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PM 16 vom 17. Mai 2018: Weiterhin nur unzureichende Informationen und große Verunsicherung der Beschäftigten bei den Tochtergesellschaften des Vereins „Hilfe für das behinderte Kind e.V.“

Die Gewerkschaften Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) und die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) fordern dringend eine Sicherstellung der Bezahlung und den Erhalt der betrieblichen Mitbestimmung

Der Verein Hilfe für das behindert Kind e.V. steckt seit Jahren in einer finanziellen Schieflage, wie die beiden Gewerkschaften in der Vergangenheit bereits bekannt machten. Am 16.05.2018 wurde auf einer Mitarbeiterversammlung den Beschäftigten eröffnet, dass eine Mehrheitsbeteiligung der Diakonie Coburg e.V. geplant sei, um den Betrieb zu sanieren. Eine entsprechende Rahmenvereinbarung solle noch im Juni unterzeichnet werden.

Der Ausstieg aus dem Arbeitgeberverband im Jahr 2007 führte für die Beschäftigten bereits zum Verlust der Tarifbindung und zu einer Zwei-Klassen-Gesellschaft innerhalb der Belegschaft. Über eine Erhöhung der Gehälter der nicht tarifgebundenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter werde lediglich „nachgedacht“, wurde den beiden im Betrieb vertreten Gewerkschaften berichtet, die nicht eingeladen waren.

„Diese Aussagen haben die Beschäftigten nicht beruhigt, im Gegenteil!“ fasst Susanne Schmehle, Betriebsrätin der Heilpädagogischen Einrichtungen gGmbH die Versammlung zusammen. Aufgrund der großen Verunsicherung befürchten GEW und ver.di nun ein Abwandern von erfahrenem Personal. Daher befürworten sie eine zügige Anpassung aller Gehälter, um den Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ein deutliches Signal zu senden.

Zur Zukunft der betrieblichen Mitbestimmung ist bisher nichts bekannt. In allen Tochtergesellschaften gibt es Betriebsräte, nach dem Betriebsverfassungsgesetz. Falls die Diakonie Coburg Mehrheitseigentümer werden sollte, könnte sie eine Mitarbeitervertretung nach Kirchenrecht verlangen, mit weit schwächeren Rechten. Rechtlich ist die Sachlage bei weitem nicht klar. Eine endgültige Klärung kann nur gerichtlich erfolgen, was aus Sicht der Gewerkschaften dringend zu vermeiden wäre, um die Belegschaften nicht weiter zu verunsichern. GEW und ver.di fordern, dass sich die Diakonie bereiterklärt, die Betriebsräte vertraglich anzuerkennen. „Gerade auch weil sich die Diakonie Coburg e.V. nach ihrem Selbstverständnis den christlichen Grundwerten Nächstenliebe, Schutz der Schwachen, Solidarität und sozialer Gerechtigkeit verpflichtet fühle, ist dies nur folgerichtig“, merkt Anton Salzbrunn, Landesvorsitzender der GEW an.

Hintergrund der jahrelangen finanziellen Misere ist nach Ansicht der Geschäftsführungen auch eine unzureichende Refinanzierung durch den Bezirk Oberfranken. In den überwiegenden Betrieben der Behindertenhilfe in Bayern kann laut ver.di und GEW ein Gehalt nach dem Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes bezahlt werden. Einige Betriebe sind auch Mitglied im Arbeitgeberverband. Langfristig muss der Bezirk, sollte er die Einrichtungen weiterhin unzureichend finanzieren, umdenken, denn „unsoziale Politik im sozialen Bereich führt zu Auseinandersetzungen und Problemen“, merkt Magdalene Majeed, die zuständige ver.di-Gewerkschaftssekretärin an.  

In vielen Bereichen der Behindertenhilfe herrscht ein großer Fachkräftemangel. „Um Fachkräfte zu gewinnen und zu halten, müssen sowohl die Arbeitsbedingungen, als auch die Bezahlung stimmen. Das sind die Voraussetzungen für ein qualitativ hochwertiges Angebot für die Menschen, die auf die Angebote der Tochtergesellschaften angewiesen sind. Politik und Diakonie müssen zu ihrer sozialen Verantwortung stehen und für gute soziale Arbeit, faire Löhne und eine ausreichende Mitbestimmung durch Betriebsräte sorgen“, führt Mario Schwandt, zuständiger GEW-Gewerkschaftssekretär aus.

Darüber hinaus weisen die Gewerkschaften ausdrücklich darauf hin, dass sie im engen Kontakt zu den Betriebsräten und der Belegschaft stehen. Nur so gelangen sie an die Informationen, die sie im Auftrag der Mitglieder an die Öffentlichkeit tragen. Unterstellungen seitens der Geschäftsführung, die Gewerkschaften würden „Angst und Schrecken“ in den Betrieben verbreiten, werden damit vehement zurückgewiesen.