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Kündigt das Kultusministerium "Eine Schule für alle" an?

»Die Ausbildung an der Hauptschule soll berufsorientierter gestaltet
werden und somit verbesserte Chancen für den Beginn des Arbeitslebens vermitteln. Der Praxisanteil des Unterrichts an der Hauptschule wird deshalb gestärkt. Ein weiterer Schwerpunkt liegt in der Verbesserung der Grundkenntnisse in Deutsch, Mathematik und Arbeitslehre. Die Möglichkeiten, an der Hauptschule einen mittleren Bildungsabschluss zu erreichen, werden verbessert. Die Durchlässigkeit des gegliederten Schulsystems soll weiter gestärkt werden.«

 

Diese Programmsätze erklangen nicht beim Hauptschulkongress des Kultusministeriums im Mai 2007 in Ingolstadt. Sie stammen aus einer Broschüre des KM vom März 1999! Mit solchen Maßnahmen sollte damals die Akzeptanz der Hauptschule gegenüber der R 6 gestärkt werden. Dies ist nicht gelungen.

Und auch die »neue« Reform, der mit dem Hauptschulkongress in Ingolstadt Nachdruck verliehen werden sollte, wird wohl kaum gelingen. Nicht nur wir in der GEW sind dieser Meinung. Im Gegensatz zu ähnlichen früheren Veranstaltungen wie z. B. dem Schulentwicklungskongress in Augsburg mit seinen berühmten »Augsburger Thesen« – wer erinnert sich heute noch daran? – nahm die Presse keine Aufbruchstimmung wahr und auf. Im Gegenteil: Über Skepsis wurde berichtet. Kaum jemand scheint an die Rettung der Hauptschule zu glauben.

Nach wie vor ist die Hauptschule in der Bevölkerung wenig akzeptiert. Und so wird es auch bleiben, solange die Hauptschule die Schulart ist, an die alle Kinder und Jugendlichen verwiesen werden können, die keine andere Schulart, oft auch nicht die Förderschule, will.

Der Bildungsforscher Klaus Klemm meinte vor ein paar Jahren im Bayerischen Landtag, die Hauptschule sei nicht zu retten, es sei denn, man nähme sehr, sehr viel Geld in die Hand. Davon kann nicht die Rede sein. Die zusätzlich in Aussicht gestellten Mittel sind allenfalls Kosmetik: 1.600 Stellen zu streichen um sukzessiv 1.300 zurückzugeben bedeutet Einsparen. Für eine Ganztagsklasse zwölf LehrerInnenstunden und 6.000 Euro pro Jahr für sozialpädagogische Fachkräfte zur Verfügung zu stellen, bedeutet Mangelverwaltung. Schulleitungen großer Volksschulen eine einzige zusätzliche Anrechnungsstunde zur Verfügung zu stellen, bedeutet, die neuen Aufgaben von Schulleitung nicht wirklich ernst zu nehmen. Die Gewährung einer Poolstunde pro 95 HauptschülerInnen statt bisher 110 bedeutet einen immer noch um 35 SchülerInnen schlechteren Schlüssel als bei Einführung des Pools. Zudem werden beide »Verbesserungen« durch die zurückgehenden SchülerInnenzahlen kompensiert – wahrscheinlich werden trotzdem Stunden eingespart.

Weitere Beispiele ließen sich anführen.

Die finanziellen Grundvoraussetzungen zur Rettung der Hauptschule sind also nicht gegeben.

Und auch am ernsthaften Willen dazu darf gezweifelt werden. Nicht einmal der Kultusminister selbst scheint an seine Reform zu glauben. Niemand könne garantieren, dass die Zahl der HauptschülerInnen nicht noch weiter sinke, sagte er fünf Tage nach dem Kongress und kündigte die Schließung weiterer Hauptschulen an. Dies geschah während einer Landtagsdebatte zum Thema »Bessere Bildung bei sinkenden Schülerzahlen« in Anwesenheit von 24 der 124 CSU-Abgeordneten. Priorität für Bildung?

Oder ist in Wirklichkeit alles ganz anders? Wird im KM bereits die Einführung einer Gemeinschaftsschule vorbereitet? Soll die Hauptschulinitiative bewusst ins Leere laufen, damit die Hauptschule endlich aufgelöst werden kann? Stehen wir vor der Realisierung unserer Vision der »Einen Schule für alle«?

Immerhin wird der Amtschef des KM mit folgender Aussage zitiert: Sollte die aktuelle Hauptschulreform nicht gelingen, wird es »in Bayern weder ein zweigliedriges noch ein dreigliedriges Schulsystem geben« (SZ vom 7.5.07).

Wir sind gespannt!