„Kultusminister Schneider sollte seine eigenen Worte ernst nehmen“, kommentiert Oskar Brückner, Vorsitzender der GEW Bayern, den Besuch des Ministers mit der CSU-Fraktion in Finnland, „wenn er die frühe und individuelle Förderung von Kindern lobt.“ Schneider habe zwar mit seinen Äußerungen erkennen lassen, dass er die Grundsätze und die Praxis des dortigen Bildungssystems verstanden habe, weigert sich aber, diese Erkenntnisse in Bayern umzusetzen. So wird der angebliche Erfolg des neuen Kinderbildungs- und Betreuungsgesetztes dadurch verhindert, dass die notwendigen personellen Ressourcen sowie Aus- und Fortbildung der Erzieherinnen völlig unzureichend bleiben. Brückner: „Hätte Minister Schneider in Finnland genau hingesehen, hätte er sehen können, wie individuelle Förderung jedes Kindes mit verschiedenen Professionen an jeder Schule erfolgreich organisiert werden kann.“
Im krassen Gegensatz zu den Beifallsbekundungen Schneiders steht seine eigene Schulpolitik, die noch immer fast 10 % der Schüler ohne jeden Abschluss entlässt, eine hohe Zahl von so genannten Schulabsteigern aus dem Gymnasium produziert und mit 33 % die zweitniedrigste Quote von Studienberechtigten eines Jahrgangs in Deutschland aufweist. Außerdem wird weiterhin in Kauf genommen, dass in Bayern der stärkste Zusammenhang zwischen sozialer bzw. ethnischer Herkunft und dem Schulerfolg besteht.
Die GEW sieht sich in ihren Befürchtungen hinsichtlich eines Lehrermangels bestätigt. Das Wehklagen darüber, dass keine Pädagogen zu finden sind, deckt eine der größten Schwachstellen bayerischer Bildungspolitik auf: Keine andere Institution als das Kultusministerium ist für die langfristige Personalplanung verantwortlich und nur das Kultusministerium kann den Lehrerberuf durch entsprechende Rahmenbedingungen wieder attraktiv machen. Die GEW Bayern hat dazu in der Vergangenheit entsprechende Vorschläge gemacht, wie eine vereinheitlichte Lehrerinnen- und Lehrerausbildung nach Stufen (z. B. 1 bis 6, 4 bis 10, 8 bis 12) aussehen sollte Die Lehrer könnten so flexibel eingesetzt werden.
Brückner: „Schneider sagt, dass Schule von den Schülern her gedacht werden müsse. In der Konsequent bedeutet dies einen Paradigmenwechsel – weg vom selektiven gegliederten Schulsystem hin zu einem integrativen System, in dem Kinder und Jugendliche bis zur Mittleren Reife miteinander und voneinander lernen und individuell gefördert werden. In Berlin, Bremen, Sachsen und Schleswig-Holstein können jetzt oder ab nächstem Schuljahr Gemeinschaftsschulen eingerichtet werden. In Hamburg, Hessen, Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg haben intensive Diskussionen begonnen, Bayern entwickelt sich zusehends zur letzten Bastion gegen ein integratives Schulsystem. Als letzte Industrienation verabschiedet sich jetzt auch Österreich von der gegliederten Schule.“