Zum Inhalt springen

Das war der 1. Mai 2021 in Erlangen

Nachbericht zu einer starken Demonstration in schweren Zeiten

Nun auch endlich unser Beitrag zum 1. Mai!
Wir waren mit unglaublichen 120 Demonstrationsteilnehmenden in der Erlanger Innenstadt unterwegs!
In Redebeiträgen von DIDF, DIE LINKE Erlangen, einigen Einzelpersonen und uns wurde lautstark Kritik am Umgang mit der Coronapandemie geübt. Diese Krise darf nicht weiterhin auf dem Rücken der Arbeiterklasse ausgetragen werden! Unseren vollständigen Aufruf könnt ihr hier noch einmal nachlesen.

Nach der Auftaktkundgebung am Rathausplatz ging es mit kämpferischer Stimmung quer durch die Innenstadt zum Schlossplatz.

Unsere Forderungen sind klar:

  • Sinnvoller Infektionsschutz an den Arbeitsplätzen!
  • Weg mit unwirksamen Repressionen wie der Ausgangssperre!

Alles in allem ein gelungener 1. Mai in Erlangen. Wir haben euch noch einmal ein paar Bilder zusammengestellt, anhand derer ihr in Erinnerung schwelgen oder euch selbst ein Bild von der Demo machen könnt. Vielen Dank an alle Kolleg:innen, die das ermöglicht haben. So macht Demonstrieren Spaß!

 

Was allerdings weniger Spaß gemacht hat, war die Art der Begleitung von Presse und Polizei (und Staatsschutz lol). 


In der Pandemiesituation müssen wir natürlich an die bekannten Regeln, besonders Mindestabstände, denken. Wir wollten daher entlang unserer Demoroute auf der Straße laufen, um in Dreierreihen den gesetzlich vorgeschriebenen Mindestabstand mehr als deutlich zu erfüllen. Kurzfristig hat uns die Polizei informiert, dass wir nur auf einer Fahrbahn laufen dürfen. Also mussten wir auf Zweierreihen umstellen. Völlig unnötige Schikane: Die Gegenfahrbahn wurde trotzdem gesperrt, der Straßenverkehr wurde durch den längeren Demonstrationszug sogar länger behindert. Auch fiel das Abstandhalten auf der engeren Fläche deutlich schwerer. Dennoch haben sich die Demonstrierenden vorbildlich daran gehalten. Aber natürlich hat uns die Polizei während der Demo immer wieder unter Druck gesetzt, dass angeblich irgendwas nicht passt. 
Was uns noch mehr stört war ein Kommentar eines Polizeibeamten: "Bei der türkischen Delegation, da gibt es wohl Sprachbarrieren, da müssen Sie in Zukunft ein paar extra Ordner abstellen." (Gedächtnisprotokoll)
Das ist einfach rassistisch. Die gemeinten Genoss:innen von DIDF sind nicht mit Verstößen aufgefallen. Aber für die Polizei ist natürlich klar: „Die“ nehmen das Virus nicht ernst und Deutsch können sie sowieso nicht. Zum Kotzen.

Während Rassismus in der Polizei offensichtlich kein Problem ist, stellt eine Demonstration zum 1. Mai offenbar eine massive Gefahr da, weshalb sich auch der Staatsschutz (Abteilung der Polizei für politische Kriminalität) unter die Demonstration mischte. Aber das stimmt schon; Forderungen nach sozialer Gerechtigkeit, Enteignung von Pharmakonzernen und gute Arbeitsbedingungen bedrohen Regierung und Staat ungemein, denn dies wäre ja ein drastischer Kurswechsel. Oder der Staatsschutz hat einfach unsere sehr guten Forderungen mitgeschrieben, um sie nicht zu vergessen. Wir wissen es nicht.
Wir lassen uns jedoch von Schikane nicht aufhalten und werden gemeinsam weiter für das gute Leben für uns alle kämpfen – egal ob Studi oder Arbeiter, Alman oder Migrantin.


Dass dies nicht bei allen gut ankommt, war abzusehen, doch als wir dann den Beitrag der Erlanger Nachrichten gesehen haben, waren wir doch etwas platt.
Im Artikel werden wir als „versprengte Gewerkschafter“ bezeichnet. Wir hätten unsere „eigenen Interessen über das Gemeinwohl“ gestellt, da wir „in Zeiten eines schrecklichen Virus’“ auf die Straße gehen.
Man kann sich über das Demonstrieren während der Pandemie streiten. Wir vertreten den Standpunkt, dass man auch während einer Pandemie (mit einem Hygienekonzept) demokratische Grundrechte wahrnehmen kann. Und auch wenn uns Aerosolforschende bestätigen, dass das Aufeinandertreffen von Menschen unter freiem Himmel, mit Abstand und Masken sicher ist, fragen wir uns, warum die EN gerade bei unserer Demo die Moralkeule schwingen?
Schließlich war dies nicht die erste Kundgebung in den letzten 14 Monaten, die kommentiert  wird. Auch der Beitrag über Gottesdienste im Freien, der in der gleichen Ausgabe erschienen ist, wird nicht im Kontext von christlicher Nächstenliebe als unsolidarisch kategorisiert.
Ach ja, die Demo war natürlich böse, weil die Teilnehmenden „eine Gruppe insbesondere rund um MLPD oder Erlanger Linke“ waren. Uns ist es zwar neu, dass Jusos, Grüne Jugend, DIDF und wir Tarnorganisationen der MLPD sind, aber dank des investigativen Journalismus der EN wissen wir das nun sicher. Vielen Dank.
Aber das soll es noch nicht gewesen sein, schließlich waren auf der Demo Teilnehmende „zum Teil nur notdürftig mit Stoff-Masken ausgestattet“.
Zum Ende des Artikels suchten die EN noch nach Möglichkeiten, wie man die Demo, bei der das Hygienekonzept effektiv durchgesetzt wurde, weiter durch den Dreck ziehen kann. Weder war das Tragen von medizinischen Masken auf der Demo eine Auflage, noch sind Community-Masken verboten. (Anfang des Jahres haben wir alle noch Stoffmasken getragen, reicht das Gedächtnis nicht mehr so weit zurück?)

Als in der Kommentarspalte der Erlanger Nachrichten auf Facebook dann Leser:innen fragten, was das Problem mit den Masken sei, legten die EN noch einmal nach und posteten Bilder von Einzelpersonen, die auf der Demo eine Community-Maske trugen oder andere aus dem Kontext gerissene Situationen.
Die wenigsten seriösen Zeitungen beschuldigen Personen wegen Nichtigkeiten und stellen sie dann an den Pranger. (Wurde das nordbayerische Pressenetz an den Axel-Springer-Verlag verkauft?)

Also liebe EN, entweder ihr erörtert nachvollziehbar, was das Problem an Demonstrationen während der Pandemie ist oder was wirklich euer Problem an unserer Demo war. Boulevardjournalismus kommt auf jeden Fall nicht so gut an. (Aber vielleicht hat ja auch Peter Wackel eine Meinung zur Demo, dann freuen wir uns natürlich über einen zweiten Kommentar).

Vielleicht ist unsere Demo nur für den Moment aufgefallen, der schlechte Ruf der Erlanger Nachrichten wird jedoch nicht so schnell wieder verpuffen.