeurteilung und A 13 für alle Lehrkräfte!

Für die Übernahme von Funktionsstellen reichen Anlassbeurteilungen!

Für die Qualitätssicherung pädagogischer Arbeit gibt es weitaus effektivere Formen wie z. B.

  • pädagogische Arbeitsgruppen, die Kollegien selbst organisieren und dabei vorhandene Erfahrungen auch aus anderen sozialen Berufen nutzen,
  • externe, unabhängige Beratung auf Anforderung,
  • kollegiale und professionell geleitete Supervision,
  • qualitative und quantitative Ausweitung der Fortbildung auf schulischer, regionaler und landesweiter Ebene.

Nicht zuletzt trägt eine gute Ausstattung von Schulen mit Lehrkräften und weiteren päd­agogischen Fachkräften, mit großzügigen Räumen und hochwertigen Lernmaterialien zur Qualitätssicherung bei.

von Ernst Wilhelm und Ruth Brenner

Landeshauptstadt München:

Die LHM hat hier ganz andere Regelungen als der Freistaat Bayern. Sie können unter muen-

chen.de (Suchbegriff: »Informationen für städtische Lehrkräfte«) heruntergeladen werden.

Quellen:

1    Gesetz über die Leistungslaufbahn und die Fachlaufbahnen der bayerischen Beamten und Beamtinnen (Leis-tungslaufbahngesetz – LlbG), in Kraft seit Januar 2011

2    Richtlinien für die dienstliche Beurteilung und die Leistungsfeststellung der staatlichen Lehrkräfte an Schulen in Bayern, KMBek vom 7. September 2011, geändert am 15. Juli 2015, AZ.: II.5-5 BP 4010.2-6b.44773, Amtsblatt des KM vom 24. August 2015, S. 121 ff.

3    Richtlinien für die dienstliche Beurteilung der Landeshauptstadt München in der Fassung vom Dezember 2015

4    Vgl. auch allgemein die Gesetzesbegründung zu Art. 17a LlbG, LT-Drs. 17/6577, S. 9

5    Bayerisches Personalvertretungsgesetz (BayPVG) in der aktuellen Fassung von 2013