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Passives Wahlrecht bei Mitgliedern von Schulleitungen I

Eingabe (22.9.2005) an den Bayerischen Landtag zur Änderung des Bayerischen Personalvertretungsgesetzes (BayPVG

Sehr geehrte Damen und Herren,

wir bitten Sie anlässlich der von der Bayerischen Staatsregierung initiierten Gesetzesänderung um eine Initiative zu einer weiteren Änderung des BayPVG, betreffend den Artikel 14, Abs. 3. Dieser soll lauten:

„Nicht wählbar sind für die Personalvertretung die in Art. 7 genannten Personen sowie Beschäftigte, die zu selbständigen Entscheidungen in Personalangelegenheiten der Dienststelle befugt sind, und Schulleiter/innen an Grund-, Haupt- und Förderschulen bzw. sonderpädagogischen Förderzentren, sowie deren Stellvertretungen.

Begründung:

Schulleiter und Schulleiterinnen an den genannten Schularten üben immer mehr Funktionen aus, die denen von Schulleitern und Schulleiterinnen an beruflichen Schulen, Realschulen und Gymnasien gleichen. Ihr Berufsbild hat sich zunehmend vom „Primus inter pares“ zum Dienstvorgesetzten entwickelt. Die z. B. in der „Lehrerdienstordnung“ (LDO) genannten „Aufgaben der Schulleiter“ sind weitgehend für alle Schularten die gleichen.

Es ist ein erklärtes Ziel der Politik (des Bayerischen Landtags, der Bayerischen Staatsregierung und insbesondere des Kultusministers), Schulen mehr Eigenständigkeit und Eigenverantwortlichkeit zu übertragen. In der Sichtweise der bayerischen Regierungspolitik bedeutet dies: Die Stellung der Schulleitungen an Grund- und Hauptschulen (GHS) und Förderschulen soll durch die schrittweise Übertragung von Dienstvorgesetzteneigenschaften gestärkt werden.

Ein deutlicher Schritt in diese Richtung war die Übertragung der Zuständigkeit und der Verantwortung für die dienstliche Beurteilung auf die Schulleiter bzw. Schulleiterinnen im Mai dieses Jahres. Damit treffen sie faktisch selbständig Entscheidungen in Personalangelegenheiten. Sie vergeben Prädikatsstufen und schaffen dadurch die Voraussetzungen für Bewerbungen um Funktionsämter oder verhindern eben dies. Gleiches gilt für das Verfahren an Realschulen, beruflichen Schulen und Gymnasien. Auch dort beurteilt der Schulleiter bzw. die Schulleiterin.

Über die Übertragung von Funktionsämtern wird jedoch in allen Fällen vom Kultusministerium bzw. von den Bezirksregierungen entschieden.

An allen Schularten sollen Schulleiter und Schulleiterinnen künftig die Auswahl von Lehrerinnen und Lehrern verantworten. So betonte Kultusminister Schneider bei seinem Besuch im Hauptpersonalrat im Juli dieses Jahres, er wünsche ein Mitsprache- und Entscheidungsrecht der Schule in den wichtigen Fragen – auch bei der Einstellung von Lehrkräften. Dies gelte vor allem für die Grund- und Hauptschulen.

Bereits seit einigen Jahren treffen Schulleiter und Schulleiterinnen auch an Grund-, Haupt- und Förderschulen selbständige Personalentscheidungen bei der Einstellung von Verwaltungsangestellten, mit denen sie dann u. U. ein- und demselben Personalrat angehören.

Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft hält insbesondere die Zuständigkeit für die dienstliche Beurteilung und die gleichzeitige Mitgliedschaft in der Personalvertretung für unvereinbar. Konflikte sind vorprogrammiert. Können Lehrerinnen und Lehrer Hand in Hand mit ihren (Quasi-)Dienstvorgesetzten die berechtigten Interessen ihrer Gruppe vertreten? Wie sollen (Kon)Rektorinnen und -Rektoren die Interessen und Rechte der „einfachen“ Lehrerinnen und Lehrer, deren Dienstvorgesetzte sie weitgehend sind, vertreten?

Bereits in der Vergangenheit wurden an die GEW immer wieder Probleme von Mitgliedern herangetragen, die eigentlich im Personalrat zu besprechen und zu lösen wären. Die betroffenen Kolleginnen und Kollegen sahen sich aber nicht in der Lage, das Anliegen dort einzubringen, wenn ihr „Chef“ involviert und gleichzeitig Personalratskollege ist.

Durch die Übertragung der dienstlichen Beurteilung und weiterer Dienstvorgesetzteneigenschaften an Schulleiter und Schulleiterinnen werden solche Konflikte künftig gehäuft auftreten.

Auch für Schulleiter und Schulleiterinnen im Personalrat muss es zu Konflikten kommen, wenn sie beide Rollen gleichermaßen ernst nehmen. Es ist sicher nicht einfach, inhaltlich und zeitlich stets genau zwischen der Tätigkeit als Rektor bzw. Rektorin und der als Mitglied der Personalvertretung zu trennen. In vielen Fällen ist dies auch nicht möglich.

Häufig hat der Personalrat auf die Erledigung von Beschwerden über Schulleiterinnen und Schulleiter hinzuwirken. Hier kann es nur dann zu überzeugenden Lösungen kommen,

  • wenn Schulleiterinnen und Schulleiter - wie an anderen Schularten auch – Verhandlungspartnerinnen und –partner der Personalvertretung sind, nicht aber deren Mitglieder;
  • wenn also Lehrerinnen und Lehrer die zu ihren Gunsten geltenden Gesetze und Verordnungen sowie die Interessen ihrer Kolleginnen und Kollegen selbst vertreten, und nicht Schulleiterinnen und Schulleiter.

Die gesetzliche Vorgabe für die Konfliktregelung zwischen Dienststelle und Bediensteten, nämlich  „vertrauensvolle Zusammenarbeit“ von Dienststellenleitung und Personalvertretung, bildet sich sonst innerhalb des Personalrats noch einmal ab. Dies kann nicht im Sinn des Gesetzes sein.

Das Thema „Dienstliche Beurteilung“ steht häufig auf der Tagesordnung von Personalratssitzungen und Personalversammlungen. In der Regel geht es dabei um Fragen der Gleichbehandlung aller Kolleginnen und Kollegen beim Beurteilungsverfahren, insbesondere bei den Unterrichtsbesuchen. Bei Personalratssitzungen geht es zudem häufig auch um Anfragen und Beschwerden einzelner Kolleginnen und Kollegen.

Bisher waren Schulrätinnen und Schulräte Ansprechpartner und Ansprechpartnerinnen der Personalvertretung, jetzt wären es in zahlreichen Fällen Mitglieder der Personalvertretung selbst. Auch dies kann nicht im Sinn des Gesetzes sein.

Was die Mitgliedschaft von (Kon-)Rektorinnen und –Rektoren in den einzelnen Personalräten betrifft, handelt es sich keineswegs um Einzelfälle.

Nach unserer Kenntnis ist diese Personengruppe in allen Personalräten vertreten, in der überwiegenden Zahl aller örtlichen Personalräte rekrutieren sich die Vorsitzenden aus ihr, dazu häufig auch die Mehrheit im Gremium. Berücksichtigt man noch, dass in den örtlichen Personalräten auch die Gruppe der Angestellten vertreten ist (häufig Verwaltungsangestellte), so verringert sich der Anteil der Lehrerinnen und Lehrer noch einmal zugunsten der (Kon)Rektorinnen und -Rektoren.

Aus Platzgründen verzichten wir auf die vollständige Darstellung und beschränken uns auf einige Beispiele aus den einzelnen Regierungsbezirken:

München:                    17 Mitgl., davon 8 (K)R, Vors. Rektor (R.)

Freising:                      11 Mitgl., davon 7 (K)R, Vors. R.

Augsburg:                    13 Mitgl., davon 7 (K)R, Vors. R.

Donau-Ries                  11 Mitgl., davon 7 (K)R, Vors. R.

Würzburg                      9 Mitgl., davon 4 (K)R, Vors. R.

Aschaffenburg (Ld.)       9 Mitgl., davon 3(K)R, Vors. R.

Ansbach (Land)           11 Mitgl., davon 5 (K)R, Vors. R.

Nürnberg (Land)          11 Mitgl., davon 5 (K)R, Vors. R.

Forchheim                    11 Mitgl., davon 4 (K)R, Vors. R.

Bamberg                        9 Mitgl., davon 2 (K)R, Vors. R

Schwandorf                  11 Mitgl., davon 7 (K)R, Vors. R.

Amberg-Sulzbach          11 Mitgl., davon 5 (K)R, Vors. R.

Rottal-Inn                      11 Mitgl.,  davon 5 (K)R, Vors. R.

Förderschulen O            15 Mitgl., davon 5 (K)R, Vors. KR.

Förderschulen Ofr.         11 Mitgl., davon 3 (K)R, Vors. R

Am stärksten sind (Kon-)Rektoren und -Rektorinnen in den Bezirkspersonalräten, Gruppe „Lehrer an Volksschulen“ vertreten:

Einmal 2 von 8 Mitgliedern

einmal 2 von 9 Mitgliedern

dreimal 5 von 9 Mitgliedern

einmal 6 von 9 Mitgliedern

einmal 5 von 7 Mitgliedern.

An 5 von 7 Bezirkspersonalräten ist der bzw. die Vorsitzende Rektor bzw. Rektorin, an 2 Konrektor, nirgends Lehrerin oder Lehrer. An 5 von 7 Bezirkspersonalräten bilden (Kon)Rektorinnen und –Rektoren die Mehrheit.

Im Hauptpersonalrat, Gruppe „Lehrer an Volksschulen“ sind von zehn Mitgliedern sechs Lehrerinnen und Lehrer (davon zwei Fachl.). Der Vorsitzende ist Rektor, ein Mitglied Rektorin, ein Mitglied Seminarrektor und ein Mitglied Schulrätin.

Die Gruppe „Lehrer an Sonderschulen“ besteht aus einem Konrektor und einer Lehrerin.

Für Kolleginnen und Kollegen an Realschulen, Gymnasien und beruflichen Schulen wäre eine Mitgliedschaft von Schulleiterinnen und Schulleitern in der Personalvertretung undenkbar.

Eine Änderung des Personalvertretungsgesetzes, wie oben vorgeschlagen, würde der sich verändernden Rolle von Schulleiterinnen und Schulleitern an Grund-, Haupt- und Förderschulen gerecht. Sie würde – und dies ist in erster Linie unser Interesse - gewährleisten, dass die Anliegen von Lehrerinnen und Lehrern durch Vertreterinnen und Vertreter ihres eigenen Tätigkeitsfeldes eingebracht werden. Personen, deren berufliche Rolle zwischen der eines Kollegen bzw. einer Kollegin und der eines bzw. einer Dienstvorgesetzten (und näher dort) angesiedelt ist, sind eben auf Grund dieser Rolle nicht geeignet, Lehrerinnen und Lehrer im Personalrat zu vertreten.