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GEW Bayern unterstützt Klage zur Freistellung für Stadtratssitzungen

Der eklatanten Ungleichbehandlung bei der Freistellung von Stadtratsmitgliedern muss endlich ein Ende bereitet werden!

Im Regensburger Stadtrat werden nicht nur Angestellte der freien Wirtschaft zu Sitzungen freigestellt, sondern auch Beamte mit Gleitzeit - so z. B. ein Richter und ein Polizeibeamter  - sowie ein freigestellter Personalrat. Für diese Freistellung gibt es einen Rechtsanspruch in der Bayerischen Gemeindeordnung und im Beamtenrecht.

Dabei spielt es weder bei Angestellten noch bei Beamten eine Rolle, ob Gleitzeit möglich ist oder nicht. Ein Richter kann sich seine Zeit wenigstens teilweise frei einteilen. Zudem könnte bei einem Sitzungsplan, der schon im Herbst eines Jahres für das Folgejahr bekannt ist, jedes Stadtratsmitglied seine Arbeitszeit so legen, dass es eine Freistellung zu Stadtratssitzungen nicht in Anspruch nehmen müsste.

Die Firmen, bei denen die angestellten Mandatsträger arbeiten, werden von der Stadt Regensburg entsprechend entschädigt: Sie erhalten für die nicht erbrachte Arbeit von der Stadt Regensburg den Lohn sowie den Arbeitgeberanteil der Lohnkosten.

Dass das GEW-Mitglied Irmgard Freihoffer, Lehrerin und Stadträtin in Regensburg, seit vielen Jahren dafür kämpfen muss, zu den Sitzungen des Stadtrats und seiner Gremien freigestellt zu werden, während ihren Stadtratskolleg*innen diese Vergünstigung quasi in den Schoß fiel, ist völlig inakzeptabel.

Und es lässt aufhorchen, dass der Bayerische Innenminister Joachim Hermann mit einem Schreiben im Juni 2015 an den Arbeitgeber eines Mitglieds der CSU-Stadtratsfraktion in Regensburg bewirkt hat, dass das betreffende Stadtratsmitglied die durch Sitzungen verloren gegangene Arbeitszeit nicht mehr nacharbeiten muss. Hier wird einem Mitglied der eigenen Partei ein Vorteil gewährt, während er anderen versagt wird.

Es ist nicht nur der Gleichbehandlungsgrundsatz, der hier tangiert wird. Das im Grundgesetz verankerte Grundrecht der allgemeinen, freien und gleichen Wahl ist ein hohes Gut. Es bezieht sich nicht nur auf den Wahlvorgang, sondern setzt sich nach der Wahl im Grundsatz der strengen Gleichheit der Abgeordneten und Mandatsträger fort, deren Rechtsstellung und deren Mitwirkungsbefugnisse in der Vertretung deshalb ebenfalls in einem streng formalen Sinne gleich sein müssen.[1] Dieses Erfordernis wird noch durch das Demokratiegebot nach Art. 20 Abs. 2 GG – alle Staatsgewalt geht vom Volke aus - verstärkt.

Jede Ungleichbehandlung der Mandatsträger läuft deshalb auf eine Ungleichbehandlung der Wählerstimmen hinaus. Unsere Vorfahren in der Gewerkschafts- und Arbeitnehmerbewegung haben hart für dieses allgemeine, gleiche und freie Wahlrecht gekämpft, das das Mehrklassenwahlrecht abgelöst hat. Es darf unter keinen Umständen der jeweiligen parteipolitischen Machtkonstellation geopfert werden.

Wir brauchen Politiker*innen, die Zeit haben und bereit sind, sich in die komplizierte Materie der unterschiedlichsten kommunalpolitischen Themen einzuarbeiten. Dass das in einer kreisfreien Stadt von der Größe Regensburgs mit einem enormen Arbeitspensum verbunden ist, zeigt schon ein kurzer Blick auf die umfangreichen Beschlussvorlagen im Stadtrat und den Sitzungskalender. Dass sie dazu wenigstens die Freistellung zu den Sitzungen, die ihnen per Gesetz und Verordnung zustehen, erhalten, ist das Mindeste.

Die GEW Bayern steht voll und ganz hinter der Klage von Irmgard Freihoffer und fordern den Freistaat auf, die rechtswidrige Praxis endlich zu beenden!

Die öffentliche Verhandlung findet am Mittwoch, 15.03.2017, um 9.30 Uhr im Verwaltungsgericht Regensburg, Haidplatz 1, 93047 Regensburg, statt.

 

Rückfragen gerne an Irmgard Freihoffer: Tel. 0941/37285  // mobil 0176 43590676

 

V.i.S.d.P.: Elke Hahn, Geschäftsführerin GEW Bayern; mobil: +49 171 676 0000


[1] BVerfG, Urteil vom 21. Juli 2000 - 2 BvH 3/91 - BVerfGE 102, 224 <238 f.>