Zum Inhalt springen

LPO I - Stellungnahme

Stellungnahme zum KM-Entwurf der neuen LPO I (Beschluss des GEW-Landesvorstandes v. 14.9.2007)

Die GEW begrüßt Bemühungen, die Lehramtsstudiengänge entsprechend den Bologna-Verpflichtungen anzupassen und neue wissenschaftliche Erkenntnisse in die Lehrer/innenbildung einfließen zu lassen. Diese Ziele werden mit dem vorgelegten Entwurf jedoch nicht erreicht.

 

§ 22 Zulassungsvoraussetzungen Module und Staatsprüfung

Wir beziehen uns auf unsere Stellungnahme zum BayLBG von 2006 und kritisieren erneut, dass zusätzlich zu den universitären Prüfungen noch staatliche abzuleisten sind. Wir sehen darin eine Benachteiligung bayerischer Student/innen gegenüber denen aus anderen Bundesländern. Staatsprüfungen dienen der laut Staatsregierung angestrebten größtmöglichen Kontrolle. Sie gewährleisten keinen erkennbaren Beitrag zur bestmöglichen Ausbildung künftiger Lehrer/innen, sondern belasten Lehrende und Studierende zusätzlich in erheblichem Maß. Neuere Erkenntnisse der Motivationsforschung weisen darauf hin, dass eine kontrollierende Instruktion eine geringere Behaltensleistung und eine oberflächlichere Bearbeitung induzieren kann. Positive Rückwirkungen von Prüfungen auf das Leistungsverhalten sind nur zu erwarten, wenn Rückmeldungen unterstützend formuliert werden[1].

Die Art der Berechnung von Gesamtnoten anhand von Formeln (z. B. „Die Gesamtnote … wird in der Art gebildet, dass die Summe aus dem vierfachen Zahlenwert der Fachnote in … dem zwölffachen Zahlenwert der Fachnote für …, dem sechsfachen Zahlenwert der Fachnote für … und dem dreifachen Zahlenwert der Note für… durch 25 geteilt wird“) soll den Anschein objektiver Leistungsbewertung erwecken. In wissenschaftlichen Forschungsprojekten wird seit Jahrzehnten immer wieder belegt, dass die Vergabe der Einzelnoten, die diesen mathematisch genauen Berechnungen zugrunde liegt, auf Grund subjektiver Werturteile geschieht. Demnach werden Noten, auch wenn sie bis zu zwei Dezimalstellen berechnet werden, dem Kriterium der Objektivität nicht gerecht. Die GEW fordert, dass derartige Forschungsergebnisse endlich bei Leistungsvergleichen in Schule, Universität und anderen Staatsprüfungen Berücksichtigung finden.

 

§ 22 Zulassungsvoraussetzungen und

§ 31 Abs. 2 Nichtbestehen der Prüfung

Es ist für uns nicht nachvollziehbar, dass nach wie vor an unterschiedlichen Mindeststudienzeiten für die unterschiedlichen Lehrämter festgehalten wird. 210 Leistungspunkte in (mindestens) sieben Semestern für künftige Grund-, Haupt- und Realschullehrer/innen und 270 Leistungspunkte für die anderen Lehrämter sind in keiner Weise gerechtfertigt.

Wir lehnen auch die Verkürzung der Höchststudiendauer für Lehrämter an Grundschulen, Hauptschulen und Realschulen von 12 auf 11 Semester, für Lehrämter an Gymnasien, beruflichen Schulen und für Sonderpädagogik von 14 auf 13 Semester ab. Dies würde vor allem erwerbstätige Student/innen treffen, da die Studiendauer durch Erwerbstätigkeit zunimmt. Am stärksten betroffen wären Student/innen aus sozial benachteiligten Schichten, da sie bei Überschreiten der Bafög-Förderhöchstdauer auf Erwerbstätigkeit angewiesen sind.[2]

In der Begründung zum Entwurf wird auf Seite elf festgestellt: „Diese Bestimmung entspricht § 35 Abs. 2 der bisherigen LPO I.“ Diese Aussage entspricht jedoch nicht den Tatsachen. In § 35 Abs. 2 der noch gültigen LPO I ist von 12 bzw. 14 Semestern die Rede!

 

§§ 6 und 33 Abs. 5 Stellenwert der Erziehungswissenschaften

Die Reduzierung der Ersten Staatsprüfung im Fach Erziehungswissenschaften auf nur eine Prüfung in nur einem von drei wichtigen Teilgebieten lässt eine Geringschätzung des erziehungswissenschaftlichen Bereichs gegenüber anderen Teilgebieten erkennen.

Die Sonderregelung, dass in der Staatsexamensprüfung in Erziehungswissenschaften mindestens ein „Mangelhaft“ erreicht werden muss, ist überflüssig und zeugt von einem tiefen Misstrauen gegenüber den Studierenden. Hier hilft auch keine an den Haaren herbeigezogene Begründung wie diese: „Durch diese Regelung soll verhindert werden, dass Prüfungsteilnehmer zur Ersten Staatsprüfung in diesem Fach überhaupt nicht mehr antreten, wenn die bereits erzielten universitären Prüfungsleistungen entsprechend gut sind.“[3]

 

Weitgehender Wegfall der mündlichen Prüfungen (Begründung S. 11, Zweiter Teil)

Der Entwurf sieht eine weitgehende Abschaffung mündlicher Prüfungsteile vor, bei gleichzeitiger Ausweitung der schriftlichen Prüfungsteile. Dies bedeutet eine Mehrbelastung der Studierenden. Wenn das Staatsministerium nicht auf die „Kontrolle“ durch ein Staatsexamen verzichten will, dann sollten die bereits abgelegten universitären Prüfungen beim Umfang der Staatsexamensprüfung Berücksichtigung finden, was letztendlich zu einer Verringerung der schriftlichen und mündlichen Prüfungsteile führen würde. 

 

§ 85 Fächerverbindungen für das Lehramt an beruflichen Schulen

Dem Entwurf entsprechend sollen die Fächerverbindungen für das Lehramt an beruflichen Schulen auf wenige berufliche Fachrichtungen begrenzt werden. Dies kommt einer Abschaffung der Staatsexamensstudiengänge in den beruflichen Fachrichtungen Bautechnik, Ernährungs- und Hauswirtschaftswissenschaft, Gesundheits- und Pflegewissenschaft und Agrarwirtschaft gleich. Wieso das Kultusministerium gerade in diesen Fächern die „Kontrolle“ über die Lehrerbildung an die TU München abgeben will, wird aus dem Entwurf nicht ersichtlich. Für die Lehrkräfte an beruflichen Schulen bedeutet die geplante Verringerung der beruflichen Fachrichtungen eine erhebliche Einschränkung der Möglichkeiten zur nachträglichen Erweiterung gemäß LBG Art. 23. Die GEW lehnt deshalb die Beschränkung der Erweiterungsmöglichkeiten für das Lehramt an beruflichen Schulen ab und fordert die Beibehaltung der bestehenden Staatsexamensstudiengänge.

 


[1] Vgl. Ulrich Schiefele und Lilian Streblow in  Regina Vollmeyer u.a. in: Motivationspsychologie und ihre Anwendung, Stuttgart 2005, S. 52

[2] Vgl. 18. Sozialerhebung des Deutschen Studentenwerks, Berlin 2007 u. a. S. 296, 340

[3] Entwurf Begründung zur Lehramtsprüfungsordnung I (LPO I), S. 12