Nach dem Wüten der NS-Terrororganisation Gestapo schrieb sich die junge BRD die strikte Trennung von Geheimdiensten und Polizei ins Grundgesetz. Viele polizeiliche Maßnahmen wurden unter Richtervorbehalt gestellt, also im Sinne der Gewaltenteilung der Kontrolle durch die Justiz unterworfen. Beides soll – so der CSU-Wille – mit der zweiten Novelle des Polizeiaufgabengesetzes (PAG) wohl noch in diesem Frühjahr relativiert, geschwächt oder beseitigt werden. Die Polizei soll mit umfangreichen Geheim- oder Nachrichtendienstbefugnissen sowie erheblichen präventiven Vollmachten (also ohne Vorliegen einer Straftat oder konkreten Gefahr) ausgestattet werden. Der Datenaustausch mit den Diensten soll dafür institutionalisiert werden. Ein qualitativ neuer Angriff auf den Rechtsstaat.
Die Polizei darf nach dem neuen PAG Aufenthaltsverbote- und -gebote erlassen, also auch über den Wohnort von Bürger*innen (»Gefährdern«) bestimmen. Mutmaßt die Polizei, dass eine Person eine Straftat begehen könnte, kann diese prä-ventiv in »Gewahrsam«, also in Vorbeugehaft genommen werden. Nicht, wie bisher, für maximal zwei Wochen, sondern für drei Monate, letztlich unbegrenzt. Sie kann Drohnen für sogenannte »Übersichtsaufnahmen«, also für flächendeckende Bilder einsetzen, bei Demonstrationen alles und jede*n filmen. Über die paramilitärische Ausrüstung mit Handgranaten und »anderen Explosivstoffen« verfügt die Polizei bereits. Neu hinzukommen sollen nun »Sprenggeschosse«, die »aus Schusswaffen verschossen werden können«. Angezapft werden zukünftig Telekommunikationsverbindungen, Computer, Internet- und E-Mail-Verkehr – auch das Briefgeheimnis soll obsolet werden.
Bislang musste bei allen polizeilichen Maßnahmen eine konkrete Gefahr, vor allem bei präventivem Vorgehen, erkennbar sein, jetzt genügt eine »drohende Gefahr«, die quasi immer, weil letztlich nie auszuschließen, gegeben ist. Das PAG selbst allerdings ist keine nur »drohende Gefahr«, sondern eine für Grundgesetz, Bürger*innen- und Freiheitsrechte sehr konkrete. Es ist ein Kreuz(chen) am Wahltag – und ein Kreuz davor und danach.