Die Art der Umwandlung ist allerdings unterschiedlich: Während im evangelischen Diakoniebereich eine willfährige AK (Arbeitsrechtliche Kommission, scheinbar paritätisch besetzt) aktiv und ungestört ein neues System gebastelt hat, wird auf katholischer Seite der alten AK eine neue rechtliche Grundlage gegeben, die neue Ordnung AKO. Diese stellt sicher, dass trotz Parität die Arbeitnehmerseite im Schlichtungsverfahren überstimmt werden kann. Bisher waren
60 % nötig.
So dereguliert die Diakonie
Zur neuen AVR der Diakonie muss man sagen, dass sie langfristig nicht nur Kosten spart, sondern auch in keinem inneren Zusammenhang mit anderen AVRs oder dem TVöD steht. Es gab auch keine Einmalzahlungen und wird wohl auch keine Tarifsteigerungen geben.
Die Verschlechterungen – denen minimale punktuelle Verbesserungen gegenüberstehen – stecken im Detail und sind für die Masse der Beschäftigten nur im Vergleich zum TVöD oder TV-L zu erkennen.
Beispiele gefällig?
- Arbeitszeitkorridor von 38 - 42 Stunden durch Dienstvereinbarung möglich
- Absenkung der Arbeitszeit bis zu 20 % durch einseitige Ankündigung des Arbeitgebers 1 Woche vorher
- nur 3 Stufen Aufstieg in einer (von 14) Entgeltgruppe, von 95 % - 105 %: nach 8 Jahren ist alles erreicht
- keine Berücksichtigung befristeter Arbeitsverhältnisse bei der Überleitung
- abschmelzende Besitzstandszulage, keine Aufstiege bei Überleitung mehr
- deutliche Absenkung der unteren Entgeltgruppen und Umverteilung zugunsten der höheren Entgeltgruppen
- Die in den 14 Entgeltgruppen kalkulierte Spreizung der Löhne soll der Diakonie einen weiteren Konkurrenzvorteil verschaffen, den Druck auf tarifgebundene Anbieter erhöhen und sie wird die viel beklagte Abwärtsspirale durch die Kostenträger beschleunigen.
So dereguliert die Caritas
Bei der Caritas (DCV) musste man angesichts der Haltung der Arbeitnehmerseite in der AK, die den TVöD übernehmen wollte – wie die verfasste Kirche – , einen anderen Weg gehen, den der neuen Ordnung AKO. Dazu wurden nicht die ArbeitnehmerInnen befragt, sondern eine Diözesan-Caritas-Versammlung, in der meist VertreterInnen der Einrichtungen und FinanzmanagerInnen das Sagen hatten.
Und diese beschlossen, für die Zukunft den Flächentarif AVR abzuschaffen: Es gibt künftig Bundes- und Regionalkommissionen. Die Bundeskommission hat Bandbreiten festzulegen, die bei Löhnen mindestens 15 % nach oben und unten, bei Arbeitszeit und Urlaub mindestens 10 % differieren sollen.
Daneben können die Regionalkommissionen eigene Bandbreiten festlegen, völlig ohne Begrenzung. Diese gehen dann den Regelungen der Bundeskommission vor! Unbegrenzte betriebliche Öffnungsklauseln und Absenkung bei betrieblichen Notlagen bis zu 15 % runden das Ganze ab.
Die Regionalkommission Bayern wird von je 14 Mitgliedern aus den Diözesen gebildet, die Freistellungskontingente der ArbeitnehmervertreterInnen werden runtergefahren (auf 15 %).
All diese Winkelzüge haben nur einen Zweck, nämlich die Aufgabe starrer, flächendeckender Regelungen zugunsten von flexiblen Regelungen, die sich am jeweiligen Wohlfahrtsmarkt orientieren.
Damit zeigt man deutlich, wer der Herr im Hause Kirche ist. Gewerkschaften und Flächentarifverträge, die die Interessen aller ArbeitnehmerInnen verfolgen, sind nicht gefragt.
Dies ist nur eine allererste Kurzinformation!
KollegInnen und Mitarbeitervertretungen sind aufgerufen, sich in diesem Umwandlungsprozess kritisch und mit gewerkschaftlicher Unterstützung einzubringen.
Gemeinsam mit den KollegInnen von ver.di fordern wir nun erst recht Tarifverhandlungen mit Caritas und Diakonie – auch auf Landesebene.