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Trauer um Gottfried Koppold

Am 20. März haben wir, die Landesvertreter*innenversammlung der GEW Bayern, Gottfried zu unserem Vorsitzenden gewählt. Knapp zwei Monate später erreichte uns die unfassbare Nachricht: Gottfried ist tot. Während seines jährlichen Fahrradurlaubs mit Freunden verstarb er am 13. Mai an einem Herzinfarkt. Plötzlich, vermeintlich gesund.

Gottfried war ein politischer Mensch

Kennengelernt haben wir uns um 1970 in unserer gemeinsamen Heimatstadt Kempten, wo wir beide in der »katholischen Jugend« aktiv waren. Gottfried war damals in der Ausbildung zum Kommunalbeamten in der Gemeinde eines Nachbarortes. Die gerade neu eingerichtete Fachoberschule lockte ihn zurück in die Schule.

Während des anschließenden Studiums in Eichstätt trat Gottfried der GEW bei und baute zusammen mit einigen Gleichgesinnten eine »GEW-Studentengruppe « auf, die in der damaligen Aufbruchsstimmung rasch 80 Mitglieder hatte. Politische Arbeit fand im katholischen Eichstätt neben der Hochschule vor allem in der von der genannten Gruppe selbstverwalteten Kneipe statt. Nach dem ersten, in der Provinz erworbenen Hochschulabschluss zog es Gottfried an eine große Universität und in die Großstadt, nach Köln. Mit dem dort erworbenen Abschluss »Diplom-Pädagoge « begann er seine berufliche Tätigkeit.

Wir hatten uns aus den Augen verloren, bis ich nach Jahrzehnten erfreut den Namen Gottfried Koppold unter einem Artikel in dieser Zeitschrift entdeckte. Ich las ein Plädoyer für gemeinsames Leben und Lernen aller Kinder von Anfang an, lange bevor dieses Grundrecht Eingang in die deutsche Gesetzgebung fand. Gottfried war von 1979 bis 2010 Geschäftsführer und pädagogischer Leiter der Kinderhilfe im Landkreis Weilheim- Schongau, einer inklusiven Einrichtung der Kinder- und Jugendhilfe, und ist auch in dieser Funktion der GEW treu geblieben.

In seiner Region leistete er Pionierarbeit in den Bereichen frühkindliche Integration bzw. Inklusion. Seine Arbeit führte dazu, dass der Landkreis Weilheim- Schongau in Bezug auf integrative Einrichtungen bayernweit einmalig ist. In allen Einrichtungen der Kinderhilfe wird seit 30 Jahren modellhaft inklusiv gearbeitet und diese Einrichtungen hatten Vorbildfunktion für andere Kindertagesstätten. Das ist Gottfrieds Verdienst. Was seine »Arbeitgeberaufgaben« betrifft, waren die berechtigten Ansprüche der Beschäftigten ebenso Grundlage seiner Tätigkeit wie die Bedürfnisse der Kinder. Sowohl Zeit für Vor- und Nachbereitung der Arbeit der Pädagog*innen war in den Arbeitsverträgen verankert als auch das Recht auf jährliche berufliche Fortbildung. Beides fordert die GEW noch immer für die Beschäftigten aller entsprechenden Einrichtungen.

Gut kennengelernt habe ich Gottfried, seit er im Juli 2010 vom Landesausschuss der GEW Bayern zum stellvertretenden Vorsitzenden gewählt wurde. Von Anfang an beeindruckte er durch sein Engagement und seine Kompetenz, persönlich, fachlich und organisationspolitisch. Für die »Sozialpädagogischen Berufe« war er ein gefragter Referent und Ansprechpartner, ebenso auf Bundesebene, wo er auch Gleichgesinnte aus seinen beruflichen Anfangsjahren wieder traf. Nur ein Beispiel als Einblick in seine Tätigkeit: Gottfried konzipierte und initiierte eine Infokampagne insbesondere für Kitas zur Tarifauseinandersetzung 2014. Die Idee wurde vom GEW-Hauptvorstand übernommen, professionell gestaltet und allen Landesverbänden zur Verfügung gestellt. Seine politischen Pläne als Vorsitzender gibt sein »Bewerbungsartikel« in der DDS 1/2 2014 knapp zusammengefasst wieder. Bei seiner Wahl zum Vorsitzenden im März konnte niemand ahnen, dass er sein Amt nur wenige Wochen würde ausüben können.

Fast gleichzeitig wurde Gottfried für die Liste »Bürgervereinigung Peißenberg« wieder in den Gemeinderat gewählt.

Gottfried war auch ein Familienmensch

Gerne hat Gottfried bei abendlichen Runden nach Sitzungen und auf langen gemeinsamen Zugfahrten von seiner Familie berichtet. Von Maria, seiner Frau, mit der er seit Studienzeiten liiert war und die er auch für Aktivitäten in der GEW begeistern konnte, von seinen drei Töchtern Hannah, Kathrin und Ellen und ihren Familien. Schmunzelnd, aber auch stolz verwies er darauf, dass alle drei Töchter Lehrerinnen geworden sind, einen Beruf gewählt haben, der beiden Eltern fremd ist.

Gottfried war ein begeisterter Großvater! Ob er mit Maria nach Augsburg gefahren ist, um die Kleinen zu besuchen und zu betreuen, oder ob er sie nach Peißenberg geholt hat, die gemeinsame Zeit mit der Familie hatte immer Vorrang. Am meisten freute er sich wohl über die Gratulation des kleinen Max am 20. März mit den Worten: »Glückwunsch, Opa, dass du Chef geworden bist!«

Gottfried wird uns fehlen

Noch immer sind wir fassungslos über Gottfrieds so plötzlichen Tod. Wir können uns noch nicht vorstellen, dass er nie mehr in die Geschäftsstelle kommen wird. Nie mehr wird er an Sitzungen teilnehmen, nie mehr wird er neue Gedanken einbringen und auch unpopuläre Themen aufgreifen, im Interesse der GEW und aus Sorge um sie. Gottfried hinterlässt in der GEW Bayern eine Lücke, die nicht gefüllt werden kann.

Wer auch immer sein Amt, seine Aufgaben und Funktionen übernehmen wird, wird es naturgemäß mit eigenen Prioritäten und auf die eigene Art machen (müssen). Viele von uns verlieren nicht nur einen engagierten Vorsitzenden und Kollegen, sondern auch einen Freund. Wie seine Familie sind auch wir unendlich traurig.

Gele Neubäcker