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Integrationskurse

Resolution des Landesfachgruppenseminars Erwachsenenbildung am 7./8. Oktober 2005

Resolution

Am 7./8. Oktober 2005 organisierte die Landesfachgruppe Erwachsenenbildung der GEW Bayern in Leoni/Starnberger See eine Tagung zum Thema "Die Realität des Zuwanderungs­gesetzes: Integrationsmaßnahmen und die Folgen für die Betroffenen". Der Teilnehmerkreis – rund 35 Personen – setzte sich zusammen aus Honorarkräften sowie Vertre­ter/inne/n von Trägern und Migrantenverbänden. Ziel war es, nach einem knappen Jahr Erfahrung mit den neuen Regelungen für Integrationskurse Bilanz zu ziehen.

Bilanz

Integrationskurse werden seit 1973 staatlich gefördert. Durch die Einführung des Zuwande­rungsgesetzes zum 1.1.2005 wurden auch die Sprachkurse für Migrant/inn/en neu geregelt. Dies führte zu einer deutlichen Verschlechterung der Situation mit folgenden Problempunkten:

  • Da die bereitgestellten Mittel (2,05 € pro TeilnehmerIn und Unterrichtsstunde) bei Weitem nicht ausreichen, leidet die Qualität der Kurse (Zwang zu großen Gruppen mit extrem unterschiedlichen Bildungsvoraussetzungen). Die Träger, die Integrationskurse anbieten, können ihre Kosten nicht ansatzweise decken. Daher befinden sich die Honorare der Kursleiter/innen im freien Fall (23 € bis Ende 2004, jetzt vielfach 1/3 weniger, Tendenz weiter sinkend)
  • Der gestiegene Verwaltungsaufwand stellt eine immense Zusatzbelastung dar (ca. 30 – 45 min. Erstberatung pro Teilnehmer/in; hinzu kommen Tests, Formulare, Rechenschaftspflicht, Abrechnung der Module, Prüfungen,…)
  • Die Begrenzung der Kursdauer auf 630 Unterrichtsstunden wird vielen Migrant/inn/en nicht gerecht

Forderungen

Forderungen aus Sicht der Migrant/inn/en:

  • Sprachkurse sollen als Chance angeboten werden und nicht als Drohung (aufenthalts­rechtliche Folgen)
  • Beratung im Vorfeld durch eine unabhängige kommunale Beratungsstelle (Transparenz des Kursangebots unterschiedlicher Träger)
  • Möglichkeit der Reduzierung des Teilnehmerbeitrags (1 € pro Unterrichtsstunde) bei geringem Einkommen
  • gesetzlicher Anspruch auf Kursbesuch auch für bereits länger in Deutschland lebende Migrant/inn/en
  • Einsatz nur qualifizierter Lehrkräfte
  • Beteiligung von Vertreter/inne/n der Migrantenorganisationen an Konzeptions- und Evaluierungsprozessen

 

Forderungen aus Sicht der Träger

  • angemessene Finanzierung der Kurse
  • Reduzierung des Verwaltungsaufwands (Vorschläge im Einzelnen wurden vom Deutschen Volks­hochschulverband erarbeitet und liegen dem zuständigen Bundesamt für Migration und Flücht­linge/BAMF vor)
  • angemessene finanzielle Berücksichtigung der Verwaltungs- und Infrastrukturkosten der Träger

Forderungen aus Sicht der Lehrkräfte

  • Langfristig: Feste Beschäftigungsverhältnisse mit einer der geforderten Qualifikation entsprechenden Bezahlung (TVÖD 11-13)
  • Kurzfristig: Festlegung eines Honorars entsprechend den TVÖD-Stundensätzen
  • Neben den Lehrkräften mit einschlägiger Studienqualifikation auch Anerkennung der bisherigen Berufspraxis, ggf. mit Möglichkeit der Nachqualifikation
  • Anspruch auf öffentlich finanzierte Fortbildung

Angemessene Arbeitsbedingungen sind nicht nur existentiell für die betroffenen Lehrkräfte, sondern unabdingbare Voraussetzung für qualifizierten Unterricht!

 

Pädagogische Aspekte

  • Begrenzung auf 15 – 16 Teilnehmer/innen pro Kurs (aus pägagogischer Sicht für Sprachkurse die Höchstgrenze)
  • Erweiterung der Stundenzahl (derzeit 630 Stunden Förderung pro Teilnehmer/in): Anspruch auf 1.000 Stunden bei Bedarf
  • Differenzierte Abschlüsse
  • keine Kontrollfunktion in Sinne ausländerpolizeilicher Aufgaben für Lehrkräfte

Die beiden folgenden Punkte sind zwar im Gesamtsprachkonzept des BAMF vorgesehen, können jedoch mangels zusätzlicher finanzieller Mittel nicht umgesetzt werden:

  • differenzierte und zielgruppenorientierte Angebote (z.B. Alphabetisierung, z.B. Kurszeiten, die Schichtarbeit berücksichtigen)
  • sozialpädagogische Begleitung beim Träger

Fazit

  • Der Großteil der aufgezeigten Probleme lässt sich nur lösen, wenn erheblich mehr Mittel für die Sprachkurse bereitgestellt werden. Nur so können eine Kostendeckung für die Träger, eine angemessene Bezahlung der Lehrkräfte und ein qualifziertes Kursangebot im Sinne der Migrant/inn/en erreicht werden.
  • Integration und Spracherwerb als proklamiertes politisches Ziel sind kostenneutral nicht zu bewerkstelligen. Wenn die Politik die Sprachkurse chronisch unterfinanziert und die Kursangebote zynisch den Kräften des Marktes überlässt, wird man nicht Integration fördern, sondern im Gegenteil über Jahrzehnte gewachsene Strukturen und Erfahrungen im Bereich der Deutschkurse für Migrant/inn/en kaputtmachen. Es zeichnet sich ab, dass gerade kleinere, oft spezifisch erfahrene Träger unter diesen Bedingungen nicht weiter Kurse anbieten können und dass qualifizierte Lehrkräfte aus dem Bereich abwandern.
  • Angesichts der desaströsen Erfahrungen besteht rascher Handlungsbedarf. Verbesserungen müssen sofort erfolgen und nicht erst nach der für 2007 geplanten Evaluation.