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Berufsverbote

GEW Bayern: Politisch motivierte Berufsverbote weisen wir entschieden zurück!

Lisa Poettinger, eine prominente Stimme der Klimaprotestbewegung in Bayern, soll der Zugang zum zweiten Ausbildungsabschnitt der Lehrkräfteausbildung verweigert werden.

Das Kultusministerium begründet dies mit ihrer politischen Aktivität – eine Entscheidung, die die GEW Bayern als massiven Eingriff in das Grundrecht auf freie Berufswahl kritisiert.

In Bayern erfolgt das Referendariat für das Lehramt ausschließlich im Beamt*innenstatus. Voraussetzung für die Verbeamtung auf Widerruf sind eine fachliche und charakterliche Eignung. Letztere prüft das Kultusministerium unter anderem durch einen „Fragebogen zur Prüfung der Verfassungstreue“. Lehramtsanwärter*innen müssen darin bestätigen, keiner der aufgelisteten über 150 aus Sicht der bayerischen Staatsregierung extremistischen oder extremistisch beeinflussten Organisationen anzugehören. Das „Offene Antikapitalistische Klimatreffen München“, bei dem Lisa Poettinger aktiv ist, steht auf dieser Liste. Unter anderem deshalb stellt das Kultusministerium nun in den Raum, ihr den Eintritt ins Referendariat zu verweigern. 

Der Fragebogen existiert nur im Freistaat Bayern und erinnert an die Zeit der Berufsverbote in den 1970er- und 1980er-Jahren im Rahmen des „Radikalenerlasses“. Eine Regelanfrage beim Verfassungsschutz bei Einstellungen in den öffentlichen Dienst wurde in Bayern 1991 als letztem Bundesland offiziell abgeschafft, aber den Fragebogen gibt es bis heute. Ausgeschlossen von einer Beamt*innenlaufbahn wurden dabei vor allem Lehrkräfte mit linken politischen Aktivitäten. Wegen rechtsradikaler Ansichten traf es dagegen nur wenige. 

Bestehen aufgrund von Angaben im Fragebogen, des nicht Ausfüllens oder nicht vollständig Ausfüllens des Fragebogens Zweifel daran, dass sich bewerbende Personen jederzeit für die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes und der Verfassung eintreten, so müssen diese Zweifel vor einer Einstellung ausgeräumt werden. Mittel dazu ist insbesondere eine Anfrage beim Landesamt für Verfassungsschutz. 

Die Verwertung von „Erkenntnissen“ aus Ermittlungen von Staats- und Verfassungsschutz durch die Einstellungsbehörde bei der Frage der Zulassung zum Vorbereitungsdienst sahen auch die Richter*innen des Bundesverfassungsgerichtes in einem Beschluss vom 22.05.1975 (2 BvL 13/73) kritisch. Die Verfassungsrichter*innen stellten fest, dass eine solche Verwertung von nicht allgemein zugänglichen „Erkenntnissen“ bei der Frage einer Zulassung zum Vorbereitungsdienst unverhältnismäßig sein kann. Sie würden vielmehr die politische Atmosphäre vergiften, das Vertrauen nicht nur der Betroffenen in die Demokratie irritieren und den freiheitlichen Staat diskreditieren. 

Martina Borgendale, Landesvorsitzende der GEW, hat eine klare Haltung dazu: „Auch die Verwendung von Erkenntnissen, die aus dem ‚Fragebogen zur Prüfung der Verfassungstreue‘ resultieren, ist unverhältnismäßig und vergiftet die politische Atmosphäre. Der Fragebogen erscheint wie ein Relikt aus einer vergangenen Zeit, das es in keinem anderen Bundesland gibt. Er gehört endlich abgeschafft!“

Wenn Lisa Poettinger das Lehramtsreferendariat nicht absolvieren dürfte, würde das einen gravierenden Eingriff in ihre Lebensplanung bedeuten. Die Vorsitzende Borgendale erklärt das so: „Da der Staat beim Lehramtsreferendariat das Ausbildungsmonopol innehat, käme das Versagen des Eintrittes einem Ausbildungsverbot gleich, denn sie könnte ihre Ausbildung als Lehrerin ohne Referendariat nicht beenden. Und ohne abgeschlossene Ausbildung könnte sie später auch nicht als grundständig ausgebildete Lehrkraft an einer kommunalen oder privaten Schule arbeiten. Hier sähen wir ihr Grundrecht auf freie Berufswahl laut Artikel 12, Absatz 1 Grundgesetz stark eingeschränkt.“

Florian Kohl, stellvertretender Vorsitzender der GEW Bayern, betont deshalb: „Lisa Poettinger ist Mitglied der GEW. Die GEW Bayern wird sie deshalb im anhängigen Verwaltungsverfahren mit Rechtsschutz unterstützen. Das Verfahren ist noch offen. Wir fordern das Kultusministerium auf, Lisa zum Referendariat zuzulassen. Das bayerische Schulsystem muss auch kritische Stimmen aushalten können und Meinungsvielfalt als Bereicherung sehen, nicht als Gefahr.“

Kontakt
Martina Borgendale
Vorsitzende
Adresse Neumarkter Straße 22
81673 München
Telefon:  089 544081 – 17
Kontakt
Florian Kohl
stellvertretender Vorsitzender, Bereich Schule
Mobil:  0170 362 33 61