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PM 24 vom 05. September 2018: Die Bildungsgewerkschaft GEW stellt zum Schulbeginn in Bayern Maßnahmenkatalog gegen Lehrkräftemangel vor

Bildungsgewerkschaft GEW stellt zum Schulbeginn in Bayern Maßnahmenkatalog gegen Lehrkräftemangel vor

Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) Bayern stellte heute in München ihren Ausblick auf das kommende Schuljahr vor. An Grund-, Mittel- und Förderschulen und zum Teil auch an Berufsschulen fehlen in diesem Schuljahr erneut in dramatischem Ausmaß Lehrkräfte. Erfolgreiche Absolvent*innen der Lehrämter Realschule und Gymnasium stehen nach ihrer Ausbildung auf der Straße, erhalten befristete Arbeitsverträge oder sollen sich einer sog. Zweitqualifikation unterziehen. Dazu die GEW:  Die Staatsregierung muss eine ehrliche Bestandsaufnahme veröffentlichen, wirksame Maßnahmen ergreifen und die Flickschusterei auf dem Rücken von Schüler*innen, Eltern und Lehrer*innen beenden. Die GEW Bayern sieht ansonsten die Gefahr eines drohenden Bildungsnotstands.

„Die Staatsregierung hat, wie letztes Schuljahr, dem Lehrkräftemangel bei weitem nicht ausreichend entgegengesteuert“, stellt Ruth Brenner, Sprecherin der GEW-Landesfachgruppe Grund- und Mittelschulen fest und ergänzt zur Politik des Kultusministeriums: „Eine gänzlich verfehlte Personalpolitik in den letzten Jahren, die Nichtbeachtung von Pensionierungen und der Geburtenrate, sowie seit Jahren zu wenig Investitionen. All dies führt dazu, dass die Bayrische Bildungspolitik gescheitert ist und nun endlich der Mut aufgebracht werden muss grundlegende, langfristige Maßnahmen in Angriff zu nehmen: A 13 als Eingangsbesoldung für alle Lehrkräfte und die Umstrukturierung der Lehrer*innenbildung.“
Die GEW fordert seit Jahren die notwendige Transparenz vom Bayerischen Kultusministerium und eine ehrliche Bestandsaufnahme. Dies sei die Basis für vorausschauende Politik. „Schönfärberei ist hier völlig kontraproduktiv.“ Auch Bayern setzt längst Seiteneinsteiger ein, um den dramatischen Lehrkräftemangel zu kaschieren: Ein Student für das Lehramt an Grundschulen im ersten Semester bekam z. B. 27 Unterrichtsstunden übertragen. Hier von ausschließlich qualifiziertem Personal zusprechen ist fast schon zynisch.
Hinzu kommt die nicht durchdachte Umsetzung der sog. Deutschlernklassen für Migrant*innen. Gegenüber den bisherigen Übergangsklassen soll das gesamte zweite Lernjahr weggekürzt werden. Die GEW lehnt diesen Schnellschuss ab. Es fehle ein durchdachtes Gesamtkonzept, das sowohl die Sprachbildung und -förderung, die Alphabetisierung, aber auch Maßnahmen zur Inklusion in die Regelklassen beinhalte.

Wie die Grund- und Mittelschulen leiden auch die Förderschulen in Bayern unter dramatischem Personalmangel. Dazu Johannes Schiller, Sprecher der GEW-Landesfachgruppe Sonderpädagogische Berufe: „Freie Planstellen werden nur zum Teil mit Sonderpädagog*innen besetzt. Vielfach werden auch hier erneut junge Kolleg*innen aus dem Realschul- und Gymnasialbereich mit befristeten Arbeitsverträgen eingestellt oder es wird ihnen eine Zweitqualifikation angeboten.“

Um die Situation etwas zu entschärfen hat das Unterrichtsministerium auch auf Vorschlag der GEW bereits die externe Evaluation ausgesetzt und Grund- und Mittelschullehrkräfte aus dem „Lotsendienst“ abgezogen. Die Bildungsgewerkschaft ist sich aber sicher, dass das massive Mangelproblem nur mit langfristigen Maßnahmen gelöst werden kann.

 

Dringend notwendig sind diese 5 Schritte:

1. Sofort zusätzliche Studienplätze für die Lehrämter schaffen, zusätzlich zu den angekündigten.

2. Eine Reform der Lehrkräfteausbildung mit Ausrichtung auf die Altersstufen der Schüler*innen.

3. Die Stellen im Vorbereitungsdienst erhöhen.

4. Grund- und Mittelschullehrer*innen genauso gut bezahlen wie andere Lehrämter.

5. Quer- und Seiteneinsteiger und „Drittkräfte“ vor Beginn des ersten Unterrichts mindestens drei Monate vorqualifizieren und auf Dauer entsprechend ausbilden sowie die Rahmenbedingungen der Zweitqualifizierungen grundsätzlich verbessern.

Für etliche Planstellen bei den Grund-, Mittel- und Förderschulen stehen keine ausgebildeten Lehrkräfte mehr zur Verfügung - dagegen sind die bayerischen Wartelisten für das Lehramt an Realschulen und Gymnasien voll. Die GEW ist der Auffassung, dass der Weg über die sog. Zweitqualifizierungen die Probleme nicht lösen wird und fordert, für die Realschulen und Gymnasien mehr Planstellen zu schaffen. Nur so sind die Herausforderungen gerade auch in diesen Schulformen zu bewältigen. Zusätzlich muss so endlich dem Befristungsunwesen Einhalt geboten werden.

Martina Borgendale, Realschullehrerin und stellvertretende Landesvorsitzende der GEW Bayern, sagte zu den Herausforderungen im Realschulbereich: „Die flächendeckende Einführung der erweiterten Schulleitung führt vielerorts zu Spannungen in den Kollegien. Eine Herausforderung sind nach wie vor die zu großen Klassen und der Ausbau der Ganztagesschule. Mehr Ganztag braucht auch mehr Planstellen.“

Die Gymnasien sehen sich mit der Rückkehr zum G 9 konfrontiert: „Im nächsten Schuljahr befindet sich das neunjährige Gymnasium in der 6. Klasse und die Kinder werden in dieser Jahrgangsstufe die zweite Fremdsprache lernen. Dadurch wird einer der größten Mängel am G 8 in das neunjährige Gymnasium mitgenommen“, so Andreas Hofmann, Sprecher der Fachgruppe Gymnasium der GEW. Damit die Umstellung auf das G9 pädagogisch und fachlich sinnvoll geschieht und nicht zu Überforderungen führt, fordert die GEW die Einführung von Klassleitungsstunden sowie Sozialpädagog*innen an jedem Gymnasium. Die GEW bietet weiterhin ihre Einbindung in den Prozess in Richtung G 9, besonders auch zur Gestaltung der neuen Oberstufe an.

Die GEW, die Bildungsgewerkschaft im DGB, zeichnet heute in München ein anderes Bild als das bayerische Kultusministerium: „Anstatt Schönfärberei zu betreiben und Wahlkampftöne zu senden, täten Staatsregierung und Kultusministerium gut daran, die berechtigten Sorgen der Kolleg*innen in den Schulen endlich ernst zu nehmen und hilfreiche Maßnahmen für eine gute Bildung für alle in die Wege zu leiten.“