Diese Gleichung stimmt so nur noch sehr eingeschränkt. Immer mehr Beschäftigte an den Schulen haben Arbeitsverhältnisse,
- die befristet sind
- die schlechter eingruppiert und damit geringer bezahlt werden
- die oft nur Teilzeit bieten
- die auf Honorarbasis gründen
- die über externe Träger angestellt sind, und entsprechend schlechter bezahlt werden
Kurz gefasst: immer mehr Arbeitsverhältnisse an Schulen sind sogenannte prekäre Jobs, die von den Beschäftigten sehr viel verlangen, aber wenig bieten.
Im Gefolge der pädagogischen Reformbemühungen um Ganztagsschulen und Inklusion entstanden eine Reihe neuer Betätigungsfelder an den Schulen, mit denen jedoch Arbeitsverhältnisse einhergehen, die für viele betroffene Beschäftigte prekär sind.
Gebundene Ganztagsklassen erhalten nur für 75% ihres zusätzlichen Zeitbedarfs ein Kontingent an Lehrkräftestunden. Für das übrige Viertel erhalten die Schulen 6000 Euro, mit denen sie 4 Wochenstunden übers ganze Schuljahr hinweg finanzieren müssen. Nur mit prekären Jobs, die wenig Geld, begrenzte Stunden und befristete Arbeitsverhältnisse bieten, kann der schmale Etat eingehalten werden. Diese Vorgehensweise in der Finanzierung wurde seitens des Kultusministeriums gelobt, denn damit würden vermehrt außerschulische Angebote und neue aktuelle Themen in den Schulalltag gelangen. Tatsächlich kam eine neue Gruppe von Beschäftigten an die Schulen, die für ihre stundenweisen Angebote als Minijobber eingestellt werden oder lediglich Honorare erhalten, mit denen sie ihre eigenen Sozialversicherungsbeiträge bezahlen müssen. Die Höhe der Honorare wird im günstigsten Fall nach Tarifkonditionen gestaltet, es gibt aber auch andere Beispiele. Im Krankheitsfall erhalten mit Honorar bezahlte Kolleg*innen nichts. Wenn die Klasse am vereinbarten Tag auf Klassenfahrt ist, gibt es auch kein Geld. Die Länge des Beschäftigungsverhältnisses variiert von wenigen Wochen bis hin zu einem Jahresvertrag. Die Dauer der Arbeitszeit ist begrenzt durch den geringen Etatansatz und nicht pädagogisch begründet. Die Qualifikation der Beschäftigten spielt eine nachgeordnete Rolle.
Der Inklusionsprozess hat eine Berufsgruppe geschaffen, deren Qualifikationen unklar und deren Tätigkeitsfelder nur mit dem vagen Terminus „Schulbegleitung“ umschrieben sind. Eine außerschulische Institution, nämlich das Jugendamt oder der Bezirk genehmigen und finanzieren auf Antrag der betroffenen Sorgeberechtigten eine Person, die den/die Schüler*in in der Schule begleitet. Es können aber auch die Eltern selbst als Arbeitgeber auftreten. Die Schulbegleiter*innen erhalten Arbeitsverträge, die sich durch die Förderbedürftigkeit des jeweiligen Kindes definieren. Das hat zur Folge, dass die Arbeitszeiten unterschiedlich lang sind, ein Vollzeitvertrag ergibt sich daraus nur selten. Die Verträge sind in der Regel befristet, wobei die Befristung häufig so gestaltet ist, dass die Phase der Sommerferien ausgespart wird. Den Betroffenen bleibt für diese Zeit nur der Gang zum Arbeitsamt. Die Anforderungen an die Qualifikation der Bewerber*innen sind nicht definiert, die Bezahlung ist entsprechend unterschiedlich. Zwar wird seitens des Sozialgesetzbuchs eine Förderung der Schulbegleitung nach zwei Einstufungen vorgenommen, was aber über die Arbeitgeber bei den Beschäftigten als Gehalt ankommt, gestaltet sich höchst unterschiedlich.
Still und leise ist in den letzten Jahren diese Beschäftigtengruppe in den Schulen entstanden und wächst in einem Ausmaß, dass mancherorts bereits jede/r vierte Beschäftigte auf prekärer Basis angestellt ist.
Still und leise arbeiten diese Kolleg*innen an der Seite von verbeamteten Lehrkräften an den Schulen, ohne dass ihre spezifischen Bedingungen und Probleme deutlich wahrgenommen werden oder ihnen angemessen geholfen wird.
Im „Regelbetrieb“ der Schulen (ganz überwiegend unabhängig von Ganztag oder Inklusion) arbeiten, je nach Schulart unterschiedlich, jedes Schuljahr immer mehr, vor allem junge Lehrkräfte immer wieder mit befristeten Verträgen, die oft auch nur über neun oder zehn Monate gehen. Eine Lebensplanung wird ihnen so nahezu unmöglich gemacht.
Es ist höchste Zeit, die prekären Beschäftigungsverhältnisse an den Schulen aus der Grauzone des Unwissens und der fehlenden mitarbeiterrechtlichen Vertretung herauszuholen und den betroffenen Kolleginnen und Kollegen gerechte und förderliche Arbeitsbedingungen zu ermöglichen.
Ilona Deckwerth
Studienrätin an Förderschulen
Erich Kästner Schule Füssen
Mitglied im Landesvorstand der GEW Bayern