1. Nullrunde
Die Staatsregierung will den Beamtinnen und Beamten für das Jahr 2011 eine Null-runde verordnen, und dies trotz vielfacher Forderungen von Politikern (bspw. Bun-deswirtschaftsminister Brüderle) und Wirtschaftswissenschaftlern, dass die Be-schäftigten am wirtschaftlichen Aufschwung teilhaben sollten. Derzeit ziehen große Unternehmen die tariflich vereinbarten Lohn- und Gehaltserhöhungen zeitlich vor. Die Steuereinnahmen steigen stärker als erwartet. Statt der Teilhabe an der allge-meinen wirtschaftlichen Entwicklung droht den Beamtinnen und Beamten mit der Nullrunde im laufenden Jahr ein Realeinkommensverlust.
2. Absenkung der Eingangsbesoldung
Mit der Absenkung der Eingangsbesoldung vollführt die Staatsregierung eine Rolle rückwärts bei der Beamtenbesoldung. Mit der Dienstrechtsreform von 1996 wurde der Stufenaufstieg für die älteren BeamtInnen zeitlich gestreckt. Mit den eingespar-ten Geldern wurden u. a. die Gehälter der jungen Beamtinnen und Beamten aufge-stockt. Mit dem neuen Dienstrecht von 2011 werden durch die Streichung der unte-ren Stufen der bisherigen Besoldungstabelle die Eingangsbesoldungen erneut ver-bessert, um Berufsanfänger in der Phase der Familiengründung angemessen zu unterstützen. Und nun die Rolle rückwärts: Absenkung der Eingangsbesoldung. Be-troffen sind beispielsweise junge Lehrkräfte, die schon aus dem Studium (Studien-gebühren, BaföG …) und dem Referendariat (mehrfacher Umzug) zumeist ein Schuldenpaket mitbringen.
3. Unzureichende Berücksichtigung von Berufserfahrung
Die Zuordnung aller neueingestellten Lehrkräfte in die erste mit einem Wert belegte Stufe innerhalb einer Besoldungsgruppe benachteiligt viele künftige Lehrkräfte der beruflichen Schulen. Sie kommen in der Regel nach einer Berufsausbildung über den zweiten Bildungsweg oder nach langjähriger Berufstätigkeit (FachlehrerInnen) in den Schuldienst. Die Zuordnung in die erste mit einem Wert belegte Stufe ent-wertet die mitgebrachten betrieblichen Erfahrungen. Diese Benachteiligung wird auch durch die Möglichkeit der fiktiven Vorverlegung des Dienstbeginns nur unzu-reichend korrigiert.
4. Leistungsorientierte Besoldung
Kernelement der Dienstrechtsreform ist die leistungsorientierte Besoldung. Mit der Aussetzung der Leistungsbesoldung für die Beamtinnen und Beamten des Freistaats im Doppelhaushalt für die Jahre 2011 und 2012 macht die Staatsregierung auch hier eine Rolle rückwärts.
5. Was ist Leistung?
Eine Besoldung nach Leistung setzt voraus, dass es objektivierbare Leistungskriterien gibt. Gerade im Bildungsbereich ist Leistung aber nicht quantifizierbar. Gute Schule ist das Ergebnis der Kooperation der Lehrkräfte miteinander und nicht der Leistungskonkurrenz gegeneinander. Heutzutage stehen Beschäftigte, die sich, wie wir Lehrkräfte, außerhalb des Marktes bewegen, unter den Generalverdacht des Faulenzertums. Mit jeder Sparrunde der letzten zwanzig Jahre hat sich jedoch der Leistungsdruck auf die Beschäftigten im öffentlichen Dienst erhöht. Die Arbeitszeit wurde mehrfach erhöht. Die Beschäftigten arbeiten über dem Limit, und jetzt sollen sie durch Leistungsanreize noch mehr leisten, und das bis zum 67. Lebensjahr.
6. Beurteilung bis zum Ruhestand
Die Ausweitung der periodischen Beurteilung auf alle Beamtinnen und Beamten bis zum 67. Lebensjahr wird u. a. mit der Einführung von leistungsbezogenen Besoldungselementen begründet. Aber Leistungsbeurteilungen nach einem Rangordnungsverfahren mit Normalverteilung der Beurteilungsprädikate sind für die Mehr-zahl der Beurteilten in der Regel demotivierend. Allenfalls für das oberste Drittel der Beurteilten wirken sie motivierend. Die periodische Beurteilung kann ihre hochgesteckten Ziele (Grundlage für Personalentscheidungen und für die Leistungsbesoldung einerseits und Hilfsmittel für die Personalentwicklung andererseits) nicht gleichzeitig leisten. Die Beurteiler sollen zugleich Richter (Einordnung der Beurteilten in die Rangordnung) und Förderer sein. Unter diesen Bedingungen ist das Beurteilungsverfahren nicht durch Offenheit der Beteiligten (Förderung) geprägt sondern durch Verstecken und „Blenden“ (Misstrauen). Die Ausweitung der Regelbeurteilung erweist sich als Vergeudung personeller Ressourcen und fachlicher Kompetenzen. Für die Förderung der Qualität von Schule ist sie eher kontraproduktiv.
7. Arbeiten bis 67
Die Erhöhung des Pensionsalters auf 67 ist nichts anderes als eine Pensionskür-zung, also eine Sparmaßnahme. Die Mehrzahl der Beamtinnen und Beamten wird Abschläge zur Pension hinnehmen müssen. Arbeiten bis 67 ist grundsätzlich nicht möglich, solange es keine entlastenden Arbeitsbedingungen und keine aktive Ge-sundheitsvorsorge für die Beschäftigten gibt. Neues Dienstrecht: mehr Dienst, weniger Recht!
8. Fazit
Ohne echte Verhandlungsrechte für die Beschäftigten weist das neue Dienstrecht den bayerischen Beamtinnen und Beamten eine Bittstellerrolle zu. Besoldung und Arbeits-bedingungen, wie bspw. Arbeitszeit und Klassenstärken, hängen von der Gnade des Dienstherrn ab. Grundlegende Rechte zur Gestaltung ihrer Arbeitsbedingungen werden den Beamtinnen und Beamten vorenthalten. Die GEW fordert seit langem ein einheitliches Dienstrecht für alle Beschäftigten im öffentlichen Dienst: Verhandeln statt Verordnen!