Kommentar von Florian Kohl
Zur aktuellen Debatte rund um Schule und Kita
Ein Kommentar des stellvertretenden Landesvorsitzenden Florian Kohl zur aktuellen Debatte in den Bildungseinrichtungen und darüber hinaus.
Kinder sehnen sich nach den Begegnungen, die Kita und Schule täglich ermöglichen. Und sehr viele Kinder sind auf diese Begegnungen und Beziehungen angewiesen, um sich gesund entwickeln zu können. Familien fordern deshalb die Öffnungen von Schulen und Kitas, auch unabhängig vom Infektionsgeschehen. Man muss festhalten: Es ist der Politik in den letzten Monaten nicht gelungen, den Menschen ein schlüssiges Konzept zur Pandemiebekämpfung zu präsentieren. Maßnahmen sind nicht mehr nachvollziehbar und Zorn und Verdruss der Menschen lenken sich gegen das staatliche Versagen und nicht mehr gegen das Virus. Die eigenen Sorgen und Nöte verklären den Blick aufs Ganze, der aber so dringend notwendig wäre.
Die Ministerien sprechen zwar ständig davon, dass Arbeits- und Gesundheitsschutz oberste Priorität haben, in der Realität merkt man davon nichts. Es bleibt unverständlich, warum es in den Wochen und Monaten der Schulschließungen nicht gelungen ist, sämtliche Einrichtungen mit Luftfilteranlagen auszustatten. Testungen in den Einrichtungen machen Sinn, wenn medizinisches Personal zur Verfügung steht und die Testungen auch verpflichtenden Charakter haben. Schulleitungen sollen sich externe Unterstützung holen, schlägt das Ministerium vor. Das mag in der einen Schule vielleicht funktionieren, wenn aber das Rote Kreuz die Testzentren eines ganzen Landkreises organisiert, ist auf Anfrage nur ein müdes Lächeln zu holen. Außerdem: Viele Eltern wollen zwar offene Schulen, ihre Kinder aber nicht testen lassen. Das bringt das gesamte Konzept ins Wanken.
Bereits seit Wochen arbeitet Personal in Schulen und Kitas ungeimpft und ist täglich vielen Kontakten ausgesetzt. Die Priorisierung der Impfung von Grund- und Förderschullehrkräften und dem Personal in Kitas mag ein Schritt in die richtige Richtung gewesen sein, allerdings haben noch längst nicht alle ein Impfangebot erhalten. Und mal ehrlich: Nur ein Impfangebot an sämtliches Personal vor (!) Öffnung der Einrichtungen hätte Sinn gemacht.
Eine Regierung, die im Frühjahr und im Sommer des letzten Jahres noch so etwas wie Souveränität ausstrahlte, trudelt scheinbar konzeptlos vor sich hin und macht sich gefühlt mehr Sorgen um die eigene politische Zukunft als um das Wohlergehen der Bevölkerung. Anders sind die radikalen Kursänderungen nicht mehr zu erklären. Kritik wehrt sie mit harten Angriffen und Unwahrheiten ab (KM Bayern auf Twitter am 17.03.) oder bezichtigt Elternvertretungen der Lüge. (PM 29/2021 KM)
Dabei sind die Warnungen seit Wochen eindeutig und sie scheinen sich zu bestätigen. Die Zahlen steigen – vor allem in den Altersgruppen der Kinder. Die Befürchtung: Ein Öffnen in die dritte Welle der ansteckenderen Mutanten hinein wird sich rächen und viele Menschen werden das mit ihrer Gesundheit oder schlimmer bezahlen müssen.
Mit Fürsorge der „Schulfamilie“ und dem Personal gegenüber oder gesamtgesellschaftlicher Verantwortung hat der politische Kurs nichts mehr zu tun. Denn: Was Kinder für eine gesunde Entwicklung definitiv nicht brauchen ist ein unkalkulierbares Ansteckungsrisiko für sich, die eigene Familie und die Bezugspersonen in den pädagogischen Einrichtungen. Und damit nicht wieder der Vorwurf kommt, „[…] nur mit Maximalforderungen wie der Abschaffung der Noten zu kommen […]“ (Söder in der SZ, 17.03.), sondern dass Verbände „[…] an konzeptionellen Lösungen arbeiten […] (ebd.) sollen, hier noch ein Hinweis: Seit Jahren fordern Verbände, allen voran die GEW, die Sanierung der maroden Schulhäuser in ganz Deutschland und im Zuge dessen die Nachrüstung von Lüftungsanlagen, um gesetzlich vorgeschrieben CO2-Werte einhalten zu können. Außerdem eine beständige Forderung: Die Umsetzung des gesetzlich vorgeschriebenen Arbeits- und Gesundheitsschutzes an Schulen mit zuständigen Betriebsärztinnen und Betriebsärzten und Fachkräften für Arbeitssicherheit vor Ort. Maximalforderungen, die gesetzliche Bestimmungen umgesetzt sehen wollen. Und? Kaum etwas passiert. Viele Probleme hätte man jetzt nicht, wenn man den Maximalforderungen in der Vergangenheit Beachtung geschenkt hätte.
Um Bildung sicher zu machen, müssen die Zahlen runter. Konkrete Tipps: Kita- und Schulschließung bis nach den Osterferien; bis dahin gezieltes und unbürokratisches Impfangebot an das komplette pädagogische Personal; an jede Schule ein Team von Fachkräften für Arbeitssicherheit, die überall da Luftfiltergeräte installieren, wo sie notwendig sind; Installation von Teststationen vor Ort unter Einbezug der Kinderärzte, die beklagen nämlich große Einnahmenverluste (Kinderärzte befürchten Pleitewelle, Spiegel.de, 26.02.).
Aber wo wir schon bei den Maximalforderungen sind: In Zukunft kleinere Klassen wären wünschenswert, denn das Arbeiten in kleinen Gruppen ist mehr als angenehm für alle Beteiligten. Außerdem braucht es eine gerechte Bezahlung für alle systemrelevanten Berufsgruppen im pädagogischen Bereich. Und die Abschaffung der Noten. Natürlich.