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Chronologie der wichtigsten Beschlüsse und Urteile zu den Berufsverboten

Die Rechtfertigung der Berufsverbote aus der Geschichte der Weimarer Republik erweist sich als Geschichtsfälschung. Der Antikommunismus und die Radikalenhysterie in der Bundesrepublik haben inzwischen ihre eigene Geschichte. Eine Chronologie der wichtigsten Beschlüsse und Urteile soll einen Überblick – insbesondere seit 1972 - geben.

19. September 1950

Ein Beschluß der damaligen Bundesregierung gegen Mitglieder appositioneller Organisationen führt zur Entlassung vieler Beamter und Angestellter aus dem öffentlichen Dienst. Bis 1971 bleibt das Thema „Radikale im öffentlichen Dienst" jedoch weitgehend außerhalb der allgemeinen Diskussion.

25. April 1961

Die bayerische Staatsregierung faßt einen Beschluß über „verfassungsfeindliche Betätigung von Angehörigen des öffentlichen Dienstes", der bis 1972 in Kraft bleibt.

23. November 1971

Der Hamburger Senat stellt in einem Grundsatzbeschluß fest, daß die Ernennung zum Beamten auf Lebenszeit bei politischen Aktivitäten des Bewerbers in radikalen Gruppen unzulässig sei. Die Angst' vor der kritischen Jugend von 1968, die nun auch in die

Staatsämter nachrückt, stärkt offenbar die obrigkeitsstaatlichen Elemente in den Regierungen und Bürokratien des Bundes und der Länder. „Radikal" wird zum Schimpfwort.

28. Januar 1972

Die Ministerpräsidenten der Länder und der Bundeskanzler beschließen „Grundsätze über die Mitgliedschaft von Beamten in extremen Organisationen".

18. April 1972

Die bayerische Staatsregierung übernimmt wie andere Bundesländer diese Grundsätze. Sie erläßt am

27. März 1973

in einer „Bekanntmachung über die Pflicht zur Verfassungstreue im öffentlichen Dienst" bereits weitgehende Durchführungsbestimmungen.

30. August 1973

Das bayerische Kultusministerium weist alle nachgeordneten Behörden und Dienststellen an, die Bekanntmachung der Staatsregierung vom 27. 3. 1973 zu vollziehen.

2. Oktober 1973

Die Landesregierung von Baden-Württemberg verabschiedet den sog. „Schieß-Erlaß", der eine besonders rigide Berufsverbotspraxis einleitet.

Februar 1974

Die Länder Bayern und Baden-Württemberg bringen einen gemeinsamen Gesetzentwurf im Bundesrat ein, der dort aber scheitert.

6. März 1974

Das Bundeskabinett verabschiedet einen Gesetzentwurf zur „Änderung dienstrechtlicher Vorschriften" („Genscher-Entwurf"). Der Entwurf scheitert ebenfalls im Bundesrat.

6. Februar und 23. März 1975

Bundesverwaltungsgerichtsurteile bestätigen die Nichtzulassung zum Lehrerberuf wegen der Mitgliedschaft in einer „verfassungsfeindlichen" Partei.

22. Mai 1975

Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts bestätigt in wesentlichen Punkten die bisherige Berufsverbotspraxis, verurteilt aber die Speicherung von Ermittlungen der (Staatsschutz-)Behörden für Zwecke der Einstellungsbehörden als „schwerlich vereinbar mit dem Rechtsstaatsprinzip".

19. Mai 1976

Die Bundesregierung erläßt neue „Grundsätze für die Prüfung der Verfassungstreue von Bewerbern für den öffentlichen Dienst". Diese Grundsätze werden von den SPD/FDP-regierten Ländern übernommen.

1.Juni 1976

In einer Erklärung lehnt die bayerische Staatsregierung die Grundsätze der Bundesregierung ab.