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Erwachsenenbildung

GbF Aschaffenburg treibt Spielchen mit der Mitbestimmung

Die GEW Unterfranken unterstützt die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Gesellschaft zur beruflichen Förderung gegen Widerstände bei der Gründung und Durchsetzung der Betriebsratsarbeit.

GbF Aschaffenburg treibt Spielchen mit der Mitbestimmung
Bildungsgewerkschaft GEW: „So nicht!“


Bei der Gesellschaft zur beruflichen Förderung Aschaffenburg (GbF), einem Tochterunternehmen der Handwerkskammer Unterfranken, könnte bald schon die zweite Betriebsratswahl innerhalb weniger Monate nötig werden. Schon vor der erstmaligen Wahl im Mai dieses Jahres gab es Kündigungen und Abmahnungen, nachdem erste Planungen bekannt wurden. „Die GbF-Geschäftsführung treibt mit der gesetzlich garantierten betrieblichen Mitbestimmung Spielchen“, sagt Erwin Denzler, der zuständige Sekretär der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW). „So geht das nicht!“

Nun will die GbF-Geschäftsleitung befristete Arbeitsverträge von Betriebsratsmitgliedern nicht verlängern. Da das Gremium dann zu klein würde, müssten laut Gesetz Neuwahlen stattfinden. Die GEW vermutet, dass damit ganz gezielt der Betriebsrat wieder beseitigt werden soll, obwohl die GbF auf ihrer Website schreibt: „Die breite Beteiligung der Mitarbeiter an Entwicklung und Veränderung ist Bestandteil dieses Selbstverständnisses.“ Auch Martin Bissert, der Präsident der Handwerkskammer, hatte sich bei seiner Wahl 2021 für Tarifbindung und Mitbestimmung ausgesprochen. Nun aber wolle man sich nicht einmischen, wurde dem Betriebsrat auf Nachfrage beschieden.

Die GEW fordert die Geschäftsleitung auf, ihre gesetzlichen Aufgaben zu erfüllen. „Wir werden alle GEW-Mitglieder bei der GbF Aschaffenburg rechtlich unterstützen,“ gibt sich Denzler kämpferisch. „Wir haben die Klagen schon vorbereitet. Viele Befristungen sind kaum haltbar.“


HINTERGRUND

Die GbF
Die GbF Aschaffenburg ist als hundertprozentige Tochter der Handwerkskammer vor allem in der beruflichen Förderung von Arbeitslosen, in der Schulbegleitung von Kindern mit Behinderung und in der Berufsausbildung tätig. Auftraggeber sind deshalb öffentliche Stellen wie die Arbeitsagentur und andere Behörden. 

Schikanen bei der Betriebsratswahl
In dem Weiterbildungsunternehmen mit ca. 260 Beschäftigten wurde am 15. Mai 2024 erstmals ein Betriebsrat mit 9 Mitgliedern und einem Nachrücker gewählt. Aber jetzt will die Geschäftsführung die befristeten Arbeitsverträge einiger Betriebsratsmitglieder nicht verlängern. Da das Gremium dann zu klein wird, müssen laut Gesetz Neuwahlen stattfinden.

Schikanen
Die Schikanen sind nicht neu: Schon im Vorfeld der ersten Betriebsratswahl gab es erhebliche Probleme. Der für Weiterbildung zuständige Referent der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), Erwin Denzler, musste zur ersten Betriebsversammlung in das Martinushaus Aschaffenburg einladen, da die Beschäftigten Angst um ihren Arbeitsplatz hatten, wenn sie es täten. Denn sobald bekannt geworden war, dass eine Wahl geplant sei, erhielt ein beteiligter Mitarbeiter noch am selben Tag die Kündigung, ein weiterer in der Folge Abmahnungen. Nach einer Beschwerde der GEW beim Vorstand der Handwerkskammer und der Androhung einer Strafanzeige wegen Wahlbehinderung zeigte sich die Geschäftsführung kooperativer. Schließlich nahmen etwas mehr als 100 Beschäftigte an der Wahl teil.

Prekäre Arbeitsverhältnisse
Im Unternehmen gibt es etwa 80% befristete Arbeitsverträge. Teilweise werden sie über viele Jahre immer wieder verlängert. Die GEW will ihren Mitgliedern deshalb Rechtsschutz für Klagen dagegen gewähren. Auch die Verträge mehrerer Betriebsratsmitglieder laufen Ende August aus. Die Klagen dagegen können mehrere Monate dauern.

Betriebswirtschaftlicher Unsinn
Die GEW hat dafür kein Verständnis. Schon rein betriebswirtschaftlich sei es Unsinn, auf diese Art eine Neuwahl zu erzwingen, so Gewerkschaftssekretär Denzler: „Die Neuwahl kostet Geld für die Arbeitszeit des Wahlvorstandes, der Wähler und Wählerinnen, für dann notwendige neue Seminare falls neue Mitglieder des Betriebsrates gewählt werden. Und natürlich auch die Gehaltsnachzahlungen, wenn das Arbeitsgericht Befristungen für unwirksam erklärt.“ Gerade für ein Unternehmen, das eine öffentlich-rechtliche Kammer als Träger und Behörden als Kunden hat, sei das eine nicht hinnehmbare Geldverschwendung. 

Demokratie bewahren
Monika Hartl, Vorsitzende des GEW-Bezirks Unterfranken, erinnert auch daran: „Betriebsräte sind ein Bestandteil der Demokratie. Deshalb sind sie auch in Artikel 175 der Bayerischen Verfassung und im Betriebsverfassungsgesetz vorgeschrieben. Gerade ein Tochterunternehmen der Handwerkskammer sollte sich eher um eine konstruktive Zusammenarbeit mit den Beschäftigten bemühen und nicht jede Möglichkeit nutzen, um ihnen Steine in den Weg zu legen.“

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Kontakt: 
Erwin Denzler, GEW Bayern, erwin.denzler(at)gew-bayern(dot)de, Tel. 0911/737219

Monika Hartl, Vorsitzende des GEW-Bezirksverbands Unterfranken, GEW-Bezirksverband Unterfranken, Tel. 01520 888 63 51

Jörg Nellen, Geschäftsführer der GEW Unterfranken, Neutorstraße 9, 97070 Würzburg, joerg.nellen(at)gew-unterfranken(dot)de