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Arbeits- und Gesundheitsschutz für Lehrkräfte I

Eingabe (1.12.2005) an den Bayerischen Landtag: Gewährleistung des Arbeits- und Gesundheitsschutzes für Lehrkräfte im Dienst des Freistaats Bayern

 

Bayerischer Landtag

- Landtagsamt -

Maximilianeum

 

81627 München

München, den 1.12.2005

 

Die GEW bittet den Landtag, die Staatsregierung aufzufordern, das Arbeitssicherheitsgesetz sowie das Arbeitsschutzgesetz endlich auch für die Lehrkräfte an den staatlichen Schulen Bayerns anzuwenden und damit den fehlenden Arbeits- und Gesundheitsschutz für staatliche Lehrkräfte zu gewährleisten. Das bedeutet insbesondere die Bestellung dafür ausgebildeter Arbeitsmediziner sowie die Durchführung und Dokumentation von Gefährdungsbeurteilungen der Arbeitsplätze an den Schulen.

Begründung:

Das Gesetz über Betriebsärzte, Sicherheitsingenieure und andere Fachkräfte für Arbeitssicherheit (ASiG) trat am 12. Dezember 1973 in Kraft, zuletzt geändert durch Artikel 10 des Gesetzes vom 24. August 2002 (BGBl. Nr. 62 vom 30 8.2002, S. 3412). Demnach hat jeder Arbeitgeber Betriebsärzte und Fachkräfte für Arbeitssicherheit zu bestellen. Diese sollen ihn beim Arbeitsschutz und bei der Unfallverhütung unterstützen.

Bei den Kommunen, den Sachaufwandsträgern, gibt es solche Betriebsärzte - auch für Lehrkräfte, aber eben nur für kommunale. Staatliche Lehrkräften müssen bisher darauf verzichten, weil in diesem Bereich noch die „Vorläufigen Richtlinien über die Gewährung eines arbeitsmedizinischen und sicherheitstechnischen Arbeitsschutzes in der staatlichen Verwaltung des Freistaates Bayern" gelten. Nach dieser Vorschrift fallen Lehrkräfte (unverständlicherweise) unter die Gruppe 4 (Büroberufe) dieser vorläufigen Richtlinie. Für diese Gruppe stehen jedem Beschäftigtem pro Jahr 0,2 Stunden betriebsärztliche Betreuung zu - staatlichen Lehrkräften allerdings nicht, da die "Vorläufigen Richtlinien" seit 1981 für Lehrkräfte noch nicht in Kraft gesetzt wurden.

Damit nicht genug:

1996 wurde das Arbeitsschutzgesetz novelliert. Dieses verpflichtet den Arbeitgeber  -  auch den öffentlichen  -  zur Durchführung von Gefährdungsbeurteilungen in den Betrieben und zur Bestellung von Betriebsärzten sowie Fachkräften für Arbeitssicherheit. Staatliche Lehrkräfte Bayerns können diese wichtigen Dienste bislang nicht in Anspruch nehmen. Das geht nicht nur auf Kosten der Gesundheit der Beschäftigten, sondern wirkt sich zweifellos negativ auf die Qualität der Schulen in Bayern aus. Ohne Einhaltung der arbeitsmedizinischen Standards gibt es auch keine verantwortbaren Schulentwicklungsprozesse.

Bereits im vorletzten Jahrhundert erkannte Werner v. Siemens, dass die Gesunderhaltung der Arbeitnehmer " nicht nur ein Akt der Nächstenliebe, sondern auch Ausdruck wirtschaftlicher Vernunft ist." Es erfordert auch heute keine lange Begründung dafür, dass Arbeits- und Gesundheitsschutz die Leistungsfähigkeit der Beschäftigten stabilisiert, die innerbetrieblichen sozialen Kontakte verbessert (z.B. durch Intervention beim "Mobbing"), eine bessere Verarbeitung von Belastungen unterstützt und so eine Stärkung der Arbeitszufriedenheit fördert.

Der bisherige Umgang mit der Arbeitskraft und der Gesundheit von Lehrkräften ist dagegen weder menschlich noch juristisch noch betriebswirtschaftlich zu akzeptieren. Die Weigerung, geltende Gesetze und Vorschriften zum Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz in Kraft zu setzen, ist unvereinbar mit unserer Verfassung -  ganz zu schweigen davon, dass sie auch allen Forderungen widerspricht, die sich aus dem christlichen Menschenbild ergeben.

Wir appellieren an Sie, diese beschämende Vernachlässigung der Fürsorgepflicht des Freistaats Bayern umgehend abzustellen.