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Streik an einer bayerischen Schule? Ja, geht doch!

Aschaffenburg: KollegInnen der Comenius-Schule und der Fröbel-Schule legten am 11. Februar die Arbeit nieder

Gut drauf

Die letzte Mail mit den präzisen Angaben zu den Haltepunkten war im Reiseunternehmen offensichtlich nicht gelesen worden, und so begann der Streiktag mit jenen kalten Füßen, die die kampfbereiten KollegInnen im Vorfeld gerade nicht bekommen hatten. Obwohl der Bus nach Würzburg erst mit halbstündiger Verspätung an der Schule am Bessenbacher Weg in Aschaffenburg eintraf und unsere KollegInnen von der Fröbel-Schule zur Lernförderung und der Comenius-Schule, ein staatliches Förderzentrum mit dem Förderschwerpunkt geistige Entwicklung, im morgendlichen Schneetreiben ausharren mussten, waren - und sind - sie weiterhin „gut drauf“.

Elternbeirat: Solidarität!

Die Wartezeit vor der Schule war gut genutzt worden. Der Elternbeirat hatte geschlossen die Unterstützung der tariflichen Forderungen und der gewerkschaftlichen Aktionen zugesagt. Etliche Eltern hatten sich zur „Verabschiedung des Streikbusses“ angemeldet, was auch dazu verhalf, dass die Reporterin vom Bayerischen Rundfunk und der Journalist der Regionalpresse samt Fotograf der Einladung zur Berichterstattung gefolgt waren. Also: Interviews und Fototshootings bei klimatischen Verhältnissen, die dem aktuellen Verhältnis der VerhandlungspartnerInnen entsprachen. In der Zeitung kamen die Eltern dann z.B so zu Wort: "Die Lehrer und Pfleger hier machen eine tolle Arbeit und wir wollen ihnen unsere Solidarität zeigen." - "Diesen Tag nehmen wir in Kauf, wenn die Betreuer dann besser honoriert werden" oder "Gerade Kinderpflegerinnen werden lumpig bezahlt."

"enormer Druck und psychische Belastung"

Die angestellten heilpädagogischen Förderlehrer und -lehrerinnen sowie Kinderpflegerinnen konnten gegenüber den MedienvertreterInnen ihre Teilnahme am Streik- und Aktionstag der GEW Bayern begründen: "Zu schlechte Bezahlung, zu große Klassen, zu dünne Personaldecke, gestiegene Anforderungen und längere Arbeitszeiten führen bei den Lehrern der Förderschulen zu einem enormen Druck und psychischer Belastung."
Die KollegInnen nutzten auch die Gelegenheit, auf weitere Umstände kritisch aufmerksam zu machen. So z.B. die weit verbreitete Praxis, dass KollegInnen oft Aufgaben einer LehrerIn ohne entsprechende Honorierung übernehmen müssten. Besonders schlimm sehe die Bezahlung der Kinderpfleger aus, die wichtige Bezugspersonen für die förderbedürftigen SchülerInnen seien.

"Wir wollen keine Streikbrecher sein"

Verbeamtete und deshalb nicht zum Streik berechtigte KollegInnen trugen sich in Solidaritätslisten ein und demonstrierten ihre Haltung mit einer an der Kleidung angehefteten Aufschrift „Wir nicht! Beamte wollen keine Streikbrecher sein!“ Für etliche Jungen und Mädchen der Schulvorbereitenden Einrichtung (SVE) fiel auch der Unterricht komplett aus.
Die Geschäftsführerin der GEW Bayern, Elke Hahn, begleitete die Streikwilligen nach Würzburg, wo sie dann gemeinsam mit weiteren GEW- und Verdi-VertreterInnen vom Untermain bei der Demonstration durch die Würzburger Innenstadt und der Kundgebung am Vierröhrenbrunnen dabei waren. Elke Hahn und die stellvertretende Vorsitzende der GEW Aschaffenburg-Miltenberg, Isabella Zang, hatten in kurzen Ansprachen die Gelegenheit, die kaltschnäuzige Haltung der Arbeitgeberseite zu kritisieren und darzustellen, wie berechtigt die Forderungen der KollegInnen seien, die hier im Ausstand waren (1).

Keine Reallohnsteigerung? - Deutschland alleine in Europa!

Reinhard Frankl, Vorsitzender der GEW Aschaffenburg-Miltenberg, hatte in einer Information an die Medien erklärt: "In einer Zeit, in der der Staat Hunderte von Milliarden Euro für die Rettung von privaten Banken und Betrieben ausgibt, muss auch genug Geld da sein, um den Beschäftigten im Öffentlichen Dienst Reallohnerhöhungen wie in anderen Teilen Europas zu ermöglichen (2). Politiker, die keine Sonntagsrede auslassen, mehr Geld für die Bildung zu fordern, müssen nun in ihrem Entscheidungsalltag auch dafür sorgen, dass gute Bildungsarbeit bei immer höheren Anforderungen an das pädagogische Personal auch entsprechend besser entlohnt wird.“

Also: Streik an einer bayerischen Schule? Geht doch! Wie das Nicht-Ergebnis vom letzten Potsdamer Wochenende zeigt, muss noch viel mehr gehen!

(1) mehr Bilder und Pressebericht s. Link unten

(2) s. Analysen und Zahlen zur Bildung, Link unten