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Corona-Krise

Aiwangers Corona-Soforthilfe: Für Freiberufler*innen eine Mogelpackung!

Das bayerische Soforthilfe-Programm für Kleinunternehmer und Soloselbständige war nach Meinung der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) eine Mogelpackung, soweit es um Freiberufler*innen in der Bildung geht...

... Am Freitag veröffentlichte das Wirtschaftsministerium  erstmals die genauen Bedingungen dafür, 10 Tage nachdem das Programm startete. Und damit sind nicht nur selbständige Lehrkräfte, sondern auch viele Künstlerinnen und Künstler doch wieder ausgeschlossen.

In Deutschland arbeiten etwa 400.000 Lehrkräfte freiberuflich, vor allem in der beruflichen Weiterbildung, an Volkshochschulen, an Sprachschulen und als Lehrbeauftragte an Hochschulen. Für viele ist es der Hauptberuf, zum Beispiel für die Deutschlehrkräfte in Integrationskursen. Seit dem 17. März brach das Einkommen schlagartig weg: nicht nur Schulen und Universitäten sondern auch alle Weiterbildungseinrichtungen wurden in Bayern geschlossen. Ein Hoffnungsschimmer war für die Lehrkräfte die bayerische „Soforthilfe Corona“ vom gleichen Tag. Damit sollte allen Kleinunternehmer*innen und Freiberufler*innen schnell geholfen werden. Die selbständigen Lehrkräfte haben keinen Anspruch auf Entgeltfortzahlung, Arbeitslosen- oder Kurzarbeitergeld. Aber die Staatsregierung versprach bis zu 5.000 Euro Soforthilfe für 3 Monate, schneller als alle anderen Bundesländer und die Bundesregierung. Die GEW informierte umgehend ihre Mitglieder und empfahl ihnen dieses Programm. Und die Gewerkschaft bot dem Wirtschaftsministerium auch sofort einen Informationsaustausch an, erhielt aber keine Antwort.

Am Freitag musste die Gewerkschaft ihre Empfehlung ändern. „Nach dem was heute vom Ministerium veröffentlicht wurde“, so GEW-Sekretär Erwin Denzler, „hat kaum noch ein Lehrbeauftragter oder eine Honorardozentin Anspruch darauf“. Das Ministerium verlangt jetzt, dass man eine „eigene Betriebsstätte“ in Bayern haben muss, und nennt als Gegenbeispiel den freiberuflichen Schauspieler, der nie in eigenen Räumen sondern in einem Theater auftritt. Der soll nichts bekommen. Das dürfte für viele Künstler*innen gelten. Sie üben zwar zuhause, aber der Auftritt ist anderswo. Und ebenso bei den Lehrkräften an Volkshochschulen oder Universitäten: die Vorbereitung findet zuhause statt, der Unterricht aber in den Seminarräumen der Vertragspartner. Ein „häusliches Arbeitszimmer“ reicht noch nicht als „Betriebsstätte“. Außerdem konkretisierte Aiwangers Ministerium erst jetzt: die Förderung betrifft nur laufende Betriebsausgaben wie Mieten für Geschäftsräume, nicht aber den eigenen Lebensunterhalt. Solche Betriebsausgaben haben Lehrbeauftragte selten, bei ihnen geht es eher um Fahrtkosten, die jetzt natürlich entfallen. Aber der eigene Lebensunterhalt und die Beiträge zur Kranken- und Rentenversicherung müssen trotzdem bezahlt werden. Bei Einzelunternehmer*innen ist das kaum zu trennen wenn es um Zahlungsengpässe geht.

Der GEW-Landesvorsitzende Anton Salzbrunn ist entsetzt: „Da dachten wir einmal, Bayern ist besonders schnell und effektiv, und dann wird nach 10 Tagen alles wieder relativiert. Baden-

Württemberg war zwar langsamer, erkennt aber an, dass Freiberufler*innen auch von etwas leben müssen.“ Im Nachbarland sind bei der Soforthilfe ausdrücklich 1180 Euro für den eigenen Lebensunterhalt anerkannt. Für die kommende Woche haben zwar die Bundesministerien für Wirtschaft und für Finanzen ebenfalls eine Soforthilfe anerkannt, aber soweit bislang bekannt soll sich das ebenfalls nur auf Betriebsausgaben beziehen. Das wird zwar der Gastronomie, Arztpraxen oder Anwaltskanzleien helfen, aber freiberuflichen Lehrkräften, Wissenschaftler*innen und Künstler*innen sehr oft nicht. Bundeswirtschaftsminister Altmeiers Erklärung „Wir lassen niemanden alleine“ wird daran zu messen sein.

Für den Lebensunterhalt verweisen die Ministerien auf Sozialleistungen. Da Selbständige weder Arbeitslosen- noch Kurzarbeitergeld bekommen können, bleibt nur Hartz IV oder Sozialhilfe. Die Bedingungen dafür wurden zwar für die Vermögensanrechnung und die Wohnkosten erleichtert, aber immer noch gilt: zuerst muss der oder die Ehepartner*in für den Lebensunterhalt sorgen, bevor der Staat hilft. Arbeitnehmer*innen bekommen Kurzarbeitergeld unabhängig davon. Nach Ansicht der GEW sollte für Lehrkräfte an Bildungseinrichtungen immer das Arbeitsrecht gelten, mit der üblichen Sozialversicherung, Tarifgehältern und auch in Krisenzeiten der gleichen Absicherung wie für alle anderen Beschäftigten.

Für Rückfragen:
GEW Bayern, Erwin Denzler, erwin.denzler@gew.bayern, Tel. 0911/737219

 

Weitere Quellen für Ihre Recherche:

Infoblatt der GEW Bayern:

https://www.gew-bayern.de/fileadmin/media/sonstige_downloads/by/Coronoavirus-2020/202003-Corona-Info-Selbstbstaendige.pdf

(ab Seite 9)

FAQ des Staatsministeriums (Stand 27.3., inzwischen beim Ministerium gelöscht):

https://www.gew-bayern.de/fileadmin/media/sonstige_downloads/by/Coronoavirus-2020/20200327-StMWi-Haufig-gestellte-Fragen.pdf