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Arbeitsbedingungen während der Corona-Krise

Riesenexperiment im Versuchslabor Kita - nur zu unseren Bedingungen!

Die Staatsregierung hat beschlossen, die Kindertagesbetreuung schrittweise hochzufahren. Das Risiko für die Beschäftigten muss dringend minimiert werden. Mitglieder der GEW im Personalrat der Stadt München, melden sich zu Wort.

Bild: Pixabay CC

kurz & knapp

  1. Die Staatsregierung hat beschlossen, die Kindertagesbetreuung schrittweise hochzufahren. Angesichts der bisherigen Mangelverwaltung und der Umsetzung des Gute Kita Gesetzes in Bayern kann es nur  um Betreuung und Verwahrung gehen.

  2. Auch wenn die Ansteckungszahlen zurückgehen: Wir leben mit und in der Corona – Pandemie. Weitere Ansteckungswellen sind möglich. Unser Restrisiko muss dringend minimiert werden.

  3. In der Mangelverwaltung bleibt  für uns ganz oben: KiTa ist die erste Bildungseinrichtung, will ein  Ort werden mit höchstmöglicher pädagogischer Qualität. Es braucht beste Arbeitsbedingungen, um die ersten Lebensjahre zu erfolgreichen Bildungsjahren zu machen.

Was wissen wir über unser Berufsrisiko?

Es gibt in der Wissenschaft noch keine bewiesenen Befunde, wie sich das Virus in Bezug auf Kinder verhält. Der Virologe Drosten von der Berliner Charité hat immer wieder betont, dass Studien, wonach sich Kinder möglicherweise deutlich seltener als Erwachsene anstecken oder weniger infektiös sind, bisher höchstens Hinweise seien, aber keine Beweise und mit Vorsicht zu genießen sind. Verlässliche Daten liegen hierzu noch nicht vor, auch weil Kinder insgesamt weniger getestet wurden. Die Wissenschaft selbst steht unter einem hohen politischen Druck, wird benutzt für gewisse politische und wirtschaftliche Interessen und kommt damit in ein gefährliches Fahrwasser. Hauptsache in dem Ergebnis steht: Kitas dürfen wieder öffnen!

Gesundheitsschutz - Sind wir eine besondere Spezies Mensch?

Unser Gesundheitsschutz findet bisher in der politischen Diskussion überhaupt keine Beachtung. Dabei ist unser Arbeitsalltag jetzt schon bestimmt von Lärm, fehlenden Räumen, erhöhtem Infektionsrisiko, Mangel an erwachsenengerechten Möbeln... Aktuell scheint der Arbeitgeber uns als virenerprobtes pädagogisches Personal anzusehen, das für den Umgang mit dem Corona-Virus schon genügend Antikörper im Blut habe. Kämpfen wir doch im Jahreszeitenrhytmus jetzt schon mit anderen Virenarten, wie Rota, Noro, Rhino & Co.. So könnte man schnell schlussfolgern: Sie werden die neue Herausforderung mit dem Corona-Virus schon meistern... Vielleicht handelt es sich ja beim pädagogischen Personal um eine ganz besondere Spezies Mensch.

Sind wir das pädagogische Personal II. Klasse?

Das lässt sich auch aus der Behandlung der Ministerien in Bayern erkennen. Während das Kultusministerium seine Lehrer*innen über 60 Jahren daheim belässt und nicht zum Präsenzunterricht verpflichtet, arbeitet die Erzieher*in oder Kinderpfleger*in ab 60 Jahren weiterhin am Kind, obwohl diese in ihrer täglichen Arbeit den Kindern wesentlich näher kommt, als es die meisten Lehrer*innen jemals tun. Auf die psychische Belastung der Erzieher*innen und Kinderpfleger*innen wird seitens der Politik, der Träger und auch der Eltern keine Rücksicht genommen.

Orientiert man sich an dem SARS-CoV-2-Arbeitsschutzstandard des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales, wonach bei unvermeidbarem Kontakt zu anderen Personen bzw. nicht einhaltbaren Schutzabständen Mund-Nase-Bedeckungen getragen werden sollten, so kommt man schnell zu dem Schluss, dass ein Kita-Betrieb eigentlich nicht möglich ist.

Kita als Bildungsstätte – weiter nur Sonntagsreden?

Frühkindliche Bildung und Erziehung muss die Standards erfüllen, die sich die pädagogischen Fachkräfte in der Vergangenheit hart erkämpft haben, damit die Kitas als Bildungsstätte wahrgenommen werden.

Wie soll eine Sprachentwicklung, eine Interaktion mit Kindern auf qualitativ hohem Niveau hinter der neuen Gesichtsbekleidung stattfinden? Wie soll eine Eingewöhnung der Kinder unter den aktuell erforderlichen Hygienestandards gestaltet werden?

Die Öffnungserweiterung der Kita während der Corona-Pandemie darf nicht zur reinen Betreuungs- und Verwahranstalt verkommen. Keiner möchte, dass der Bereich der frühkindlichen Bildung und Erziehung wieder um Jahre zurück fällt.

Für das den Einrichtungen nun bevorstehende Riesenexperiment muss das bestehende Restrisiko dringend minimiert werden. Denn pures selbstloses Handeln wäre der falsche Weg!

Daher fordern wir:

  • Beschäftigte, die der Risikogruppe angehören, verbleiben im Home-Office für administrative Tätigkeiten
  • Erweiterung der Notbetreuung erst nach verifizierten wissenschaftlichen Erkenntnissen und der Zustimmung durch das ansässige Gesundheitsamt für jede einzelne Einrichtung
  • Testen des Personals und der Kinder in regelmäßigen Abständen
  • Genügend Zeit für das pädagogische Personal für Anpassungen und Umgestaltungen der Einrichtung und des Konzepts (Umstellen des offenen Hauses auf geschlossene Gruppen)
  • Ausstattung der Einrichtungen mit genügend Hand-Nasen-Schutz, ggf. auch mit FFP2- und FFP3-Masken für die pflegerischen Tätigkeiten
  • Ausdehnung der Notbetreuung abhängig von baulichen und örtlichen Gegebenheiten der Einrichtungen
  • Keine weitere Ausdehnung der Gruppengrößen (max. 5 Kinder)
  • Zusätzliches Personal für Zwischenreinigungen und Desinfizierungsmaßnahmen der verwendeten Spielmaterialien
  • Feste Bring- und Holzeiten von nur einem Personensorgeberechtigen
  • Ausstattung der Einrichtungen mit digitalem Handwerkzeug zur Erleichterung der Kontaktaufnahme zu Eltern und Bereitstellen von pädagogischen Angeboten für die Kinder zu Hause