Keine Minute weniger!
Gegen die geplante Streichung von Kunst, Werken, Musik und Englisch an bayerischen Schulen
Keine Minute weniger! Gegen die geplante Streichung von Kunst, Werken, Musik und Englisch an bayerischen Schulen.
Wie es mittlerweile traurige Tradition geworden ist, stellt die Pisa-Bildungsstudie dem deutschen Schulsystem ein Armutszeugnis aus: wiedereinmal wurde die Lesefähigkeit unserer Schüler*innen weniger, der Ausbildungsstand in Mathematik hinkt laut den Autor*innen "durchschnittlich eine ganze Klassenstufe" hinter den Erwartungen hinterher. Gleichzeitig werden soziale Gräben zwischen Arm und Reich immer größer, das soziale Netz zerreißt in unseren Klassenzimmern.
Doch anstatt die tatsächlichen Ursachen dieser Probleme anzugehen, brachte sie unlängst einen Vorschlag ein, der bestehende Probleme einfach schlimmer macht: sie möchte die Bildenden Fächer Kunst, Musik und Werken sowie Englisch zusammenkürzen, um Platz für deutlich erweiterte Mathe- und Deutschstunden zu schaffen.
Nicht nur sieht sie die Fehler ihrer eigenen Politik nicht ein, sondern möchte sie nun auf dem Rücken der Beschäftigten und Kinder austragen. Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft sagt nein dazu und verlangt, endlich den Lehrer*Innenmangel, die Überbelastung der Kolleg*innen und die Jobunsicherheit von Fachlehrkräften zu beenden!
Sichere Lehre ist gute Lehre
Nicht nur steht fest dass durch ein Eindampfen der kreativen Fächer der Schulalltag für die Kinder stressiger, unausgewogener und schlicht schwerer wird. 6500 unserer Lehrerinnen und Lehrer stehen auf diesem Kurs mindestens ein erheblicher Wegfall ihrer Wochenstunden ins Haus. Wer, wie die CSU noch letztes Jahr behauptete, "um jede Fachlehrkraft wirbt", kann auf der anderen Seite nicht deren Lebensgrundlage entziehen! Cornelia Ulrich, im Vorsitz der GEW Augsburg:
Der Personalmangel an unseren Schulen wird sich mit der neuen Maßnahme der Staatsregierung weiter verschlechtern. Anstatt dringend notwendige Verbesserungen des Berufsbilds anzustoßen, werden Fachlehrkräfte nun an noch mehr Einsatzschulen gleichzeitig Arbeiten müssen. Mit zusätzlicher Belastung und bei Fachlehrkräften zu niedriger Bezahlung, gewinnt man keine neuen Beschäftigten.
Schule ist mehr als Zahlen und Buchstaben
Doch was würde unsere Schüler*innen tatsächlich dabei unterstützen gute Lehre zu erhalten? Ein Blick auf die vordersten Plätze des Pisa-Vergleich hilft hier: Schweden besitzt seit den späten 1980er Jahren "Kreativität und Zusammenarbeit" als eigene Kategorie in der Lehrplangestaltung, Kunst und Musik sind auf der selben Stufe wie Sprache und Mathematik. Guter Lehrerfolg kann nur in Umgebungen erzielt werden, in der Kinder Erfolgserlebnisse haben und sich wohl fühlen. Ein streichen der kreativen Fächer würde den Schulalltag für so viele Kinder ungleich schwieriger machen!
Aber wenn wir weiter nach Skandinavien schauen, wird klarer, warum diese Länder so besonders gut Abschneiden.
Bildung ist dort Staatsräson!
Ein fester Anteil des BiP wird dort für den Erhalt und Ausbau von Lehrstandards ausgegeben, Lehrer*innen sind größtenteils verbeamtet und es bestehen dezidierte Programme um Schüler*innen aus sozial schwachen Familien Fach- und Förderlehre bereit zu stellen. Besonders in Deutschland, wo sich der Anteil an sozial benachteiligten Kindern in den letzten zehn Jahren von 12 auf 25% verdoppelt hat, ist diese Art von Sozialpolitik wichtiger denn je!
Wo keine Lehrkraft, dort keine Lehre
Doch die größte Schwäche unseres Schulsystems - welches von der Pisa-Studie auch direkt so benannt wird - ist der desaströse Lehrer*Innenmangel. 73% unserer Kinder besuchen eine Schule, an der ein akuter Mangel an Lehrkräften herrscht, wo Unterricht einfach ausfällt und Kolleginnen und Kollegen mehr mit dem Stopfen der Löcher im Lehrplan beschäftigt sind als mit gutem Unterricht. In zehn Jahren werden in Deutschland über 68.000 Lehrer*innen fehlen, und kein Umstellen der Lehrpläne wird daran etwas ändern.
Deshalb fordert die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft den erneuten Pisa-Schock dazu zu nutzen, endlich die wahren Probleme in unseren Klassenzimmern anzupacken, nämliche durch eine Rücknahme des Piazolo-Pakets, eine massive Welle an Neueinstellungen im Schulwesen und eine Stärkung der Lehramtsausbildung statt einer Kürzung von Kreativität und Lehre!