Betriebsratswahlen und Selbständige
Was kann der Betriebsrat für „Selbstständige“ tun?
Alle vier Jahre stellt sich eine Frage, der Wahlvorstände und Betriebsräte gerne ausweichen: Sind die Referent*innen, Honorardozent*innen, Externen oder, wie sie sonst noch heißen mögen, denn wahlberechtigt? Sind Betriebsräte für diese zuständig?
Das Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) sagt: Nein. Als Arbeitnehmer*innen gelten nur Arbeiter*innen, Angestellte und Auszubildende. Auch Heimarbeiter*innen, die es in Bildungseinrichtungen aber kaum geben dürfte, und Beschäftigte des öffentlichen Dienstes, die ihre Arbeit in einem privaten Betrieb ausüben, zählen dazu; also z. B. auch verbeamtete Lehrer*innen, die an Privatschulen unterrichten.
Wer ist eigentlich selbstständig?
Aber was ist mit den angeblich Selbstständigen, die freiberuflich in der Erwachsenen- und Weiterbildung, an Musikschulen, nicht selten auch an privaten beruflichen Schulen, in der gewerkschaftlichen und politischen Bildung und an privaten Hochschulen unterrichten? Selbst an Schulen gibt es immer mehr Arbeitsverhältnisse, die nicht als „klassisch“ bezeichnet werden können: Gemeint sind hier z. B. die Mitarbeiter*innen in der Ganztagesbetreuung, externe Lehrkräfte und sozialpädagogische Betreuer*innen in den Berufsintegrationsklassen, Schulbegleiter*innen im Rahmen des inklusiven Unterrichts. Bei ihnen ist auf den ersten Blick gar nicht klar, welcher Betriebsrat überhaupt zuständig ist – der des entsendenden Unternehmens oder der der Bildungseinrichtung, an der sie arbeiten? Da viele der oben Genannten an staatlichen Schulen arbeiten, kommt noch ein weiteres Problem dazu: An staatlichen Schulen gilt das BetrVG nicht. Die Frage wäre also, ob hier der Personalrat zuständig ist.
Wer wirklich selbstständig ist, hängt nicht nur vom Wortlaut des Dienstvertrages ab. Wenn ein*e Mitarbeiter*in in einen Betrieb eingegliedert und an Weisungen gebunden ist, spricht man von einem Arbeitsverhältnis, auch wenn der Arbeitgeber den Kündigungsschutz und die soziale Absicherung gerne vermeiden möchte. Der Betriebsrat (oder der Wahlvorstand) darf selbst beurteilen, ob seiner Meinung nach ein Arbeitsverhältnis vorliegt. Nach der Rechtsprechung ist das bei Pflichtunterricht an Schulen, die dem Landesschulrecht unterliegen, immer der Fall. Das gleiche gilt auch für staatlich genehmigte oder anerkannte Ersatzschulen. Egal, ob die Kolleg*innen nur wenige Stunden oder in Vollzeit unterrichten, und was sie sonst noch arbeiten. Der Arbeitgeber wird dem Wahlvorstand diese Mitarbeiter*innen in der Liste der wahlberechtigten Arbeitnehmer*innen aber nicht ausweisen.
Die Rechte des Betriebsrats
Nach § 80 Abs. 2 BetrVG hat der Betriebsrat aber einen Anspruch auf Unterrichtung. Dieser bezieht sich „auch auf die Beschäftigung von Personen, die nicht in einem Arbeitsverhältnis zum Arbeitgeber stehen, und umfasst insbesondere den zeitlichen Umfang des Einsatzes, den Einsatzort und die Arbeitsaufgaben dieser Personen.“ Diesen Anspruch sollten der Betriebsrat und der Wahlvorstand auch einfordern. Vielen Gremien ist dieses Eisen aber zu heiß. Ihre Befürchtung: Wenn die vermeintlich Selbstständigen in die Wahl einbezogen werden, könnte später die Wahl angefochten werden. Dann muss das Arbeitsgericht entscheiden.
Sind die „Externen“ wirklich selbstständig, hat der Betriebsrat abgesehen vom Informationsanspruch keine direkten Rechte. Honorarkräfte gelten als „freie Unternehmer*innen“, die angeblich keine Interessensvertretung benötigen. Nur wenn ein Themenkomplex auch die Arbeitnehmer*innen betrifft, kann sich für den Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht ergeben. Betriebspolitisch wichtig ist die Frage der Zuständigkeit aber allemal: Mit Honorarverträgen werden Arbeitgeberpflichten umgangen; ein Vorgehen, das auch den regulär Beschäftigten schadet.
GEW bietet Unterstützung an
Auch die GEW kann keine allgemeingültige Aussage dazu treffen, wer denn nun „selbstständig“ oder „scheinselbstständig“ ist, obwohl diese Frage weitreichende Folgen für die Kolleg*innen hat. Gemeint sind dabei Fragen zur Sozialversicherung, zum Kündigungsschutz, zur Entgeltfortzahlung u. v. m. Die Rechtsprechung dazu ist bisher leider sehr uneinheitlich. Wir von der GEW bieten den betroffenen Kolleg*innen, den Betriebsräten und Wahlvorständen aber Beratung dazu an.