DDS Juli/August 2025
behindert werden - behindert sein
Die Menschenrechte gelten für alle Menschen, auch das Recht auf Bildung. Dass Bayern davon weit entfernt ist, ist nichts Neues.
Bei der Forderung nach Inklusion von Menschen mit Behinderung allein auf die UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) zu setzen, hält Professor Jörg Michael Kastl in seinem Artikel „Schulische Inklusion in der Sackgasse?“ (S. 3) für zu kurz gesprungen. Die politische Auseinandersetzung um konkrete Konzepte sei für ihre Umsetzung ebenso unabdingbar wie die Bereitstellung der dafür notwendigen Ressourcen.
Dass es bei der Inklusion in Bildungseinrichtungen massiv hapert, zeigte zuletzt die Prüfung des UN-Ausschusses im Herbst 2023. Bei dem Vergleich von Spanien, Mexiko, Neuseeland, Südkorea, Australien, Ungarn, Österreich und Deutschland landete Deutschland auf dem vorletzten Platz. Der UN-Ausschuss forderte deshalb nachdrücklich, dass Sondereinrichtungen wie Förderschulen, Werkstätten oder auch große Wohneinrichtungen für Menschen mit Behinderungen hierzulande abzubauen seien. Bayerische Politiker*innen scheint dies wenig zu interessieren. Aktuell legen sie sogar den Rückwärtsgang ein, wie u. a. der Artikel „Behindert wird man – besonders in Bayern“ von Klaus Weber belegt (S. 7).
Den eklatanten Mangel an Barrierefreiheit, der Menschen mit Behinderung das alltägliche Leben, z. B. beim Wohnen und Arbeiten, unnötig schwer macht, bemängelte der UN-Ausschuss ebenso, auch wenn die Artikel von Gele Neubäcker, „Besuch bei Esther Lammers“ (S. 5), und Angelica Fell, „Die inklusive Theaterarbeit der Freien Bühne München“ (S. 9), zeigen, dass Inklusion dort erfolgreich sein kann, wo sie gewollt ist.
Die bayerische Bildungspolitik setzt dagegen auf Ignoranz, die zulasten der Lehrkräfte, Schüler*innen und Eltern geht, wie die beiden Artikel zur Sonderpädagogik von Stefan Prazeres da Costa und Siggi Grob (S. 11) sowie von Florian Kohl verdeutlichen (S. 12).
Gäbe es die Grundhaltung, dass unsere Gesellschaft divers, vielfältig und ohne Inklusion auch in Bayern nicht gerecht sein kann, wäre Karo Höbners Artikel „Lehrer*in werden mit Behinderung oder chronischer Erkrankung“ obsolet (S. 14). Er ist es nicht, weil wir in einer zutiefst ungerechten Gesellschaft leben.
81673 München