Fachgruppe Gymnasien
10 Forderungen zur Entlastung
Die Lehrkräfte am Gymnasium sind am Anschlag, da zeitintensive Tätigkeiten nicht realistisch berücksichtigt werden. Die pädagogische Arbeit und die Gesundheit der Lehrkräfte leiden darunter! Ein Gespräch im KM (März 2023) bestätigte das.
Sowohl im Gespräch als auch ganz grundsätzlich hat die Landesfachgruppe Gymnasium der GEW Bayern 10 Forderungen zur sofortigen Entlastung von Lehrkräften am Gymnasium aufgestellt.
Forderung 1: Dauerbelastung reduzieren – Unterrichtspflichtzeit senken
Der zeitliche Umfang der außerunterrichtlichen Tätigkeiten ist in den letzten Jahren stark angestiegen, wie in Studien* nachgewiesen wurde. Deswegen müssen realistische Arbeitszeitfenster vorgehalten und in die Arbeitszeit der Lehrkräfte eingerechnet werden, besonders für Besprechungen und Konferenztätigkeiten. Der eklatanten Dauerbelastung der gymnasialen Lehrkräfte kann nur durch eine generelle Reduzierung der Unterrichtsverpflichtung um mindestens 2 Unterrichtswochenstunden wirksam begegnet werden. Es muss gewährleistet sein, dass Lehrkräfte dauerhaft in Vollzeit arbeiten können, ohne gesundheitliche Schäden befürchten zu müssen.
Forderung 2: Mehrbelastung vermeiden - Lehrerreserve erhöhen
Die generelle Lehrkräfteversorgung der einzelnen Schule muss auf mindestens 110% erhöht werden, um die Erteilung des Unterrichts verlässlich sicherzustellen. Es darf keine längerfristige Unterrichtsverpflichtung (z.B. Elternzeitvertretung) über das individuelle Deputat hinausgeben. Langfristig bekannter Vertretungsbedarf wird durch externe Vertretungen abgedeckt, nicht schulintern.
Forderung 3: Konzentration auf sinnhafte pädagogische Arbeit - weniger Bürokratie
Die Bürokratisierung, befeuert durch die Digitalisierung der Verwaltung, nimmt immer größeren Raum ein und erschwert die Konzentration auf die eigentliche Profession der Lehrkräfte. Die Sinnhaftigkeit der Arbeit ist Grundbedingung für Zufriedenheit im Beruf. Wir fordern, dass die bürokratische Verwaltung auf das Nötigste gesenkt wird. Dazu gehört auch die Regelbeurteilung abzuschaffen und den Ausbau der Hierarchisierung durch erweiterte Schulleitungen und Weisungsbefugnisse der Fachleiter*innen zurückzunehmen.
Forderung 4: Verbesserung der Rahmenbedingungen - Technik und Arbeitsmittel müssen up-to-date sein
Die Lehrkräfte müssen sich darauf verlassen können, dass ein Grundbestand an technischer Ausstattung jederzeit einsatzbereit ist. Gleiches gilt für Büromaterialien und Arbeitsmittel des täglichen Bedarfs. Hierzu gehört nicht nur die Bereitstellung, sondern auch die Administration und Wartung der digitalen Infrastruktur sowie die Gewährleistung des Datenschutzes. Die Ausstattung der Kolleg*innen mit dienstlichen Endgeräten ist unabdingbar. Dabei muss der Entgrenzung der Arbeitszeit durch Digitalisierung entgegengewirkt werden. Der Arbeits- und Gesundheitsschutz muss eingehalten und ausgebaut werden!
Forderung 5: Klare Arbeitsplatzbeschreibung
Als Schutz vor Überlastung fordern wir eine transparente und verlässliche Beschreibung der dienstlichen Tätigkeiten einer Lehrkraft; auf diese Weise können auch Beschäftigungsverhältnisse in Teilzeit linear berücksichtigt werden. Diese Beschreibung muss eine trennscharfe Differenzierung von teilbaren und unteilbaren Dienstgeschäften umfassen, auch um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu gewährleisten. Unter anderem durch die höhere Eigenverantwortlichkeit sind für die Organisation der Schulen zusätzliche Aufgaben entstanden. Für Koordinations- und Leitungsaufgaben sind klare Umfänge zu benennen und die der Schule zugewiesenen Anrechnungsstunden entsprechend zu erhöhen. Hier gilt: Keine zusätzlichen Aufgaben ohne die Bereitstellung zusätzlicher Ressourcen!
Forderung 6: Entlastung für Unterricht in der Kursstufe
Entscheidender Grund für die überhöhte Belastung der Lehrkräfte an der gymnasialen Oberstufe ist die aufwendige Arbeit in der Kursstufe. Deshalb müssen Lehrkräfte in der Kursstufe besonders entlastet werden.
Wir fordern eine maximale Kursgröße von 20 Schüler*innen für alle Kurse bzw. von maximal 15 Schüler*innen für die auf erhöhtem Niveau unterrichteten vier- und fünfstündigen Kurse. Alle in der Oberstufe gehaltenen Unterrichtsstunden werden mit zusätzlich 25% auf die Unterrichtsverpflichtung angerechnet. Nur durch diese Entlastung wird das hohe inhaltliche Niveau in der Oberstufe gesichert.
Forderung 7: Entlastung bei der Durchführung der Abiturprüfung
Für die Durchführung der Abiturprüfung brauchen wir klare Regelungen für Korrektur – und Prüfungstage, die der besonderen Arbeitsbelastung der betroffenen Lehrkräfte realistisch Rechnung tragen: Für der Korrektur der schriftlichen Prüfungsarbeiten fordern wir eine Entlastung von mindestens einem Arbeitstag pro fünf Prüfungsarbeiten. Die Terminierung der Korrekturtage erfolgt auf Wunsch und nach den individuellen Bedürfnissen der betroffenen Lehrkraft. Die Zweitkorrektur muss dem zeitlichen Aufwand entsprechend berücksichtigt werden.
Für Vorbereitung und Durchführung einer mündlichen Prüfung muss die tatsächliche Arbeitszeit angerechnet und noch im Prüfungszeitraum ausgeglichen werden.
Nur die Höchstgrenze von vier mündlichen Prüfungen pro halben Prüfungstag garantiert den hohen Qualitätsanspruch an die Durchführung der Prüfung. Bei Belastungsspitzen oder individuellen Härtefällen muss darüber hinaus bezogen auf den Einzelfall für zeitliche Entlastung gesorgt werden.
Für die Erstellung und Durchführung von externen Prüfungen ist eine realistische zeitliche Entlastung oder der Arbeitszeit entsprechende Bezahlung zu gewähren.
Forderung 8: Einführung einer Klassenstunde
Eine deutliche Aufwertung der Klassenlehrer*innentätigkeit trägt den veränderten Anforderungen an die proaktive Gestaltung von Gruppenprozessen sowie dem gestiegenen Verwaltungsaufwand bei der Klassenleitung Rechnung. Für alle Jahrgänge der Unter- und Mittelstufe muss für diese Tätigkeit eine Unterrichtsstunde pro Woche zur Verfügung stehen. Diese Klassenstunde soll der Schule in doppelter Anrechnung zugewiesen werden, sodass die Klassenleitung im Team ermöglicht wird.
Forderung 9: Regeneration nach mehrtägigen Schulfahrten
Außerunterrichtliche Veranstaltungen stellen für das Schulleben eine besondere Bereicherung dar; dabei sind die Lehrkräfte oft fast rund um die Uhr im Dienst. Im direkten Anschluss an mehrtägige außerunterrichtliche Veranstaltungen brauchen Lehrkräfte einen bedarfsgerechten Freizeitausgleich von 1-3 Unterrichtstagen als notwendige Regenerationsphase. Ein Vollzeiteinsatz bei Schulfahrten muss allen Teilzeitlehrkräften vollumfänglich abgegolten werden.
Forderung 10: Ansteigende Altersermäßigung für Lehrkräfte
Da sich die Lebensarbeitszeit zunehmend verlängert, fordern wir einen systematischen Ausbau der Altersermäßigung, um auch im höheren Lebensalter gesund arbeiten zu können: Die 1. Stunde Ermäßigung ab dem 55. Lebensjahr und je eine weitere ab einem Alter von 58, 60, 63 und 65. Beschäftigungsverhältnisse in Teilzeit sind anteilig zu berücksichtigen.
Wir, die Gymnasiallehrkräfte der GEW Bayern, fordern den Kultusminister und die Ministerialverwaltung auf, durch sofortige Umsetzung unserer Forderungen der Fürsorgepflicht des Landes Bayern für seine Lehrkräfte nachzukommen und zu gewährleisten, dass die Dauerbelastung am Gymnasium reduziert wird!
*https://kooperationsstelle.uni-goettingen.de/projekte/arbeitszeitstudie/
*https://www.gew.de/aktuelles/detailseite/neuigkeiten/studie-zur-arbeitszeit-lehrkraefte-sind-hochmotiviert-aber-hochbelastet